Baroko Marathon CZ 2016

Laufen im Rakonitzer Hügelland in Westböhmen

3. September 2016 von Bernd Neumann

 

 Für den Start in die Herbstmarathons habe ich mir einen Landschaftslauf in Westböhmen, in der Nähe von Pilsen, ausgesucht. Der Baroko-Marathon findet in Plasy in Tschechien statt. Es wird mein 23. Marathonland sein. Neben der klassischen Strecke gibt es auch noch einen Halbmarathon sowie 10km und 4,2km sowie für die kleinsten 420m. Bezahlt wird in tschechischen Kronen bzw. per Kreditkarte. Der Marathon kostet mir rund 20€ + Gebühren.

 Rund 450km sind es von Vellmar bis nach Plasy. Die beste Fahrstrecke ist über die A 4 bis Chemnitz und weiter über die B174 gen Süden bis nach Plasy.

 Ich erreiche die Stadt am frühen Nachmittag und will mir noch einige Sehenswürdigkeiten ansehen. Plasy hat rund 2.600 Einwohner verteilt auf seine 6 Stadtteile. Die Stadt wird vom Fluß Střela (deutsch Schnella) durchflossen und von den Bergen Nördlich der Táhly (457 m), im Westen die Spálená hora (514 m), südlich der Špitál (410 m) und im Südwesten Na Krásnici (462 m) eingerahmt. Sehenswert ist vor allem das Kloster Plasy mit der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt sowie ein dreigeschossiger Speicher aus dem 17. Jahrhundert, die gotische Königskapelle von 1265, die barocke Kirche des Hl. Wenzel sowie eine Felsklamm in der Nähe.

 Plasy liegt in einem Talkessel den ich vom Norden her erreiche. Die Stadt wird dominiert durch die große Klosteranlage. Der Ort selbst besteht fast nur aus kleineren Wohnhäusern. Da ich kein Quartier vorgebucht hatte versuchte ich es im Ort im alten Gasthaus Rudolf II. Alles ausgebucht, aber ich war schon darauf vorbereitet im Auto zu schlafen. Nun hieß es für mich die Klosteranlage zu besichtigen. Da eine Innenbesichtigung nicht möglich war sah ich mir die vielen historischen Gebäude von außen an.

 An Stelle der heutigen Klosteranlage befand sich hier im 12. Jahrhundert ein fürstlicher Hof. Mitte des 12. Jh. stifteten Vladislav II. (böhmischer Herzog) und seine erste Frau das Kloster. Mönche und Nonnen des Zisterzienserordens aus dem Kloster Langheim (Lichtenfels Oberfranken) waren die ersten Bewohner. Sie wohnten zu Anfangs in provisorischen hölzernen Wohnstätten bevor 1204 die romanische Klosterbasilika erbaut wurde. Die heutige barocke Klosterkirche wurde auf dessen Grundmauern erbaut. Mitte des 14. Jh. gehörten 50 Dörfer zum Kloster. 100 Jahre später wurde durch die Hussiten die Anlage verbrannt, blieb aber als Kloster bestehen. Ende des 17. Jh. bis Mitte des 18. Jh. wurde die Anlage im Barockstil an- und umgebaut. In den Jahren 1826 bis 1945 war es im Besitz des Fürstenhauses der Metternich, die es zu einer Residenz umbauten.

 Vor rund 23 Jahren begann man mit der Restaurierung der Klosteranlage. In einem Teil der Gebäude wurde letztes Jahr ein Museum für Architektur eingerichtet. In einem anderen Gebäude befindet sich die Brauerei Knížecí Pivovar. Früher war hier neben der Střela ein großes Sumpfgebiet und so wurden die Kloster- und Wirtschaftsgebäude zum Teil in den Sumpf auf 5.100 Eichenpfähle gebaut.

 1930 lebten in Plasy 1747 Einwohner von denen 32 Deutsche waren. Im Mai 1945 wurde das Fürstenhaus Metternich enteignet und die deutschsprachigen Bewohner vertrieben.

 Über eine Fußgängerbrücke über die Střela komme ich zur Großen Wiese (Velká Louka) wo morgen die Laufveranstaltung mit rund 950 Teilnehmern stattfinden wird.

 Heute sind die vielen Helfer im Einsatz und mit dem Aufbau beschäftigt. Was mir besonders auffällt das es überwiegend junge Menschen sind die hier helfen bzw. organisieren. Für die Marathonläufer und Halbmarathonläufer gibt es schon heute zwischen 18 und 20 Uhr die Möglichkeit der Anmeldung und Startunterlagenausgabe. In meiner großen Einkaufstüte befinden sich neben viel Papier ein paar Socken und ein dünnes Regencape.

 Anschließend suche ich mir einen passenden Schlafplatz hinter dem Gebäude unter den großen Bäumen und mache noch einen Abendspaziergang mit Abendessen im Gasthaus Rudolf II.

 Samstag Marathontag: Schon ab 7 Uhr wird um mich rum gewerkelt obwohl erst um 10:30 Uhr die ersten Starts erfolgen. Die Temperatur heute Morgen ist 11 Grad und die Wiese ist durch den Tau der Nacht nass. Die Velká Louka (Große Wiese) füllt sich jetzt ab 8 Uhr zunehmend, denn die 10km und 4,2km Läufer können sich erst jetzt anmelden. Da heute ca. 950 Teilnehmer starten werden gibt es am Zelt viel Betrieb. Der Veranstalter der Rumning klatschen, Záluží 64 Třemošná 330 11 hat ein Teilnehmerlimit auf max. 1000 Läufer beschlossen.

 So gegen 9:40 Uhr kommt die Sonne raus und es wird richtig warm. Die Temperaturen sollen heute knapp 30 Grad werden. Es gibt sogar jetzt noch Läufer mit langer Hose, das ist wohl in Anbetracht der noch steigenden Temperaturen recht unvernünftig. Es folgen noch ein paar schöne Fotos von mir und den vielen Menschen hier auf der Großen Wiese.

 Kurz vor 10:30 Uhr sammeln sich die Halbmarathonis (grüne Nummer) und die Marathonis (rote Nummer) hinter dem Startbogen. Pünktlich geht es los ein Stück der Wiese entlang.

 Schon am Ende der Wiese heißt es links ab und noch eine große Runde drehen. Am kleinen Wäldchen gibt es einen Stau und wir müssen ca. 1 Minute warten bis sich dieser auflöst und wir unsere Einführungsrunde weiter laufen können. Dann geht es durch den Startbogen wo wir enthusiastisch von den 10 + 4,2km Läufern sowie den mitgereisten Angehörigen beklatscht werden.

 Wir laufen nun ein Stück linksseitig neben der Střela entlang. Bei Km 2,1 überqueren wir einen Bach und biegen links ab in die erste kleine Steigung auf Asphalt. Kurz danach unterqueren wir eine hohe Eisenbahnbrücke. Jetzt verlassen wir den Asphalt und es geht rechts ab in eine heftige Steigung bis zum Km-Schild 4. Auf diesem Stück überholen uns die schnellen 10km Läufer. Für mich und auch einige andere heißt es hier hoch marschieren.

 Dann bei km 4 erfolgt eine Streckenteilung. Für die Halben und die Ganzen geht es geradeaus weiter und runter über den Wiesenpfad. Hier kann man sich ein Stück erholen.

 Die Erholung dauert leider nicht lange, denn wir kommen auf die Straße wo wir durch ein Schild „Pozor Silnice“ Vorsicht Straße gewarnt werden. Hier geht es durch die Sonne wieder aufwärts. Wir umlaufen einen Hügel und erreichen bei km 6 den kleinen Ort Vražné.

 Im Ort sind einige Anwohner an der Strecke und beklatschen die Läufer. Dort wo es so stark qualmt ist ein ganzes Schwein am Spieß. Ein Stück weiter neben dem Dorfteich gibt es für uns eine Wasserstation. Der Weg dahinter ist mit Plastikbechern übersät. Dann geht es aus dem Dorf raus leicht bergan.

 Nach einem längeren Asphaltstück geht es über Wiesen in den Wald und auf Geröllwegen nach unten und wieder nach oben. Neben einem großen Maisfeld sind die ersten 10km geschafft.

 Wir kreuzen die Straße 201 wo zwei Posten stehen die unseren Lauf absichern. Auf der anderen Seite geht es in den Ort Křečov. Auf dem Friedhof der oberhalb steht befindet sich die Kirche St. Peter und Paul die erstmals im 14. Jh. erbaut wurde. Durch die Hussitenkriege wurde sie zerstört und Ende des 17. Jh. erneut aufgebaut.

 Im Ort leben heute noch 22 Personen. Es gibt noch ein spätbarockes Pfarrhaus sowie eine zweistöckige Schule die aber dem Verfall preisgegeben ist. Am Ortsende gibt es Verpflegung bei Km 11.

 Wir verlassen die Siedlung über einen Rasenpfad an dem sich Weinreben befinden. Obwohl es viele Richtungsänderungen gibt ist die Strecke dank der vielen Schilder und zusätzlichen Absperrbänder die sich sehr oft an den Bäumen und Büschen befinden sehr gut markiert. Wirklich perfekt.

 Es geht weiter über Trails in einen großen Kiefernwald. Hier muss man besonders auf die vielen Wurzeln aufpassen, aber auch die Zapfen sind gefährlich zum Ausrutschen.

 Dann geht es weiter an einem Feldrain, der sehr schlecht zu laufen ist da er sehr uneben und sehr schmal ist. Hier knallt die Sonne jetzt voll von oben.

 Bei km 14 sind das erste Drittel und ich auch schon geschafft. Eine kleine Kapelle steht am Waldrand.

 Bei ca. km 18 erreichen wir den Ortsrand von Česká Doubravice das zu Manětín gehört. Im Ort, der im 12. Jh. erstmals erwähnt wurde leben heute noch 12 Menschen. Hinterm Ort geht es weiter über geschotterte Feldwege an dem sich zwei Kreuze der Versöhnung befinden.

 Nach dem ständigen auf und ab geht es nun mal wieder runter an den Stadtrand von Manětín. Wir erreichen die Wallfahrtskirche der Heiligen Barbara die von vielen großen Heiligenfiguren und einem Friedhof umgeben ist. Hier gibt es wieder Versorgung.

 Wir überqueren hier einen kleinen Bach und haben den westlichsten Punkt unserer Laufstrecke erreicht. Manětín ist eine Stadt mit rund 1.100 Einwohnern und wird als Barockperle Westböhmens bezeichnet. Es gibt viele historische Gebäuden wie z.B. das Schloss Manětín, das im Barockstil wieder aufgebaut wurde sowie die Kirche Johannes des Täufers einem gotischen Bauwerk und viele barocke Bürgerhäuser am Markt. Wir verlassen die Stadt aber gleich wieder und folgen einem Bach der uns in den Naturpark führt.

 Über eine Fuhrt überqueren wir den Manětínský Bach und kommen an eine Felswand aus Schieferplatten die uns ein Stück begleiten.

 Dann geht es vorbei an der Beršův Mühle über eine Wiese bis zum Halbmarathonpunkt. 3 Stunden und 10 Minuten habe ich bis hierher benötigt. Da es jetzt scheinbar flach wird kann ich wohl wieder einige Zeit reinholen.

 Leider weit gefehlt, denn rote Ausrufungszeichen weißen auf eine Gefahr hin. Der folgende Single-Trail ist schmal und es besteht Absturzgefahr. Im Bach kühlen Jugendliche vom Zeltplatz ihr Bier.

 Dann geht es wieder runter an den Bach wo die Strecke jetzt mehrmals den Bach kreuzt. Es geht hierbei über sehr abenteuerliche Brücken die teilweise auch sehr wackelig und ohne Geländer sind. Abenteuer pur. Auch der Untergrund lässt das Laufen teilweise schwer fallen.

 Hinter dem 25 km Schild kommen wir zur Čoubův-Mlýn wo wir auch wieder auf die Střela stoßen. Hier gibt es für uns Läufer Versorgung und nebenan sitzen Ausflügler bei einem kühlen Bier im Schatten.

 Über eine steile Brücke überqueren wir den Fluss und nun geht es die nächsten 2km stark aufwärts. Meine Km-Zeit sind pro Km 12 ½ Minuten. Ich überlege schon zwischendurch mal stehen zubleiben um meine Atmung zu regulieren, aber nein es geht langsam weiter immer aufwärts.

 Endlich oben angekommen am Waldende hängt ein Schild am Baum „Bufet 500m“. Es geht nun leicht abwärts auf Sandboden zum Ortsrand von Strážiště. Versorgung (auch ein Bier ist möglich) und dann im rechten Winkel geht es nach Süden wieder an die Střela.

 Über schmal Single-Trails geht es an Wochenendhäusern die teilweise im Wald stehen vorbei. An einem Haus bietet uns Läufern eine ältere Dame Wasser an. Die Verständigung ist schlecht, denn ich kann Wasser in Tschechisch „Vodo“ nicht verstehen, aber ich sehe es im Eimer.

 Kurz hinter Km 30 erreichen wir den Ort Mladatice das im Jahr 1115 als es zum Kloster Kladruby gehörte erwähnt wurde. Heute leben hier 555 Einwohner. Bei Km 32 hängt neben unseren roten Schildern auch wieder das grüne Schild mit 11km. Ab hier haben wir wieder einen gemeinsamen Rückweg mit den Halbmarathonläufern die jedoch schon alle vor mir weg sind.

 Kurz danach erreichen wir die Podhrázský Mlýn die wir links liegenlassen. An dem kleinen Park biegen wir ab zur Eisenbahn die wir unterqueren. Bei km33 folgt ein 2km langer und flacher Anstieg mit scharfkantigen Steinen die man durch die Sohle merkt.

 Wir erreichen den Ort Žebnice der 1250 erwähnt wurde, zugehörig zum Kloster Plasy. Die wunderschöne Kirche Sankt Jakobus der Ältere rechts neben der Laufstrecke ist mittelalterlichen Ursprungs. In der später im barocken Stil umgebauten Kirche wurden Fresken aus dem Mittelalter gefunden. Sechs Fenster der gotischen Presyterium aus dem 14. Jh. werden heute im Nationalmuseum in Prag aufbewahrt.

 Es geht durch den Ort und mal wieder eine heftige aber nur kurze Steigung folgt noch am Ortsende. Dann geht es rechts über einen Wiesen-Trail ab in den Wald. Es folgt mal wieder ein sehr abenteuerlicher schmaler Pfad.

 Km 39 und der Weg wird besser und mündet auf eine Asphaltstraße die uns runter nach Plasy führt. Kurz vor km 40 erreichen wir den Ortsrand. Nun über die schmale Brücke der Střela und links über die Asphaltstraße am Waldrand entlang. Oberhalb von uns verläuft die Eisenbahnstrecke.

 Die Střela, zu deutsch Schnella hat uns lange Stücke auf unserem Rundkurs begleitet. Sie entspringt im Tepler Hochland und hat nun noch auf ihrem 97 km langen Weg mit vielen Schleifen noch rund 20km vor sich bis sie bei Liblin in die Berounka mündet.

 Dann erreiche ich das kleine Brückchen wo wir schon bei Km 2,1 waren. Auf dem Hinweg begann hier die erste von wirklich vielen, vielen Steigungen. Jetzt geht es nur noch flach neben der Střela entlang zurück in Richtung Velká Louka.

 Nach meinem Garmin ist es doch jetzt nicht nur 1 km und so geht es dann auch kurz vor dem Ziel nochmal rund um die Wiese. Wir sammeln jetzt nochmal einen Kilometer und ich durchlaufe sehr erschöpft aber überglücklich unter viel Applaus das Ziel, als letzter Teilnehmer. Im Ziel erhalte ich eine Medaille aus Ton. Ich habe die 7 Stunden nicht komplett ausgenutzt, jedoch aber 6:50:46 benötigt für die schwere Strecke. Im Vergleich zum Rennsteig-Marathon der sich auch ein Crosslauf nennt ist diese Strecke nochmal 15% schwerer mit seinen vielen Höhenmetern. Als Fazit kann ich nur sagen sehr schöner aber auch schwerer Landschafts-Crosslauf mit perfekter Streckenmarkierung.

 Ins Ziel kamen heute beim: Marathon 162 Teilnehmer - Zeiten zwischen 2:55:59 und 6:50:46 - Halbmarathon 427 Teilnehmer - Zeiten zwischen 1:24:12 und 3:47:16 - 10km 258 Teilnehmer - Zeiten zwischen 32:57 und 1:47:49 - 4,2 km 70 Teilnehmer - Zeiten zwischen 15:34 und 30:59.

 

 Die Altersklasseneinteilung und Teilnehmer im Ziel sind wie folgt:

58 x MM 39 Marathon Männer 18-39                            21 x MZ 39 Marathon Frauen 18-39

49 x MM 49 Marathon Männer 40-49                            10 x MZ 49 Marathon Frauen 40-49

18 x MM 59 Marathon Männer 50-59                            03 x MZ59 Marathon Frauen 50-59

03 x MM 60 Marathon Männer 60 und älter

Marathonsieger:

1.         Radek Brunner                MM 49             SK Babice                           2:55:59

2.         Michal Kovář                    MM 49             Tj Sokol Unhošť                 3:00:59

3.         Jan Zaloudek                   MM 39             Solobezec                          3:05:43

Marathonsiegerinnen:

1.         Patricia Rolle                    MZ 49              LG Nord Berlin Ultrateam  3:34:17

2.         Kristýna Junková              MZ 39             Plzeňští běžci                     3:40:55

3.         Markéta Gruberová          MZ 39              MK Kladno                         3:54:22

 

 Nach dem Ziel freue ich mich auf ein kühles Bier und endlich sitzen. So genieße ich noch ein weiteres Bier und gehe entspannt und sehr erschöpft in mein Fahrzeug um mich komplett zu waschen, denn die Duschen waren leider schon zu. Eingeschlafen bin ich dann bei Heavy Metal Musik von dem benachbarten Konzert auf der Velká Louka.

 Heute am Sonntag bin ich gegen 9 Uhr wach geworden und habe mich dann auf den Weg gemacht nach Teplice, an den Rand des Erzgebirges. Hier wollte ich nochmal alte Pfade aus der Kindheit und Jugend besuchen.

 Teplice (deutsch Teplitz hieß früher auch Teplitz-Schönau) ist ein Kurort den im 18. und 19. Jahrhundert Prominente aus ganz Europa besuchten. Hier trafen sich auch Ludwig van Beethoven und Johann Wolfgang von Goethe 1812. Die erste Urkunde stammt aus dem 12. Jh. Bekannt wurde sie jedoch im 16. Jh. durch die Bäder. Nachdem die Stadt 1793 fast komplett zerstört war wurde sie im klassizistischen Stil wieder aufgebaut was ihr dann den Beinamen Klein Paris einbrachte.

 Am Schloss vorbei, dessen Teile spätgotische, barocke und klassizistische Baustile aufweisen, komme ich zur Pestsäule und dem großen Park „Divadelni“. Im Teplitzer Schloss wurde das Bündnis gegen Napoleon von Österreich, Preußen und Russland abgeschlossen. Hier trafen sich auch Giacomo Casanova, Johann Wolfgang von Goethe, Fréderic Chopin und Franz Liszt.

 Anschließend bin ich in den nahegelegenen Ort Krupka gefahren. Hier in einem kleinen Haus, in der Ulice na Lukách wohnte früher meine Tante mit Mann und Sohn mit Familie.

 Vorbei am alten Bahnhof von Bohosudov komme ich in den Ortsteil Krupka. Hier steht die Wallfahrtskirche Mariaschein (der schmerzhaften Mutter Gottes). Das Dorf Schein fiel 1591 an die Komotauer Jesuiten die dann mit dem Bau der Kirche begannen, die sie Mariaschein nannten. Krupka (Graupen) war 1945 mehrheitlich von Deutschböhmern bewohnt. Sie wurden vertrieben. Da meine Tante einen Tschechen geheiratet hatte durfte sie dort bleiben und gründete da ihre Familie von denen noch 2 Töchter dort leben.

 Ich fuhr dann über die schmale Straße zum Mückentürmchen (Komáří hůrka) hoch. Parallel zur Straße gibt es auch einen offenen Sessellift (erbaut 1950-1952) von Krupka nach ganz oben. Auf dem 807,5m hohen Bergkamm des Erzgebirges steht ein Hotel und Restaurant das schon wegen dem herrlichen Weitblick viele Menschen anzieht. Heute sind auch viele Motorräder aus Sachsen hier oben, denn die deutsche Grenze verläuft nur 5km auf der anderen Seite runter. Dort liegt auch das Dorf Fojtovice wo meine Tante früher einen Laden für Potraviny (Lebensmittel) hatte.

 Unterhalb des Berggipfels gab es früher viele Zinnminen und es war ein Bergbaugebiet was der Bevölkerung viele Arbeitsplätze gab. Von der Terrasse aus hat man gen Süden einen Fernblick auf das Böhmische Mittelgebirge, nach links in Richtung Osten ist das Elbsandsteingebirge sichtbar.

 Der Name Mückentürmchen geht auf eine Sage von Voitsdorf (Fojtovice) aus. So soll ein Wilderer Hühner und Gänse im Ort gestohlen haben und durch seine Schnelligkeit flüchtete er immer wieder. Sein Fehler war der Diebstahl einer Kuh eines alten Mütterchen die drohend mit einer Wünschelrute ihm zurief: „Du sollst von Mücken zerstochen werden, bevor du den Gipfel des Berges erreichst!“ Der Sage nach erschien wahrhaftig ein großer Mückenschwarm, der den Dieb zum Erliegen brachte. Seit dieser Zeit trägt der Berg seinen Namen.

 Von da aus ging es dann über Teplice und Komotau über das Gebirge und weiter über Chemnitz nach Hause. Drei wunderschöne aber auch anstrengende Tage sind zu Ende.