6. Landgoed Twente Marathon NL 2013

„Der Schlemmermarathon im Osten Hollands“

 

12.10.2013 von Bernd Neumann

 Nach meinem Start im Oktober 2011 besuche ich heute wieder die Region Twente im Osten der Niederlande. Um sich für diese Veranstaltung anzumelden muss man sich schon frühzeitig entscheiden, denn die begehrten Plätze sind schon Mitte des Jahres alle vergeben und auf ein Glück wie 2011 will ich mich nicht verlassen. Während andere Veranstalter unter Teilnehmerschwund leiden hat der Landgoed Twente Marathon ein Luxusproblem, der Zuspruch wird jedes Jahr größer und so muss man die Teilnehmerfelder begrenzen. In den ersten zwei Jahren starteten alle Teilnehmer, sprich die Marathonläufer und die Läufer vom Duo-Marathon gemeinsam, dann musste man schon zwei Gruppen zweitversetzt starten lassen. Die begehrten Startplätze für den Duo-Marathon sind schon wenige Tage nach Anmeldeportalöffnung vergeben.

 516 Deelnemers haben sich für den Duo Marathon (combinatie met fietsen) angemeldet. Nur für den Singel-Marathon habe ich noch ein Ticket Mitte Juni erhalten. Bis Ende September haben sich hier 111 Deelnemers für den individuele Marathon vorangemeldet. In der Starterliste für den Marathon sehe ich auch einige deutsche Teilnehmer. So wird auch Maria Rolfes und HaWe Rehers vom MC100 starten.

 Der Start kostet 35€ inkl. 15 erlesenen Verpflegungsstationen oder besser gesagt 15 kulinarischen Stopps. Der Marathon trägt deshalb auch den Untertitel „Een unieke marathon met smaak“ was in Deutsch heißt “der einzigartige Marathon mit Geschmack“.

 Meine Marathon-Reise führt mich zum knapp 300km (3 Stunden Fahrzeit) entfernten Hotelanlage mitten im Grünen Het Ros van Twente, Beuningerstraat 20, 7587 LD De Lutte“. Der Start- und Zielbereich wurde schon voriges Jahr geändert, damit man auch neue Ziele und neue wunderschöne Orte entdeckt. Somit ist die Marathon-Runde auch neu, aber das gute und altbewährte bleibt erhalten und das sind die vielen kulinarischen Orte und die Gastfreundschaft der Twenter Landgüter.

 Spricht man von Twente, so spricht man vom Landgut der Niederlande, eine Gegend wo das Leben grün ist. Hier liegt am Rande des malerischen Dorfes De Lutte, in der Mitte der hügeligen Landschaft von Northeast Twente die Hotelanlage Ros van Twente. Der kleine Ort de Lutte besteht hauptsächlich aus Restaurants, Campingplätzen und kleinen Hotelanlagen. Es gehört zur Gemeinde Losser. Ganz in der Nähe liegen die Dünenlandschaft Lutterzand sowie auch das Arboretum Poort Bulten.

 Wo liegt nun der Ort De Lutte? Die kleine 460 Einwohner zählende Ortschaft liegt östlich von Oldenzaal oder besser bekannt zwischen Almelo, Enschede und Hengelo. Das ist auch der Kern von Twente. Der Name wurde vom germanischen Stamm der Tubanten abgeleitet. Die Tubanten oder Tubanti ließen sich gegen Ende der Völkerwanderung in dieser Gegend nieder. Im Jahre 14. n. Chr. unterstützten sie Völker der Region im Kampf gegen den römischen Feldherrn Nero Claudius Germanicus.

 Die Region Twente hat heute noch eine eigene Hymne die die Verbundenheit zu diesem Gebiet zeigt. So heißt es im Text u.a.: Es liegt zwischen Dinkel und Regge ein Land - Unser schönes und fleißiges Twente - das Land der Arbeit, das Land der Natur - unser stets gepriesenes Twente - dort winkt auf den Feldern das goldene Korn - am schnell fließenden Bach das Mühlrad sich dreht - dort liegt die Heide im roten Kleid - das ist unser so kostbares Twente.

 Die Temperaturen sind heute Morgen sehr unfreundlich, es sind nur so 8 Grad aber es ist trocken. Ich komme eine Stunde vor dem Start an und sehe, dass schon viele Fahrzeuge auf der großen nassen Wiese parken. Damit auch alle Fahrzeuge auf der Wiese parken können hat man große Metallplatten als Fahrweg gelegt. Sollte es regnen wird uns wohl ein Schlepper alle rausziehen müssen. Neben den Autos gibt es einen extra abgesperrten Platz wo jetzt schon viele Fietsen geparkt sind.

 Hier im Osten der Niederlande stehen zwei bzw. drei Sportarten im Focus, das Radfahren (fietsen) und das Wandern (wandeln) und was mich natürlich heute hier betrifft das Laufen (loopen). Vor dem Laufen steht das Autofahren und so erreiche ich den kleinen Ort De Lutte kurz hinter der Grenze. Von hier aus sind es nur noch 3 km und ich komme zum Landgut Het Ros van Twente. Das ist für heute unserer Marathonzentrum.

 Gestartet wird wieder in zwei Gruppen. Die erste Gruppe startet um 9:30 Uhr und die zweite Gruppe startet um 10:00 Uhr. Wer nun in welcher Gruppe startet ist durch einen farblichen Punkt gekennzeichnet auf der Startnummer. Die Marathonläufer können je nach Wunsch in der 1. Gruppe starten, die Duos müssen sich nach ihrem Farbpunkt richten.

 Neben der klassischen Laufstrecke die 42,2 km lang ist gibt es auch den Duo-Start wobei sich über die gleiche Länge 2 Personen abwechseln können mit Laufen oder Fahrradfahren. Eine Person muss immer laufen und eine Person immer Radfahren. Man kann sich so oft wie man will abwechseln, jedoch die Mitnahme auf dem Fahrrad führt zur Disqualifikation. Dies wird auch auf der Strecke überwacht durch die Streckenposten und die Bromfiets-Rijders (Mopedfahrer) in ihren langen braunen Ledermänteln.

 Die Laufzeit ist auf 15:30 Uhr festgelegt, egal ob erste oder zweite Gruppe. Die erste Gruppe wo meist die Marathonis drin sind müssen also nach 6 Stunden und die zweite Gruppe mit den Duos müssen also nach 5 ½ Stunden im Ziel sein. Man nimmt diese Zeit als Richtzeit, denn wenn auch langsamer Läufer dabei sind die um die 6 ½ Stunden brauchen werden auch noch herzlich empfangen.

 An der Startunterlagenausgabe haben sich schon Schlangen gebildet, aber es geht hier alles sehr zügig. Anschließend wird jeder Starter noch ins Warme gebeten und mit einem heißen Kaffee und gebuttertem Rosinenkuchen empfangen. In der warmen Hotelhalle ist es sehr eng, da viele Teilnehmer sich noch aufwärmen wollen. Hier treffe ich auch wieder einige Marathonis mit denen ich letzte Woche gelaufen bin.

 Dann heißt es fertig machen für den Start. Maria und HaWe sind auch da und so gibt es erst ein Foto. Dann auf zum Start neben dem Hotelgebäude. Es wird langsam eng. Eine Life-Band spielt um die Läufer aufzuwärmen. Dann kurz vor dem Start kommt ein Stück was wohl die neue Landgoed-Hymne sein muss. Plötzlich sind alle am Mitsingen, natürlich in Holländisch, von dem ich leider nur wenig verstehen kann. Die Leute sind alle begeistert und es kommt eine Superstimmung auf.

 Dann kommt der Startschuss und wir biegen auf die Zufahrtsstraße ab. Erst die Läufer  und dahinter folgen die Fahrräder vom ersten Pulk. Die ersten Kilometer ist es sehr voll auf der schmalen Straße. Leider gibt es auch wieder Fahrräder die müssen kreuz und quer schon durch die Läufer fahren. Hätten die mehr Geduld ginge es viel besser, denn die wechseln doch erst nach 5km.

 Das Anfangstempo liegt sehr hoch. Um mich rum laufen alle ca. 9,5 km/h. Beim Blick nach hinten sehe ich nur Fahrräder. Das Tempo ist doch viel zu schnell. Ich lasse mich nach hinten fallen und siehe da es gibt auch langsamere Läufer. Ich pendle mich so auf 8km/h ein.

 Wir biegen ab und kommen in ein Waldstück. Jetzt erkenne ich die Gegend wieder, wir sind auf dem Weg zum Lutterzand, einer Dünenlandschaft. Es vorbei an dem mit Reed gedeckten Restaurantgebäude. Dann geht es sehr wellig durch eine Dünenlandschaft.

 An manchen Stellen müssen die Radfahrer absteigen und runterschieben, weil es steil und rutschig ist. Hier will ein Radfahrer ein Foto von mir machen. Ich gebe ihm meine Kamera. Das Bild wird leider nichts. Weiter geht’s.

 Der Lutterzand ist eine Treibsandfläche die zum Teil noch urtümlich erhalten ist. Manche Stellen hat die Natur so in der letzten Eiszeit geformt. Heute ist dies ein Naturschutzgebiet in dem es viele Baumarten und auch seltene Vögel wie den Bussard, Buntspecht oder auch die Heidelärche oder den Ziegenmelker gibt. Der Lutterzand wird von der Dinkel durchflossen, so dass hier auch der Eisvogel heimisch ist.

 Wir kommen wieder auf eine Asphaltstraße der wir weiter folgen. Bei km 5 sind viele Duos die hier halten und sich abwechseln. Die Radfahrer ziehen ihre Überhosen aus und rennen los, die Läufer ziehen sich wärmer an um jetzt auf dem Rad nicht zu frieren. Dieses Bild wiederholt sich jetzt laufend bis ins Ziel.

 Es geht über die Bahnlinie und kurz danach sind wir an der großen Scheune (km 5,4) wo damals in 2011 die Pfannkuchen-Bäcker waren. Heute gibt es in der Scheune für uns den ersten kulinarischen Stopp. Wie immer müssen die Fahrräder in einem Extrabereich abgestellt werden. Dann kommen auch sie mit in die Scheune.

 Wir werden mit Wasser und einer warmen Suppe versorgt. Ich kann kein Schild entdecken. Dem Geschmack nach ist es Tomatensuppe mit Croutons. Auf der anderen Seite der Scheune geht es raus.

Wir verlassen den Hof zwischen Wohngebäude und Stallungen. Kurz danach am nächsten Hof gibt es einen Ruheplatz für Wanderer und Radtouristen mit Tisch und Bank. An einem alten Küchenschrank steht Koffie zur Selbstbedienung, für ehrliche Bezahler. Hier biegen wir rechts ab auf einen schmalen Radweg (Fietspad), der leicht wellig ist.

 Nun laufen wir über die Dinkel über eine sehr rutschige Brücke. Vorsicht langsam, denn in 2011 ist hier eine Läuferin fast in den Fluss gerutscht. Neben der Laufstrecke liegt ein riesiger Dinkelsteen.

 Die Laufstrecke führt uns durch viel Grün und an Wiesen entlang. Kurz vor km 9 biegen wir in den Park Arboretum Poort Bulten ein. Hier wurde auf Initiative der Textilhersteller HJH Gelderman durch den Architekten Leonard Anthony Springer vor rund 100 Jahren ein Arboretum (lat. Arbor der Baum) gestaltet. Hier findet man auf über 10ha 2500 Bäume und Sträucher mit 1000 verschiedenen Arten. Nebenan ist noch ein angegliedertes Naturschutzgebiet mit einer Badelandschaft. Besonders exotische Bäume die hier zu finden sind ist der Tulpenbaum, die österreichische und ungarische Eiche, der Trompetenbaum aus China, der Wimpelbaum aus Westchina, der chinesische Tempelbaum sowie auch der Mammutbaum aus Kalifornien mit einem Umfang von 6 Metern.

 Wir durchlaufen den Park rund einen Kilometer und kommen an den nächsten Menschenauflauf. Hier gibt es leckere Amuse-Gueules mit wahlweise Wein oder Wasser und nebenan Life-Musik. Ein Restaurant bereitet hier ganz frisch diese Häppchen zu. Echt, echt toll was man hier alles geboten bekommt. Also leckeres essen und dazu ein Glas Wein und danach noch etwas Wasser.

 Wir verlassen den Park durch ein Gatter und folgen dem Fietspad in Richtung Autobahn. Direkt auf der Brücke über der A1 haben wir die ersten 10km geschafft.

 Es geht weiter am Bahndamm entlang. Dann sehe ich wie die Läufer am Bahnübergang warten müssen, denn es kommt ein Zug. Schnell noch ein Foto und schon ist die Laufstrecke wieder frei.

 Unsere Laufstrecke führt uns zum Teil auf der Gildehaus-Gelderland-Radroute entlang. Am Waldrand kurz vorm Landgoed Wilmersberg kommen uns nach und nach Oldtimer der Marke Triumph entgegen.

 Es handelt sich hierbei um eine Oldtimer-Rallye. Es ist jetzt für Fahrräder, Läufer und Autos sehr eng und so muss man viel Rücksicht walten lassen. Da viele die Autos bewundern halten die meisten an und so kann man gut passieren. Es ist eine sehr große Gruppe sodass ich viele Oldtimer-Fotos machen kann.

 Dann bei km 12 sind wir am Landgoed Wilmersberg, einer sehr schönen Parkanlage. Auch hier gibt es wieder einen Menschenauflauf, denn es gibt hier den nächsten kulinarischen Stopp. Wir umlaufen ein Stück der Anlage und werden unter dem Eingangsportal mit Leckereien empfangen. Eine ganz tolle Lachscreme mit Spargel verwöhnt uns hier. Das Tablett ist ruck zuck leer und so kommen laufend neue Schälchen nach. Natürlich gibt es auch für den Durst etwas.

 Weiterlaufen oder Weiteressen das ist hier die Frage? Ich entscheide mich für weiterlaufen, denn es sind gerade erst ein Viertel-Marathon rum.

 Wir verlassen die Parkanlage in Richtung Oldenzaal. Über die Rhododendron Laan umrunden wir ein Gestüt. Die Straße heißt nicht nur so sondern ist von über 2m hohen Rhododendronbüschen eingesäumt. Zur Blütezeit muss dieser Weg ein Blütentraum sein. Danach biegen wir auf einen rutschigen Single-Trail ab der uns in ein Waldstück bringt.

 In der Region Twente wechseln sich tiefe Wälder, uralte Heidefelder sowie Hochmoore mit knorrigen Bäumen ab. So gibt es hier auch uralte Mythen und Sagen. Geschichten von Spukhasen und Höllenhunden kursieren in dieser Gegend die auch noch durch diese sogenannten Kulissenlandschaften unterstützt und am Leben gehalten werden. Heute Morgen spukt es aber nicht, weder im Wald noch in den Feldern.

 Nach einem kurzen Waldstück überqueren wir die Bentheimer Straße und kommen zum Anwesen Egheria hinter km 15. Hier sind wir auf einem 85m hohen Moränenberg, dem höchsten Punkt in der Region Overijssl.

 Um uns rum nur grün und dann dieses weiße herrschaftliche Haus hier mitten drin. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts (1908) hat hier der Textilunternehmer HJ ten Cate auf dem Tankenberg sich ein Anwesen gebaut. Der Name Egheria ist entstanden durch die ersten Buchstaben der Vornamen seiner Söhne, Egbert, Henry und Richard Arnold. Das ganze Anwesen hat 161 ha an Fläche. Die heutigen Besitzer Louis Koopman und seine Frau Frederiek haben für die Läufer die Türen geöffnet. Die Radfahrer müssen außen ums Haus rum. Wir laufen direkt durch den Flur, wo ein Trio spielt, auf die Terrasse. Hier werden die Läufer und natürlich auch die Radfahrer kulinarisch verwöhnt. Es gibt hier Rotwein und gegenüber frischen Schinken. Das ist wirklich lecker, der Wein schmeckt Klasse und dazu der leckere salzige Schinken der frisch von der Keule geschnitten wird.

 Ich trinke natürlich wieder und esse auch. Eine Fotografin nimmt meine Kamera und schießt ein Foto von mir. Auf der Terrasse und der Wiese dahinter sieht es aus wie bei einer großen Gartenparty.

 Bei dem leckeren Schinken muss ich dann nochmal kurz nachfassen. Bei den vielen Bikern und Läufern auf der Wiese hat man das Gefühl die wollen nicht mehr weiter so gut gefällt es ihnen hier. Dann heißt es aber doch weiter über die Parkwiese in den Wald.

 Es geht weiter durch Feld und Wald meist über asphaltierte Radwege. Die Sonne kommt hin und wieder durch den beginnenden Herbstwald. Die schöne sehr abwechslungsreiche Landschaft hat hier etwas Beruhigendes. Es geht vorbei an einzelnen Gehöften.

 Kurz vor km 20 kommt nochmal ein sehr matschiger Single-Trail. Danach wieder Wald und hinter km 22 kommt der nächste kulinarische Halt.

 Wir sind bei BuroMax auf dem Gelände. Dieses Kreativ-Büro hat sich einen besonders schönen Standort ausgesucht. Hier werden viele neue Werbekampagnen entwickelt. Auf dem Hof ist die Menschenansammlung besonders groß.

 Unter dem Scheunendach stehen 6 Köche die frisch Pfannkuchen backen für die Läufer. Hier stehen geschätzt über 100 Läufer und Duos um auf den frischen Pfannkuchen zu warten. Nebenan gibt es dazu Vanilleeis. Dieser Lauf ist schon ein kulinarischer Traum. Kein Wunder dass die Holländer keine Reklame für diesen Lauf brauchen, denn wer einmal hier war kommt garantiert wieder.

 Ich hole mir das leckere Eis, denn für die Pfannkuchen müsste ich mindestens 15-20 Minuten warten. Wir umlaufen nochmal das Gelände von BuroMax und kommen in den Wald.

 Durch die Feuchtigkeit wachsen hier über Nacht Pilze. Wie heißt es so schon man kann alle Pilze essen, manche jedoch nur einmal. Es geht weiter über eine nasse Wiese. Hier habe ich das Gefühl ich laufe auf Glatteis, denn ich bin nur am Rutschen.

 Dann kommen wir an eine lange Baumallee die uns in Richtung Start und Ziel von 2011 dem Landgut Het Everloo führt, das wir heute jedoch umlaufen. Kurz vor Überquerung der Dinkel steht rechts am Rand das Km-Schild 25.

 Es geht weiter an hohen Maisfeldern vorbei in Richtung Huis Singraven. An der nächsten großen Allee ist wie auch schon 2011 eine große Gruppe von Jägern. Wie es aussieht werden gerade Hundeprüfungen abgenommen.

 Kurz vor der historischen Wassermühle biegen wir ab in den Park vom Landgut Singraven. Wir laufen in einem großen Bogen durch den Park und kommen seitlich an das schlossähnliche Haus. Hier hat man einen herrlichen Blick auf die schöne Parkanlage.

 Das Landgut wurde erstmalig 1381 erwähnt als landwirtschaftlicher Besitz unter dem Namen „Hof ten Singraven. 1505 wurde es ein freies adeliges Rittergut. Danach wechselten die Besitzer mehrfach. Das heutige Erscheinungsbild prägte der letzte Besitzer Willem Frederik Jan Laan (1891-1966). Er gestaltete die neoklassistische Fassade sowie die Einrichtung im Stil von Ludwig des XV. und Ludwig des XVI. Laan hat auf viele Details geachtet wie die Möbel, Gemälde, Silber, Porzellan sowie auch auf die Tapeten. Er legte auch den Grundstein für den herrlichen botanischen Garten und Park, der das Anwesen umgibt. Da Laan ledig war hat er das gesamte Anwesen mit Wassermühle und sieben großen Höfen der Stiftung Edwina van Heek vermacht, mit der Auflage alles unverändert zu lassen, so hat man heute den Eindruck das er jederzeit durch die Tür kommen kann.

 Wie ich vor dem Haupteingang des Hauses bin zeigt der Streckenpfeil nach links raus aus dem Park. Dann erkenne ich neben dem Haus das dort einige Läufer raus kommen und biege deshalb ab um hinters Haus zu kommen. Gut, dass ich das noch gesehen habe, denn hier ist der nächste kulinarische Stopp.

 Neben der Scheune werden wir durch einen großen Frauenchor musikalisch begrüßt, die alle historische Kostüme anhaben. Daneben an der Scheune gibt es leckere und ganz warme Schinkenröllchen. Super lecker.

 Am anderen Tor hat man die Wahl zwischen weißen, roten oder Rosewein. Auch hier muss man unbedingt probieren. Die Personen in den historischen Kostümen die uns den Wein kredenzen sollen wohl Bacchus (auch Dionysos genannt) und Ariadne (Braut des Weingottes Dionysos) darstellen. Dann geht es weiter.

 Ich laufe jetzt über die majestätische Auffahrt raus aus dem Park. Am Tor halte ich nochmal an und fotografiere das Landhaus in voller Pracht. Es geht weiter ein Stück neben der Omdinkel entlang auf der Sagenland-Route.

 Der Veranstalter vom LTM (Landgoed Twente Marathon) dionysos Loopgroep Denekamp hat die Strecke sehr gut gekennzeichnet. Überall wo es abzubiegen gilt sind die Schilder mit den dicken roten Pfeilen. Wirklich vorbildlich. Auf einem matschigen Waldweg kommen wir am Km-Schild 30 vorbei.

 Nach knapp zwei Kilometern kommen wir an den Rand der Gemeinde Denekamp. Wir unterlaufen die N 349 und kommen in eine Wohnsiedlung am Rande von Denekamp. Hier müssen wir noch eine große Runde über einen naturhistorischen Weg laufen, an dem mehrere hölzerne Exponate stehen. Dann weiter in die Stadt hinein. Denekamp gehört zur Gemeinde Dinkelland. Die Bevölkerung lebt vom Tourismus und von der Viehhaltung. Viele Einwohner arbeiten auch im benachbarten Oldenzaal.

 Kurz vorm Gemeindehaus holt mich HaWe ein, der in der 2. Startgruppe ist und mit seiner Frau den Duo-Wettbewerb heute macht. Vor dem Eingang zum Gemeindehaus machen wir Halt und HaWe knipst mich. Dann gehen wir ins Gemeindehaus wo ein Männerchor singt. Gegenüber gibt es Orangensaft, Wasser und für mich den leckersten Rosinenstuten. Ich mache hier nochmal eine längere Pause obwohl ab hier nur noch 10km bis zum Ziel sind. Der Stuten ist so lecker das ich mehrfach zugreife.

 Dann geht es ab durch einen Seitenausgang und raus in den Ort. Beim Blick um die nächste Ecke gibt es nochmal einen schönen Blick auf die St. Nikolauskirche. 1276 wurde die erste Kirche erbaut die in den Jahren 1350 und 1436 erweitert wurde aus Bentheimer Sandstein. Der Utrechter Bischof hat diese Kirche 1527 eingeweiht. Dann geht es weiter durch Wohnsiedlungen raus aus dem Ort. Kurz danach unterqueren wir die Scandinavie-Route (N342) und sind wieder im Grünen.

 Am nächsten Bauernhof, den Erve Elferman biegen wir auf den Hof ab. Wir laufen jedoch nicht nur einfach über den Hof sondern die Streckenpfeile zeigen uns ab in den Stall. Hier auf dem Hof werden die Limousin-Rinder gezüchtet. Hierbei handelt es sich um eine Rasse die aus der Gegend von Limousin in Frankreich stammt. Die Rinder haben ein rotes bis weizenfarbiges Fell mit charakteristischen Aufhellungen an Augen, Flotzmaul und Füßen und sind sehr verfressen was wir gleich im inneren des Stalles sehen werden.

 Es geht sehr eng durch den Stall und hinten wieder raus und wir sind jetzt gleich wieder im Grünen. Den nächsten kulinarischen Stopp gibt es bei Km 33,7. Am Klöpkeshoes werden wir mit Tomaten-Mozarella-Sticks verwöhnt.

 Wir erreichen das Gebiet von der Gemeinde Losser und biegen ab. Kurz danach kommen wir am 35 Km-Schild vorbei. Nicht weit dahinter erreichen wir die Dinkel. Kurz davor ist wieder ein Läuferauflauf, denn es gibt Fruchtcocktails zur Erfrischung.

 Über einen weiteren Trailpfad kommen wir zum Sägewerk Meuleman. Heute ist hier keine Versorgung. Wir laufen nur über den Hof und weiter geht’s zur Dinkel.

 Kurz dahinter biegen wir auf den Deich ab. Jetzt wird es ein wenig anstrengender, denn es geht über Sandboden. Wir folgen ein Stück der Dinkel.

 Hinter der nächsten Biegung erreichen wir wieder Wald und kommen zu einer Kate hier im Wald. Die LTM-Pfeile weisen uns den Weg in diese Kate. Innen ist sie sehr gemütlich wie eine große Deele. Hier gibt es heute Käse zum Probieren. Auch hier muss ich zweimal zugreifen so gut ist der Käse. Es gibt den traditionellen Borenkaas (Bauernkäse) zum probieren. Sogar die EU hat den Buurenkaas 2007 unter Schutz gestellt. Er wird aus der Rohmilch des hofeigenen Milchviehs hergestellt. Während bzw. nach dem Melken der Rinder enthält die Rohmilch von Natur aus spezielle Enzyme und Bakterien die dem Bauernkäse den speziell würzigen Geschmack geben. Der industriell hergestellte Käse wird aus pasteurisierter Milch hergestellt, wobei diese Stoffe der Milch entzogen werden und dadurch im Geschmack sehr mild sind. Für mich ist der Original Buurenkäse der Beste.

Wasser gibt es übrigens auch am Ausgang und eine Schale mit Pfefferminz. Damit man sich auch ein wenig aufhält spielen zwei ältere Herren mit der Quetschkommode. Zwei Frauen kommen auf die Idee und fangen an zu tanzen. Einfach toll hier. Es fällt einem schwer weiter zu laufen. Wir müssen uns wieder lösen von dem herrlichen Versorgungstand, denn es ist nicht mehr weit zum Ziel.

 Wir kommen über einen weiteren Bauernhof und erreichen das 40 Km-Schild. Kurz danach biegen wir von der Straße ab und kommen auf unsere Startstraße, die uns nun direkt ins Ziel an das Hotel Het Ros van Twente bringt.

 Ich werde von der Straße auf das Hotelgelände eingewiesen und erreiche den roten Teppich. Nun bin ich im Ziel und habe zwar durch mein vieles Fotografieren die Zielzeit von 6 Stunden knapp überzogen. Ich bin jedoch nicht letzter denn es sind noch ein Paar Duos unterwegs.

 Im Ziel werden die Läufer mit einem süffigen dunklen Bier empfangen. Dann gibt es danach Versorgung mit Wasser und zum Essen die legendäre gebratene Leber- und Blutwurst. Wer´s mag. An einem Zelt gibt es noch eine Box mit Vitalbrötchen für jeden Finisher.

 Es kommen noch die obligatorischen Fotos. Da es jetzt doch recht kühl ist gehe ich in die Hotelhalle. Vor der Halle sind zwei große Tische mit den regionalen Waren aufgebaut, die wir heute zum Teil unterwegs genießen durften. Wer Interesse hat kann sich jetzt für zu Hause hier eindecken.

 Die Hotelhalle ist jetzt gerammelt voll. Es gibt Life-Musik und es wird hier viel Bier getrunken. Duschen gibt es nicht, aber auf dem Hof stehen 4 große Holzbottiche mit heißem Wasser. Die Holztröge sind jedoch so überfüllt das ich mich lieber auf den Heimweg mache, denn ich habe noch 3 Autostunden vor mir.

 Als Fazit gibt es nur eines, echte Superklasse auch beim 2. Besuch. Ich bin froh hier gewesen zu sein. Die Strecke ist zwar an manchen Stellen recht wellig aber mit ein paar Gläschen Wein gut zu schaffen. Die Verpflegungsstellen sind ausgesprochen gut mit ihren kulinarischen Genüssen. Die Landschaft ist wunderschön. Wer hier laufen will sollte sich rechtzeitig entscheiden egal ob als Solo Marathonläufer oder als Rad/Läuferduo. Diese Veranstaltung ist wirklich super und empfehlenswert. Ich würde den Landgoed Twente Marathon zu meinen Top-Ten Marathonläufen zählen.