Laufend durch die Berge des Friaul rund um die Rocca Bernarda
2.10.2011 von Bernd Neumann
Italien ist immer eine Reise wert und so zieht es mich diesmal in den nord-östlichsten Zipfel von Italien, ins Friaul. Ich fahre in die Region Friaul-Julisch Venezien um am 3^ MARATONA DELLE CITTA´ DEL VINO teilzunehmen. Start und Ziel ist dieses Jahr in Manzano, einer kleinen Stadt an den Ufern des Flusses Natisone, von Hügeln und vielen Weinbergen umgeben. Die Stadt liegt nördlich von Udine nahe der slowenischen Grenze. Genauer gesagt sind es 12 km nach der Langobardenstadt Cividale del Friuli durch die auch die Marathonstrecke führt, 12 km nach der monumentalen Festungsstadt Palmanova, 14 km nach der Einkaufsstadt Udine, 20 km nach der italienisch-slowenisch geteilten Stadt Gorizia mit seinem imposanten mittelalterlichen Schloss, 32 km nach dem romanischen Aquileia mit seiner weltbekannten Basilika, 40 km zur Lagune der Halbinsel Grado und 128 km bis Venedig. Die Stadt Udine ist seit dem schweren Erdbeben am 6. Mai 1976 durch die ganze Welt gegangen. Das Epizentrum lag nördlich von Udine am Berg San Simeone. Bei dieser Katastrophe vor 35 Jahren sind fast 1.000 Menschen ums Leben gekommen.
Das Friaul gleich einem Amphitheater, im Norden die Karnischen und Julischen Alpen, nach Süden die sanft abfallenden Hügel der Weinberge bis hinunter zur Adria. Im nördlichen Teil befinden sich die sogenannten Julischen Alpen die nach Gaius Julius Caesar benannt wurden. Da es nur wenige Kilometer zwischen Alpen und Küste sind kann man morgens noch in den Bergen wandern und am Nachmittag sich in die Sonne der Adria legen. Die Laguna di Grado ist die Sonneninsel an der oberen Adria. Sie hat auch eine große historische Bedeutung, denn von den Römern bis zu den Habsburgern alle waren schon hier. In den letzten Jahrhunderten wurde Grado zum bedeutendsten Seebad Mitteleuropas.
Wer Informationen über den „Maratona delle Citta del Vino“ sucht kann im Internet unter www.maratonacittadelvino.com alle Informationen finden. Einen besonderen Service bietet diese Seite für alle die nicht italienisch können. Über den Button Select Language gibt es die Möglichkeit sich die Informationen in 52 Sprachen übersetzen zulassen. Grazie an Michele Menotti, die Seele vom Maratona delle Citta del Vino, der mich sehr engagiert unterstützt hat, sowie auch bei der Quartiersuche behilflich war.
Was bietet uns Läufern diese Strecke und warum soll ich hier in die Provinz kommen? Wir laufen durch eine hügelige Weinregion mit Durchquerungen von vielen schönen kleinen Weinorten mit ihren schönen Kirchen. Eine Jahreszeit wo hier südlich der Alpen noch keine Anzeichen von Winter sind. Und auf keinen Fall zu vergessen, sind wir hier auch in einer besonderen kulinarischen Gegend. Dazu zählen neben den ausgezeichneten Weinen natürlich die landestypischen Speisen.
Zu den typisch friaulischen Vorspeisen (antipasti) zählen vor allen Dingen das affetato misto, der luftgetrocknete Schinken (Speck) sowie die sopressa, die grobe, kräftige Salami. Ganz lecker sind auch die mit Kräutern gefüllten Teigtaschen die mit geräuchertem Ricotta angerichtet werden. Typisch ist auch die Mais-Polenta sowie die gnocchi und risotti. Zu den beliebsten Suppen zählt hier die jota eine Gerstensuppe aus Maismehl, Gerste und Milch, die paparot eine Spinatsuppe sowie auch die zuppa di orzo e verdura, eine Graupen- und Bohnensuppe. Die Secondi, die Hauptspeisen bestehen hauptsächlich aus gegrillten, gekochten oder geschmortem Fleisch. Für mich ist jedoch immer wichtig die dolci, die Süßspeisen die hier ein Überbleibsel der Habsburger ist. Neben dem Strudel sind hier auch der Palatschinken und der Gugelhupf und die Mandeltorte beliebt. Weltberühmt wurde der luftgetrocknete Schinken von San Daniele der noch zarter und milder ist wie der Parmaschinken. Den friaulischen Wein anzupreisen hieße Eulen nach Athen zu schleppen. Wenn ich auf alle DOC-Weine eingehen würde müsste dieser Bericht doppelt so lang werden. Nur zwei Sätze zum Dessertwein dem Picolit und dem Grappa. Der Picolit hat nur wenige Trauben und eine Restsüße bis zu 9g die jedoch im Geschmack nicht vorherrscht. Der Tresterschnaps Grappa ist heute ein kostbares Destillat. Die Friauler Benito und Giannola Nonino haben die Destillationstechnik erheblich verbessert und 1973 als erste aus einer Rebsorte destilliert.
Gut Essen und Trinken ist wichtig und hier im Friaul auch preiswert möglich. In dieser herrlichen Landschaft aus sanften Hügeln und vielen, vielen Weinbergen findet heute der 3. Maratona delle Citta del Vino mit Maratonina (Halbmarathon) statt. Ein engagiertes Team vom ASD Laufsport Buttrio bietet hier mit der Unterstützung der an der Laufstrecke liegenden Gemeinden, sowie verschiedener Wein- und der ansässigen Tourismusorganisationen einen herrlichen aber leicht hügeligen Rundkurs über die klassische Marathonstrecke. Wem der Marathon zu lang ist der kann auch auf der Hälfte bei Casali Barbianis, einer Siedlung in der Nähe von Cividale del Friuli den Halbmarathon laufen. Der Veranstalter bietet die Möglichkeit eines Bustransfers an. Achtung, eine Rückfahrt zum Startort gibt es nicht, also Auto im Ziel parken.
So nun ab in die Region. Bevor wir jedoch nach Manzano kommen sollten wir noch ein wenig über die zweitgrößte aber wichtigste Stadt der historischen Landschaft Friaul kennenlernen. Udine die knapp 100.000 Einwohner zählt wurde erstmals im Jahre 983 von König Otto II. urkundlich erwähnt, obwohl es noch viel ältere Funde gibt. Besonders sehenswert sind die Piazza della Liberta wo einige schöne Bauwerke stehen. Hier befindet sich die Loggia del Lionello (das Rathaus) von 1448-1457 im venezianisch-gotischen Stil mit offener Loggia im Parterre erbaut. Hier befindet sich auch eine Statue von Herkules die eine gewisse Ähnlichkeit mit unserem Herkules im größten Bergpark von Europa, in Kassel hat. Sehr schön ist hier auch die Torre dell`Orologio (Turmuhr). Auf dem ältesten Stadtteil um die Piazza San Giacomo befindet sich ein Brunnen aus dem 15. Jh. der von Giovanni da Udine einem Schüler von Raffael erbaut wurde. Man sollte sich auch das Castello de Udine den ältesten Bau aus dem 12. Jh. sowie den Dom Duomo Cattedrale di Santa Maria Annunziata von 1236-1461 erbaut ansehen.
Nun aber nach Manzano wo sich das Marathonzentrum befindet. Nach einem Kurzurlaub am Lago di Garda fahre ich über Verona und Treviso nach Manzano. Die Strecke von ca. 350 km zieht sich über viele Landstraßen und so komme ich am Freitagnachmittag in Manzano an. Nun heißt es im Hotel einchecken. Die Besitzer sprechen nur italienisch, aber mit vielen Gesten und da ich reserviert hatte ging es.
Manzano eine Stadt mit ca. 7000 Einwohnern, liegt am Ufer des Flusses Natisone und ist eingebettet in das sanfte Hügelland einer fruchtbaren Kulturlandschaft, der "Colli Orientali Friuli". Hier wurde schon seit der Römerzeit Weinbau betrieben und dessen Weine werden auf der ganzen Welt geschätzt. Der Name Manzano geht auf eine alte römische Siedlung zurück und stammt wahrscheinlich von dem Siedler "Amantius". Im Laufe seiner wechselvollen Geschichte wurde es mehrmals zerstört, im 10. Jahrhundert wurde es wieder neugegründet, von der Augustiner-Abtei "Rosazzo", die ich mir noch gegen Abend angesehen habe.
Die Abbazia di Rosazzo ist von großer historischer Bedeutung für die Region und liegt ca. 8km von der Stadt in mitten der Weinberge. Angeblich soll sich hier der Eremit Alemanno im Jahre 800 in die Einsamkeit zurückgezogen und dort eine kleine Kirche gebaut haben. Diese Stelle der spirituellen Ruhe soll nach und nach immer Gläubige angezogen haben, so das sich die Kirche im Laufe der Jahre in ein Kloster gewandelt hat. Im Jahre 1090 erhielt das Kloster von Rosazzo den Status einer Abtei. In der Zeit der Kämpfe zwischen Aquileia und Cividale wurde die Abtei in eine Festung umgebaut.
Um 1090 gehörte es für eine Zeit einer deutschen Familie, die auch den Namen Manzano führte. Das von ihr erbaute Schloss wurde jedoch 1431 durch die Republik Venedig zerstört. Den ehemals starken Einfluss der Venezianer sieht man auch in den vielen wunderschönen Villen in der Gegend. Sehr schön ist die Villa Piccoli in Soleschiano nahe von Manzano. Wer die Augen auf hat entdeckt aber viele solcher prachtvollen Villen nach venezianischem Vorbild.
Anschließend fuhr ich zur Piazza Chiodi, wo morgen die Startunterlagenausgabe ist, um mich ein wenig um zu sehen. Gleich hinter dem Platz befindet sich die wunderschöne Kirche Santa Maria Assunta. Das Kirchenschiff ist auf die Ruinen einer ehemaligen Kirche aufgebaut. Im Inneren sieht man auch durch große Glasscheiben im Boden die alten Grundmauern. Neben dem interessanten Altar befinden sich Fresken die zum Teil schon restauriert sind. Der Kirchturm steht am alten Gemeindehaus.
Die Stadt Manzano mit den Nachbargemeinden Corno di Rosazzo und San Giovanni al Natisone befassen sich schon seit 1878 mit der Herstellung von Stühlen, die in die ganze Welt verschickt werden. Hier im Dreieck-des-Stuhls gibt es 700 Firmen die sich speziell mit der Herstellung von Stühlen befassen, was sie mit einem 20m hohen Stuhl symbolisieren, der auch im Guinness Buch der Rekorde aufgenommen wurde.
Am Abend gehe ich in die Pizzeria gegenüber vom Hotel und werde von einem Läufer an seinen Tisch gebeten. Es ist Biagio di Mauro aus Catania von der Insel Sizilien. Er ist Mitveranstalter vom Siracusa-Marathon (www.maratonadisiracusa.it) der am 29.01.2012 schon zum 13. Mal stattfindet. Wir kommen recht schnell ins Gespräch, denn Biagio hat fast 10 Jahre in Deutschland gelebt, aber fast 15 Jahre kein deutsch mehr gesprochen. Wir sind beide im gleichen Hotel und beschließen so den Samstag zusammen zu verbringen, denn ich wollte nach Palmanova, Aquileia und Grado. Hier kann man gut Kultur und Laufen kombinieren.
Am Samstag sind wir schon recht früh ins 15km gelegene Palmanova gefahren. Palmanova wurde im 16. Jahrhundert in Form eines neunzackigen Sternes als Festungsstadt erbaut. Bis heute hat sich der sternförmige Grundriss erhalten. Vergleichbar sind damit die Städte Vauban, Neuf-Brisach, die Altstadt von Mannheim und Saarlouis bei denen jedoch die geometrische Struktur nicht mehr so erhalten ist wie in Palmanova. Planstädte gibt es weltweit. In Deutschland sind bekannt Karlsruhe wo sternförmig vom Schloss aus die Straßen verlaufen, sowie Lippstadt die erste Planstadt Nordrhein-Westfalens von 1185. Das neueste und noch im Bau befindliche Beispiel ist Hamburg-Hafencity. Hier wird auf 2,2 km² ein neuer Stadtteil entstehen. Es wurde 2003 begonnen und bis Mitte 2020 sollen hier für 12.000 Menschen Wohnungen und 40.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Wir kommen vom Nordosten zur Stadt und fahren durch das Stadttor Porta Cividale. Von der Innenseite her wo sich auch gleich ein Parkplatz befindet sehen wir uns das gigantische Stadttor von innen an. Anschließend gehen wir auf die alte Wehrmauer. Hier ist ein Zugang zum Stadttor in dem sich ein Militärmuseum befindet das wir besichtigen.
Palmanova hat drei große Stadttore, Porta Aquileia, Porta Udine und Porta Cividale. Von hier führen drei Straßen exakt auf den großen sechseckigen Platz inmitten der Stadt. Die breiten Straßen zu den Stadttoren sollten zur schnellen Verteidigung der Stadt führen vom Zentrum dem Exerzierplatz zu den Verteidigungsanlagen. Im Zentrum wohnten die Offiziere und drumherum die Liniensoldaten. Direkt hinter dem Wall bzw. der Mauern wohnten die Söldner.
Anschließend gehe ich noch hinter die Wälle um mir die Verteidigungsanlagen anzusehen. Steht man außerhalb der Stadt ist außer einem großen Wall nicht zu sehen. Man vermutet auch keine Stadt innerhalb dieser Wallanlagen. Diese Stadtfestung sollte die Venezianer gegen die Türken schützen. Geplant war die Stadt zum wichtigsten Landstützpunkt der Venezianer auszubauen, was aber nie ausgeführt wurde. Der überdimensionierte Stadtplatz für diese Kleinstadt ist noch ein Zeugnis dafür.
Innerhalb der Stadtmauern befinden sich drei Kirchen, die kleine Franziskuskirche (um 1600), die Kirche der Geburt der Jungfrau Maria (um 1660 von Franziskanern erbaut) und die Kathedrale. Wir sehen uns die am großen sechseckigen Platz stehende Kathedrale an. Sie wurde 1615 – 1636 erbaut mit einem einschiffigen säulenfreien Innenraum. Neben dem Hauptaltar befinden sich drei Chorkapellen und vier Seitenaltäre.
Diese Musterstadt wurde für 20.000 Menschen konzipiert. Es wollte aber niemand darin leben und so wurden Soldaten einquartiert. Heute leben ca. 5.000 Einwohner innerhalb der großen Wallanlage.
Die Festung diente als Verteidigung gegen die Habsburger, die das Friaul und Görz beherrschten. Trotz des ausgeklügelten Sicherheitssystems wurde die Stadt nie in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt und Napoleon konnte sie 1797 kampflos einnehmen. Die Stadt wechselte von Venetien zu Österreich, dann nach Italien und wieder zu Österreich. 1866 kam es endgültig nach Italien und diente als wichtiger militärischer Stützpunkt während des 1. Weltkrieges.
Nur 17km weiter liegt Aquileia. Sie war eine große Stadt des römischen Reiches und wurde 181 v. Chr. gegründet. Bis in die Zeit der Völkerwanderung und ins hohe Mittelalter war sie ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Sie lag auch am Endpunkt der Bernsteinstraße und war wegen dem Übergang nach Österreich sehr wichtig, für den Bergbau für Rom wegen des Eisenerzes.
Sehenswert ist die Basilika Santa Maria Assunta aus der Patriarchenzeit wegen ihres frühchristlichen Fußbodenmosaiks vom Anfang des 4. Jh. Der heilige Evangelist Markus soll hier im Auftrag von Simon Petrus den Neuen Glauben verkündet haben. Diese romanische Kirche gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Mit ihren Maßen von 65,5m länge, 30m Breite und 23m Höhe war sie ungewöhnlich groß für die damalige Bauzeit.
Wer die Stadt besucht sollte sich auch den Römischen-Flusshafen, das Forum, die Via Sacra sowie die alten Römerstraßen und den Aquädukt ansehen. Unser Fußweg führt uns zunächst zum Forum. Hier stehen jedoch nur noch ein paar Säulen sowie alte Fassadensteine.
Römerstraßen waren in Mitteleuropa ein Novum und wegen ihres Aufbaues unabhängig von der Bodenfeuchte immer passierbar. Der Schichtaufbau richtete sich je nach Straßentyp. Man unterschied hierbei 4 Typen, die via publica („Staatsstraße“), via militaris („Heerstraße“), via vicinalis („Provinzstraße“) und die via privata („Privatstraße“). Hier in Aquileia befinden sich noch die Reste einer massiv gepflasterten Straße.
Nach nur weiteren 5 km kommen wir an die Lagune von Grado. Ein ca. 5km langer Damm führt uns direkt in die Altstadt von Grado, das vermutlich als Seehafen von Aquileia im 2. Jh. v. Chr. gegründet wurde. Die Stadt hat in ihren 2.000 Jahren eine sehr bewegte Geschichte hinter sich. Heute leben die Menschen vom Fischfang und vom Tourismus. Der große und breite Sandstrand zieht viele Touristen an. Genauer gesagt gibt es drei Strände, der Hauptstrand (Spiaggia Principale), der Strand Costa Azzurra und der Strand von Pineta. Da alle nach Süden liegen sind sie auch durch eine Promenade verbunden. In der Zeit von Mai bis September kostet der Besuch des 3km langen Hauptstrandes Eintritt. Heute am 1. Oktober können wir so zum Wasser gehen und die vielen Sonnenanbeter uns ansehen.
Die Menschen kommen vor allen Dingen wegen des milden Klimas und der vielen Sonne, aber auch aus medizinischer Sicht, denn der Sand soll eine heilende Wirkung haben, bei Arthrose und Gicht. Heute bei über 30 Grad ist der Strand dicht besiedelt, meist von Österreichern, die es nicht weit bis hierher zur Adria haben. Schräg übers Meer sehen wir Triest und ein Stück von Istrien.
Am späten Nachmittag geht es zurück nach Manzano zur Piazza Chiodi. Wer sich noch nicht übers Internet angemeldet hat kann dies hier noch persönlich tun. Das Marathon-Startgeld liegt je nach Datum zwischen 20€ und 30 €. Was man auf keinen Fall vergessen darf ist das gültige Gesundheitszeugnis, denn ohne das läuft nichts in Italien. Die Startunterlagen erhalten wir am Samstag, den 1. Oktober von 14 bis 20 Uhr. Am Domenica (Sonntag) gibt es die Unterlagen in der Startzone auf der Via Sottomonte.
Hier lerne ich auch Michele Menotti kennen der sich gleich um meine Startunterlagen kümmert. Für jeden Marathonis gibt es noch ein Paket mit Wein, Honig, Kuchen, Käse und einigen Proben, natürlich alles aus der Region. Er teilt mir mit, das es einen neuen Teilnehmerrekord geben wird, denn es haben sich schon ca. 220 Marathonis angemeldet und morgen werden auch erstmals Cicloni (Handbiker) starten.
Für den Abend gibt es noch eine Pressekonferenz und Interviews mit zwei italienischen Marathon- und Ultramarathonstars. Ich konnte leider kaum etwas verstehen, denn es war natürlich in italienisch und einer enormen Geschwindigkeit.
Sonntag – Marathontag: Buon Giorno. Der Start erfolgt für uns Marathonis heute um 9 Uhr auf der Via Sottomonte der Ausfahrtsstraße nach Buttrio. Wer den Halbmarathon laufen will wird per Bus zum Startplatz beim Dorf Casali Barbianis in der Nähe von Cividale del Friuli gefahren. Deren Start erfolgt dort um 10:30 Uhr und ist unsere 2. Marathonhälfte. Es gibt auch noch eine 9,1km Wanderung die hügelig ist und durch die Weinberge der besten Weine der Colli Orientali del Friuli führt. Der Veranstalter holt uns mit einem Kleinbus am Hotel ab und fährt uns direkt zum Startplatz an der Ausfahrtstraße nach Buttrio.
So nach und nach treffen die Läufer und Läuferinnen ein die sich auf die Marathonstrecke begeben wollen. Die Temperaturen sind heute Morgen schon sehr angenehm. Die Läufer und Läuferinnen sind fast alle mit kurzem Hemd und Short bekleidet.
Der Sprecher verkündet noch, dass es ein internationaler Marathon ist und zählt die Länder auf und verliest anschließend die Namen der ausländischen Teilnehmer. Hierbei kann ich auch hören, dass ich der einzige Starter aus Deutschland bin. Es haben sich 158 Männer und 22 Frauen am Startbogen versammelt. Noch vor dem Start ein Foto mit Biagio di Mauro (Nr.67) aus Catania und gleich geht`s los. Bevor wir jedoch starten kommt noch ein Auto-Corso mit Oldtimern durch die wartende Menge und fährt in Richtung Buttrio. Bevor wir jedoch loslaufen kommen die Handbiker in die vorderste Startreihe.
Es ist 9 Uhr und der Startschuss erfolgt für die 13 Handbiker. Drei Minuten später erfolgt unser Start auf die Percorso – die Laufstrecke. Wir laufen aus Manzano raus über die Via Sottomonte (Straße unterhalb des Berges). Und wir könnte es anders sein gibt es schon am Ortsende die Möglichkeit der ersten Weinverkostung, aber nicht für uns denn wir wollen laufen. Das Feld zieht sich recht schnell auseinander und durch mein vieles Fotografieren bin ich ruckzuck am Schluss der Läufer. Links und rechts alles Weinfelder und Hügel.
Bei km 3 noch vor Buttrio kommen wir an einem großen und alten Weingut vorbei, wo schon seit über 500 Jahren Weinbau betrieben wird. Was hier im Fiaul nichts besonderes ist, denn schon zur Römerzeit wurde hier Weinbau betrieben. Hier im Gebiet der Colli Orientali del Friuli, einer Hügellandschaft gedeihen die Trauben mit den besten Voraussetzungen für den Weinanbau. In alten Dokumenten steht das Buttrio im Jahre 1140 10 Kolonien an ein Benediktinerkloster geschenkt hat damit die Mönche daraus Wein und Öl gewinnen können.
Kurz danach erreichen wir die Ortsgrenze vom 4.000 Seelenort Buttrio. Der Name kommt aus der vorrömischen Zeit und heißt soviel wie Graben oder Rinne. Dieses kleine Landdorf hat eine sehr bewegte Geschichte. Die heutige Villa Morpurgo wurden auf die Reste einer früheren und mehrfach zerstörten Burg erbaut. Im 16. und 17. Jahrhundert bauten sich reiche Bürger Residenzen hier auf. Die verarmte Bevölkerung emigrierte nach Venetien. Heute gibt es hier viel Schwerindustrie und vor allem Weinbau. Im Ort gibt es viele sehenswerte Kirchen. Besonders sehenswert ist Santo Stefano aus dem 14. Jh. mit alten Fresken und einem Taufbecken aus dem 16. Jh.. Die Kirche Santa Maria Assunta in der Ortsmitte ist zwar nicht so alt hat aber im Inneren schöne Malereien und Stuck aus den letzten 300 Jahren. Das besondere ist am Glockenturm die Uhr mit dem auf den Kopf gestellten Ziffernblatt, von dem es nur eine in Italien gibt.
Wir bleiben nicht lange im Ort. Es geht über die Via Martini in nördliche Richtung. Am Ortsende gibt es die erste Getränkestelle. Links und rechts der Laufstrecke befinden sich Mais-Felder die um diese Jahreszeit schon abgeerntet sind. Hierdurch haben wir einen herrlichen Blick schon über den nächsten Ort Orsario in die Südausläufer der Alpen.
Hier laufe ich mit Claudia Faraon (Nr. 208), Michele Rizzitella (Nr.156) und Angela Gargano (Nr. 212) zusammen, die auch bei mir im Hotel sind. Unsere Gespräche beschränken sich auf drei vier Sätze englisch. Hinter uns ist noch eine Gruppe von langsameren Läufern, die ich mit Erstaunen in der Ergebnisliste vor mir wieder finde??