6. Frankenweg-Lauf 2014

A weng langsam heind

27.06.14 von Bernd Neumann

 Ich reise heute ins Land der Franken, aber nicht zum ersten Mal. Im September 2011 bin ich hier schon den Fränkische-Schweiz-Marathon gelaufen. Bei diesem Lauf sind wir am heutigen Startort auch entlang gelaufen. Damals ging die Strecke über die Bundesstraße und heute laufen wir den größten Teil auf dem Frankenweg mit vielen Höhenmetern.

 Wo sind wir denn heute genau? Wir sind heute in der Fränkischen Schweiz einer Region in Franken, genauer in Oberfranken. Mit dem Begriff Schweiz bezeichnete man im 19. Jahrhundert gern Landschaften die dem allgemeinen Bild der Schweiz mit Bergen, Tälern und Felsen ähnlich war. Die bekanntesten in Deutschland sind die Sächsische Schweiz, Märkische Schweiz, Mecklenburgische Schweiz und die Holsteinische Schweiz. Allgemein wird unter der Fränkischen Schweiz der nördliche Teil der Fränkischen Alb gemeint, jedoch ist die eigentliche Fränkische Schweiz nur das Einzugsgebiet der Wiesent. Den Eigennamen hat sie erhalten durch seine bergigen Landschaften mit markanten Felsformationen und Höhlen sowie einer hohen Dichte an Ruinen und Burgen. Die Fränkische Schweiz ist geprägt von Kalk- und Dolomitfelsen des Weißen Jura (vor etwa 161 bis 150 Millionen Jahren). Die Wiesent ist ein 78 km langer rechter Nebenfluss der Pegnitz.

 Die Region Oberfranken wird auch Bierfranken genannt mit seinen mehr als 200 Brauereien. Das typische Bier der Region ist das Dunkle. Da die meisten Brauereien kleine Privatbetriebe sind wird auch nur ein- oder zweimal in der Woche gebraut. Bei einer früheren Reise konnte ich sogar sehen, dass das alte Bierholzfass noch auf die Theke gestellt und dort direkt angezapft wurde. Wenn man in Franken von Dreigestirn spricht hat das nicht mit Karneval zu tun, sondern das viele Brauereien nebenbei auch noch einen Gasthof und Landwirtschaft haben. Die Fränkische Schweiz hat auch die höchste Brauereidichte der Welt und der Ort Aufseß (ca. 10km nördlich von Streitberg) ist im Guinness-Buch der Rekorde mit 4 Brauereien bei nur 1.500 Einwohnern. Vor dem Trinken kommt das Laufen.

 Das FWL-Team hat sich zum Wahlspruch gemacht:  "Zurück zur Natur - aber bitte zu Fuß" und “Trail - Running wird immer beliebter“. Schau´n mer mal. Wem der Marathon (Start in Streitberg) zu lang ist der kann auch 24km (Start in Behringermühle) oder 15km (Start in Pottenstein) laufen. Das Marathon-Startgeld liegt bei 35€ für Frühbucher, bis 50€ bei Nachmelder. Ziel für alle ist in Obertrubach, wo es kostenlos zurück zum jeweiligen Startort geht.

 Startort Streitberg, Muschelquellenweg 7 Uhr. Außer ein paar bunten Läufern ist heute Morgen noch keiner auf der Straße, der Ort ist noch am Schlafen. Am Ortsausgang am Muschelquellenweg gibt es ein Transparent über dem Weg mit dem Hinweis „Frankenweg-Lauf Start“. Hier bin ich richtig, hier werden in ca 1 Stunde rund 75 Teilnehmer über die 42km mit rund 1.000 Höhenmetern starten. Im Startbereich werden die Startnummern ausgegeben und wer Gepäck hat fürs Ziel kann dies in einen Kombi packen.

 Rund um unseren Startplatz gibt es noch einige Sehenswürdigkeiten zu sehen. Der staatlich anerkannte Luftkurort Streitberg hat seinen Namen vom ehemaligen Adelsgeschlecht von Streitberg, dessen Burgruine sich auf einem hervorspringenden Felsen oberhalb von uns sich befindet. In unserem Rücken befindet sich das Wahrzeichen der Fränkischen Schweiz die Ruine der Burg Neideck. Die edelfreien von Schlüsselberg wurden als erste Besitzer einer Burg hier auf dem Felsen genannt. Später um 1219 wurde ein Heinrich von Neideck genannt der wohl auch der Besitzer der Kernburg war. Sehenswert sind auch noch die Dreieinigkeitskirche und die Binghöhle. Überregional bekannt ist auch der seit 1898 hergestellte Kräuterlikör Streitberger Bitter. Hierzu empfiehlt sich auch ein Besuch in der Historischen Pilgerstube.

 Soviel zur Kultur, jetzt zum Briefing. Wir bekommen von Herbert Peter, dem Gesamtorganisator Hinweise auf die Strecken-Markierungen. Wichtig sind die Hinweisschilder Frankenweg, aber um auf die 42,2km zu kommen gibt es auch noch zusätzliche Schleifen wo wir genau hinschauen sollen auf die zusätzlichen Hinweise. Besondere Vorsicht bitte an den Straßenüberquerungen und den Steilstücken. So das war das wichtigste und jetzt wollen wir los, denn es wird heute noch nass werden von oben. Unsere Gruppe von rund 75 Teilnehmern macht sich auf den Weg zum Startbanner.

 Wir starten direkt auf dem Frankenweg. Benannt auch nach den Franken, dem germanischen Großstamm, die auch die Mutigen oder auch Kühnen genannt werden. Was wir heute machen wird auch mutig und kühn sein, denn es gibt schon manch kniffeligen Stieg auf den 42km.

 Der Frankenweg ist insgesamt 520km lang und führt vom Rennsteig zur Schwäbischen Alb. Man könnte über die gesamte Länge 12 Marathons am Stück laufen um ihn einmal komplett belaufen zu haben, den Qualitätsweg Wanderbares Deutschland.

 8:00 Uhr und wir zählen die letzten 10 Sekunden runter. Dann den Finger auf die Stoppuhr, natürlich auf Start und los geht es auf dem Muschelquellenweg raus aus dem Ort. Ich fotografiere noch die ganzen Starter und schließe mich dem Feld dann hinten an. Schon jetzt haben sich die schnellen Läufer ganz vorn eingereiht. Jürgen Winkler und Roland Klimsa vom DJK LC Vorra stehen in der vordersten Reihe und werden heute auch den Lauf ganz vorn finishen.

 Schon nach 100m haben wir die Muschelquelle erreicht die unter einer glatten Wand liegt. Das Quellhaus wurde aus Kalktuffsteinen erbaut. Bei starkem Regen entspringt das Wasser auch aus dem Schneiderloch einer Karsthöhle die oberhalb der Quelle sich befindet.

 Schnell wird aus dem breiten Wanderweg ein schmaler Trail mit der Tendenz aufwärts. Wir sind gerademal 1,5km gelaufen und schon geht es richtig zur Sache wir müssen einige Serpentinen überwinden. Hier haben alle den Trailschritt drauf, denn zum Laufen ist es viel zu steil. Vor mir läuft eine bunte Truppe im Zick-zack den Berg hoch.

 Nach rund 2,5km geht es in einer großen Schleife nach Neudorf, das wir bei ca. 4,5km erreichen. Wir laufen durch den kleinen Ort und es geht weiter wie heute den ganzen Tag immer auf- und abwärts. Wie ich aus dem Wald komme habe ich wieder einen freien Blick über die Felder und kann vor mir die letzten Läufer als kleine bunte Punkte sehen. Es sind jetzt lange Geraden zu laufen. Hier ist auch zum ersten Mal eine Extraschleife zu laufen wie sie uns von Herbert vorm Start angekündigt wurde.

 Kurz nach km 6 gibt es die erste Versorgung mit Wasser. Dann tauchen wir wieder in den Wald ein. Nach rund 1,5km geht es aufwärts und wir sind am Eingang zur Oswaldhöhle.

 Hier stehen Helfer und ein Retter der Bergwacht die jeden Läufe darauf hinweisen: „Vorsicht Kopf einziehen, es sind Stellen die sind nur 1,5m hoch“. Das heißt wir müssen hier hindurch, denn auch der Frankenweg führt direkt durch die Höhle. Die Feuerwehr hat hier einige Lichter angebracht zur Orientierung.

 Die Oswaldhöhle ist am Hohlen Berg eine ca. 65m lange Durchgangshöhle. Ihren Namen erhielt sie erst 1971 aus dem Ritteroman „Heinrich von Neideck“, in dem ein Einsiedler namens Oswald vorkommt. Im Dreißigjährigen Krieg diente sie auch als Unterschlupf für die Bevölkerung. Wir wollen nicht unterschlüpfen vor dem Regen sondern dem Frankenweg der durch die Höhle führt weiter folgen.

 Es fällt Tageslicht in die Höhle, was heißt wir sind gleich durch. Am anderen Ende geht es gleich einen Treppenaufgang hoch und weiter durch Felder bis nach Engelhardsberg.

 Bei Km 12 kommen wir an eine der schönsten Stellen dieses Laufes, an die Riesenburg Versturzhöhle. Die Entstehung dieser Karsthöhle liegt schon 150 Mill. Jahre zurück, in der Zeit des weißen Jura durch die Einwirkung von Wasser.

 Franz Erwein von Schönborn ließ die Wege und Treppen bauen auf denen wir heute runter steigen. Steigen deshalb weil laufen hier auf dem rutschigen Stein zu gefährlich wäre. König Ludwig I. besuchte Anfang des 19. Jh. diese Höhle.

 Die Laufstrecke führt direkt durch die Höhle und ist sehr rutschig, denn es nieselt immer weiter. Wir folgen nun einem schmalen Pfad runter zur Wisent, wo schon vom Mittelalter bis zum Ersten Weltkrieg das Wasser für den Ort hochgeschleppt wurde.

 Unten an der Bundesstraße überwacht die Bergwacht unseren Abstieg. Kurz danach überqueren wir die Pütlach und folgen dieser zur Mündung. Vorsicht auf der Brücke, denn durch den Regen ist das Holz rutschig und glatt. Wir folgen der Pütlach flussabwärts.

 Die Pütlach ist ein 28km langer Nebenfluss der Wiesent, die sich durch die schöne Juralandschaft schlängelt. Sie entspringt in der Nähe einer Pegnitzquelle und mündet bei Behringersmühle in die Wiesent. Auf ihrer 28,2km langen Reise zwischen Quelle und Mündung hat sie einen Höhenunterschied von 221m.

 Wir folgen der Pütlach bis zum Km 17, zur Siedlung Behringersmühle, wo sie in die Wiesent mündet. Ein Stück weiter kommen wir zum Startplatz der 24km Läufer zur Behringersmühle. Ab hier folgen wir gemeinsam der Laufstrecke bis zum Ziel. Die Mittelstreckler sind aber schon um 9 Uhr, eine Stunde nach uns gestartet und so ist es hier menschenleer. Ich irre ein wenig umher bis ich die richtige Richtung der Laufstrecke gefunden habe. Dann geht es neben der Wiesent in Richtung Bahnhof Behringersmühle.

 Vor mir in lichter Höhe erscheint der weiße Turm der Burg Gößweinstein. Diese mittelalterliche Gipfelburg diente wahrscheinlich Wagner als Gralsburg für sein musikdramatisches Werk Parsival.

 Am Bahnhof Behringermühle hält gerade die historische Dampfeisenbahn. Ich stoppe hier und knipse noch einige Fotos bis der Zug hinter mir verschwindet. Weiter geht´s in Richtung Stempfermühle. Vor 185 Jahren gab es dort schon 94 Einwohner die in der Ziegelei oder Mühle gearbeitet haben, aber noch kein Gasthaus. Aus dieser Not heraus wurde Mitte des 19. Jh. dort ein Gasthof erbaut der heute der Startplatz für die Mittelstreckler ist.

 Schon Mitte 1891 gab es eine Eisenbahnverbindung von Forchheim nach Ebermannstadt aber Behringersmühle wurde erst 1930 angeschlossen. 1960 wurde der Personenverkehr auf dieser Strecke und nur 8 Jahre später auch der Güterverkehr eingestellt. Die heutige Wisenttalbahn wie sie auch genannt wird dient ausschließlich dem Touristenverkehr durch das wunderschöne Wiesenttal von Forchheim bis zur Behringersmühle. Sie wird heute durch den gemeinnützigen Verein Dampfbahn Fränkische Schweiz e.v. betrieben.

 Neben der Mühle zeigt das kleine Frankenweg Schild nach links auf einen kleinen ansteigenden Pfad. Hier werde ich mir das erste Mal unsicher ob das der richtige Weg ist, denn sonst waren farbige Pfeile auf dem Boden hier nicht. Ich folge dem Pfad steil aufwärts in Richtung Burg Gößweinstein.

 Dann komme ich an einen schmalen Steig mit dem Hinweisschild Betreten auf eigene Gefahr. Nach einem kurzen Stück drehe ich um und bin jetzt total verwirrt. Ich umgehe die Burg und komme an der Martinswand in den Ort. Nun habe ich die Strecke verloren. Ich irre noch im Ort rum um den Anschluss zu finden an die richtige Laufstrecke. An einer Tankstelle frage ich nach dem Laufweg und mit dem Hinweis das Ziel ist in Obertrubach schickt man mich in die falsche Richtung. Nur 200m weiter unten im Ort wäre ich wieder auf der Laufstrecke gewesen.

 Hallo Wolfgang nicht nur der Biggesee hat seine Tücken auch für mich gilt heute DNF. Nach rund 4km in die falsche Richtung unten an der Wisent angekommen heißt es für mich zurück per Anhalter nach Streitberg zu meinem Auto. Dann fahre ich zum Ziel um dem Veranstalter mitzuteilen, dass ich leider aussteigen musste wegen Orientierungslosigkeit im Wald.

 Hier empfängt mich Herbert Peter und fragt wie mir die Strecke gefallen hat. Hier muss ich leider zugeben, dass ich nur die erste Hälfte kennengelernt habe und erzähle ihm von meinem Missgeschick. Herbert erklärt mir, dass ich auf der richtigen Strecke war und über den Steig gemusst hätte. Nun war es zu spät.

 Wer den weiteren sehr schönen Frankenlauf genießen will dem empfehle ich die Berichte meiner Kollegen Anton Lautner von 2013 und Andrea Helmuth von 2012.

 Ins Ziel kamen heute 73 Teilnehmer, auf der Mittelstrecke finishten 47 und auf der Kurzstrecke kamen 42 ins Ziel. Herbert meint, dass wohl auf Grund des schlechten Wetters diesmal keine Teilnehmersteigerung gab. Auch wenn ich nur die erste Hälfte dieser Strecke kennen gelernt habe muss ich doch sagen, dass dieser Lauf viel mehr Teilnehmer verdient, denn der Frankenweg ist zwar hart zulaufen aber wunderschön. Ich habe also noch eine Rechnung mit dieser Strecke offen. Herbert sagt „Kommst halt nächstes Jahr wieder“.

 

Marathonsieger:                                                                 Marathonsiegerinnen:

1.  Jürgen Winkler - DJK LC Vorra         3:36:12                  1.  Brigitte Knapp - TSV Neuhaus/Aisch           4:20:38

2.  Roland Klimsa - DJK LC Vorra          3:52:59                  2.  Andrea Schadewell - Team icehaus e.V.     4:25:46

3.  Siggi Grau - TSV Höchstadt/Aisch    3:55:20                  3.  Ulrike Hümmer - TSV 1860 Staffelstein       4:51:56