Erfurt Marathon 1 in 2014

Ehrfurcht mit Verehrung für Erfurt und ANNAKRAM

30.08.2014 von Bernd Neumann

 Lange habe ich darauf gewartet, dass es in Erfurt der Landeshauptstadt von Thüringen einen Marathon gibt und nun ist es soweit. Normalerweise würden so ein großes Event die Stadt oder große Sportvereine auf die Beine stellen, aber in Erfurt ist das anders. Hier ist es ein Verein für Kunst, Bewegung und soziales Engagement der ANNAKRAM e. V. der Initiator. Halt, jetzt gibt es Läufer die sagen wir hatten schon Marathons in Erfurt. Ja, aber keinen der so viel von der Stadt zeigt und ein echter Lauf über 42,2 km geht, der jeden Meter neues aus der Stadt und Land zeigt. Deshalb heißt er auch nicht 1. Erfurt Marathon, sondern Erfurt Marathon 1.

 Der Verein ANNA Kram hat den Anspruch anspruchsvolle künstlerische und kulturelle Projekte mit gesellschaftskritischen Positionen, Anregungen und Humor zu verbinden, um damit breite Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Eines ihrer vielen Projekte ist „laufendhelfen“. Die Annakram’s Laufenthusiasten wie sie sich nennen haben im letzten Jahr über 1.000 km gelaufen und dabei fleißig Spenden gesammelt. So wird es heute beim Erfurt Marathon 1 sein, denn vom Startgeld gehen mindestens 10 € pro Starter an das Kinderhospiz Mitteldeutschland und so ist jeder Läufer auch gleichzeitig Sponsor. Gute Idee, also auf nach Erfurt.

 Von mir aus sind es rund 160 km für die ich rund 2 Stunden benötige. Erfurt liegt fast im Zentrum von Deutschland. Nach Leipzig sind es rund 95 km, nach Frankfurt rund 180 km und nach Nürnberg rund 160 km, alles Luftlinie. In Erfurt heißt es gen Norden rund um die Stadt in den Stadtteil Andreas Vorstadt. Hier befindet sich der Nordpark, denn da ist das Start- und Zielzentrum.

 Startunterlagen gibt es heute direkt im Nordpark. Wer noch nachmelden will, muss 5 € Aufschlag zahlen (Marathon 43 €), Zweier-Marathonstaffel 48 €), Vierer-Marathonstaffel 64 €).

 Wie ich so gegen 8 Uhr im Park ankomme, ist es noch recht ruhig an dem Meldetisch und alles geht ohne Hektik. In der Startertüte sind einige Infos und außen dran die Startnummer. Ich nehme meine Unterlagen und treffe dort auf meinen Marathon4you Reporterkollegen Anton Reiter. Anton ist extra aus Wien angereist, um heute hier zu laufen. Morgen will er noch nach Egelsbach zum Koberstädter Waldmarathon, um einen Doppeldecker zu laufen. Wir schwätzen viel und so habe ich fast vergessen mir meinen Zeitchip bei Sportident am Stand abzuholen und aktivieren zu lassen. Dieser wird dann am Handgelenk getragen und man bekommt so seine exakte Netto-Laufzeit.

 Heute ist auch mein Laufkamerad Peter Orth mit seiner Frau Christa aus Vellmar dabei. Peter wird heute den Lauf in 4:40 finishen in der M70. Dann lerne ich auch Franz Schwengler kennen. Seine Seite Planet-Marathon ist schon seit Jahren für mich die Suchmaschine in Deutschland und Europa, wenn es um die Marathonplanung geht. Nach den üblichen Fotos geht es dann zum nahegelegenen Start im Park.

 Die Starts werden wie folgt durchgeführt: Marathon 9 Uhr, 2er und 4er Staffel 9:30 Uhr, Einrad-Marathonfahrer 10 Uhr. Zielschluss ist um 15:30 Uhr (Marathonzeit 6 ½ Stunden). Der Nordpark liegt rund 2 km nördlich vom Altstadtzentrum. Diese 9 ha große öffentliche Parkanlage wurde vor rund 90 Jahren erbaut als Naturpark. Er liegt zwischen dem Helios Klinikum Erfurt und einer Geraschleife.

 Die Wettervorhersage bringt uns Sonne und Temperaturen bis 23 Grad, Regen erst am Abend. Jetzt so kurz vor dem Start sind es rund 15 Grad, also perfekt zum Laufen.

 Mit einer Klatsche werden wir pünktlich auf die Reise geschickt. Das Feld ist heute recht klein und so gehen jetzt nur rund 50 Marathonis auf die Reise.

 Wir verlassen den Park gen Norden über die Gera. Rechts liegt das Nordbad, in dem wir heute Duschen können und wer Lust hat, kann sich ausschwimmen.

 Nach rund 2 km geht es über die Gera und wir laufen über die breite Warschauer Straße. Rechts ab und vorbei am Sportpark folgen wir wieder der Gera weiter. Im Stadtteil Gispersleben heißt es dann eine Schleife ziehen und auf der anderen Seite der Gera gen Süden. Die Streckenmarkierungen sind heute dunkelblaue Textilstreifen. Sie sind leider schlecht zu sehen und so bin ich froh, dass ich hinter Sigurd Reisener dem Vorsitzenden und Streckenmarkierer herlaufe. Er muss immer wieder hier in Gispersleben Läufer korrigieren, denn viele seiner Markierungen sind einfach über Nacht verschwunden. Auch die schönen handgemalten Kilometerschilder fehlen bis zum km 9. Hier in der Nordschleife fluchen nicht nur er, sondern auch einige Läufer, aber alle finden den Weg wieder zurück in Richtung Nordpark.

 Zwischen km 8,5 und 9 laufen wir neben der Radrennbahn Andreasried vorbei. Diese 250 m lange Betonbahn (heute mit Kunstharzbelag) ist die älteste Radrennbahn auf der noch heute Rennen gefahren werden. Sie wird heute noch von Hochleistungssportlern des Olympiastützpunktes Thüringen zum Training genutzt, aus denen viele zum Olympiasieger und Weltmeister gefahren sind.

 Wir sind wieder im Nordpark wo wir beim Verlassen des Parks die ersten 10 km geschafft haben. Es gibt die zweite Versorgung mit belegten Broten und allem was das Läuferherz beglückt.

 Von nun an haben wir ein ca. 1,5 km langes Begegnungsstück. Unsere Laufstrecke führt uns jetzt an der Gotha entlang. Beim Überqueren von Straßen müssen wir stehenbleiben und warten bis die Fußgängerampel auf Grün schaltet. Wer hier bei Rot erwischt wird kann disqualifiziert werden, so steht es in der Ausschreibung und so bleiben wir brav stehen bis es Grün wird, auch wenn kein Auto kommt. Das erlebe ich zum ersten Mal bei einem Marathon, aber es stand ja so in der Ausschreibung und der Verein weist darauf hin, dass dies keine Strecke für Bestzeiten ist. Ich höre auch keinerlei Meckern oder Klagen von den Läufern.

 Wir laufen Am Venedig vorbei und verlassen die Uferidylle. Jetzt geht es durch mehrere schmale Straßen und Gassen. Wäre Sigurd nicht bei mir hätte ich mich schon x-mal verlaufen. Meist erst, wenn er die Richtungsänderung ansagt entdecke ich die blauen Textilstreifen.

 Am Andreasturm kommen wir auf die Andreasstraße, der wir ein Stück folgen. Bei km 12,5 kommen wir an den Petersberg. Berg heißt auch Berg, denn da geht es jetzt rauf zur Zitadelle.

 Die Festung Petersberg wurde im 17. – 19. Jh. im neuitalienischen Stil errichtet und wurde auch als Stadtbefestigung genutzt. Sie sollte auch als Zwingburg das Kurfürstentum vor den Angriffen der protestantischen Mächte schützen. Heute ist sie einfach nur noch als Relikt für die Vergangenheit erhalten. Eine Besichtigung lohnt sich aber allemal, denn es gibt hier sehr viele kleine und enge Geheimgänge durch die man geführt wird.

 Da Sigurd die Strecke genau kennt laufen wir direkt an der Zidadellenmauer auf dem schmalen Weg rund um die Burg. Viele Stopps mache ich hier oben, um mit vielen Fotos diese einmalige Bauwerk einzufangen inkl. einer hübschen Braut. Hier oben hat man einen herrlichen Blick über die Stadt und den naheliegenden Dom und Domplatz.

 Hinter dem Weinberg verlassen wir die Zitadelle und wo es bergauf geht, geht es auch wieder bergab. Über die Cusanusstraße (Nicolaus Cusanus war Philosoph, Theologe, Mathematiker und lebte im 15. Jh.) geht es vorbei am Amtsgericht Erfurt. Am Gothaer Platz müssen wir mit mehreren Ampelschaltungen die Straße überqueren. Hier bildet sich ein Grüppchen was bei Rot wartet. Dann geht es ab durch die ega und durch den Luisenpark runter an den Gothaer-Flutgraben, dem wir ein Stück folgen.