Schlösser der Loire mit Medoc-Marathon 2017

 

33. Marathon du Medoc 2017

05. – 10.09.2017 von Bernd Neumann - Teil 2

 Wir erhalten durch Frank schon am Abend unsere Startnummern und müssen dies natürlich auf einem Foto festhalten.

 Am Freitagmorgen ist nach dem Frühstück noch Zeit für einen Spaziergang durch den Ort und ein wenig verweilen am Strand.

 Anschließend fahren wir zur Marathonmesse nach Paulliac. Die knapp 5.000 Einwohner zählende Stadt liegt auf der Halbinsel Médoc. Paullliac ist für seine Bordeaux Weine weltberühmt. Berühmt heißt, dass drei der fünf Ersten Gewächse des Médoc die Châteaux Lafite-Rothschild, Latour und Mouton-Rothschild sich hier befinden. Diese Weine zeichnen sich durch ihren hohen Anteil der Rebsorte Cabernet Sauvignon aus was die Weine sehr lange haltbar machen. Es ist dem Weinliebhaber deshalb zu empfehlen sie erst nach fünf Jahren zu öffnen, um den höchsten Genuss zu haben.

 Hier in Paulliac findet auch „Der längste Marathon der Welt“, wie der Medoc Marathon genannt wird statt. Unser Weg führt uns durch strenge Sicherheitskontrollen auf eine große Wiese mit Sporthalle. In der Halle gibt es die Startnummernausgabe sowie wenige Stände mit Sportartikeln.

 Draußen auf der Wiese sind viele Marathonveranstalter, die sich mit ihren Marathonläufen präsentieren. Es wird auch der „Besenwagen“ den langsamen Läufern gezeigt. Ein Wagen mit vielen Besen und dem Zielschluss mit 6h30 in vier verschiedenen Sprachen. Den will ich morgen auf jeden Fall vermeiden und nicht sehen.

 Dann gehen wir in kleinen Gruppen noch in den Start- Zielbereich der parallel zum Quai Jean Fleuret verläuft. Daneben verläuft die Garonne die hier schon eine enorme Breite hat. Schräg gegenüber befindet sich das Kernkraftwerk Blayais Nuclear Power Plant.

 Heute ist Samstag und Marathontag. Unser Bus bringt uns schon sehr früh in die Nähe des Start- Zielbereichs, denn es werden heute Morgen hunderte von Bussen erwartet und so sind wir schon über 1 ½ Stunden vor dem Start da.

 Auf dem Weg zum Startbereich sieht es hier eher nach den Vorbereitungen für einen Karnevalsumzug aus als nach einem Marathonlauf. Es werden heute zum 33. Marathon du Médoc über 8.000 Teilnehmer erwartet. Der Startbereich füllt sich auch recht schnell. Das Motto für 2017 ist: „La Musique en 33 tours ” und so sind die meisten Läufer auch dem Motto entsprechend ge- bzw. verkleidet.

 Der Veranstalter nennt als die vier Grundpfeiler seines Marathons: la santé (die Gesundheit), le sport (den Sport), la convivialité (die Gastlichkeit) und la fête (das Feiern).

 Gefeiert wird hier auch schon vor dem Lauf. Auf einer Bühne, die per Kran rund 20m über dem Startbanner ist kommt fetzige Musik und die ist echt ansteckend so das schon jetzt ohne die Weinverkostung eine großartige Stimmung herrscht.

 1984 wurde der Medoc-Marathon von einer Gruppe von Läufern gegründet und hat sich schnell durch seine besondere Art der Wein-Verköstigung auf der Laufstrecke etabliert. Viele Läufer auf der Welt sagen: „Den musst du mal gelaufen sein“. Da ich schon zwei Mal beim kleinen Bruder an der Elsässer Weinstraße war, bin ich nun auch beim großen Weinlauf dabei.

 Es ist jedoch nicht einfach eine Startnummer zu bekommen da diese auf 8500 Stück limitiert sind und sich jedes Jahr über 30.000 Läufer für diese begehrten Startplätze bemühen. Rund 3.000 Startplätze werden ins Ausland vergeben. Am einfachsten kommt man über einen Lauf-Reiseveranstalter an einen Start. In Frankreich ist ein ärztliches Attest nötig, das die körperliche Gesundheit für einen Marathon bestätigt. Ohne dieses Attest ist eine Anmeldung nicht möglich. Das Einfachste ist, das der Reiseveranstalter hilft und das nötige dafür besorgt. Den Arztbesuch kann er natürlich nicht machen.

 Start ist um 9:30 Uhr und die große Kostümgruppe setzt sich langsam in Bewegung. Wir laufen ein Stück gen Norden am späteren Zieleinlauf vorbei. Am Ortsende von Paulliac ändern wir unseren Kurs gen Süden und kommen schon vor dem 1 Km-Schild am ersten Château Grand-Puy-Dugasse vorbei wo es auch die erste Degustation (Verkostung) gibt. Die Laufstrecke verläuft an 60 Châteaus vorbei, wobei an über 20 Stellen auch der rote vergärte Saft ausgeschenkt wird. Schon an den ersten Weinfeldern müssen sich einige Läufer entleeren und man sieht ihre Oberkörper zwischen den Weinreben rausragen.

 Die Laufstrecke führt weiter gen Süden durch die Orte Bouhoubrun, Bages, Dauprat nach Saint-Lambert. Hier gibt es ein petit-dejéuner (kleines Frühstück) und Life-Musik.

 Schon einen Kilometer weiter südlich bei km 5 verlassen wir die Grenze von Paullliac und der Veranstalter weißt uns darauf hin, dass hier ein sehenswerter Aussichtspunkt sei. Foto machen und weiter.

 Es geht weiter nach Süden durch die Orte Saint Julien Beychevelle nach Beychevelle. Wir haben 9km geschafft mit 4 Degustationen und einigen Musikgruppen.

 Das 12. Weingut auf der Strecke ist auch eines der berühmtesten Weingüter von Bordeaux. Das Château (Weingut) Beychevelle ist seit der Klassifikation von 1855 in die vierthöchste Stufe Grand Crue Classé eingestuft. In der Liste der Châteaus von 1855 sind heute 61 Weingüter des Médoc Gebietes. In der obersten Stufe Premiers Crus befinden sich die fünf Châteaus: Lafite-Rothschild, Latour, Mouton-Rothschild in Paulliac sowie Margaux und Haut-Brion in der Nähe von Paulliac. Auf 90 ha wird hier zu fast 1/3 die Rebsorte Cabernet-Sauvignon angebaut. Allein vom Grand Vin werden hier jährlich 300.000 Flaschen erzeugt. Heute besitzt der japanische Konzern Suntory die Aktienmehrheit.

 Die Laufstrecke führt überwiegend auf asphaltierten Straßen lang. Um aber durch manch interessante Châteaus zu laufen geht es ab von der Hauptstraße zu den Häusern. Da der Wettergott es heute nicht ganz so gut meint werden wir immer wieder von einem kalten Regenschauer erwischt. Die Wege zu den Gutshäusern sind dann echte Matschschlachten und so sehen dann auch die Schuhe und Beine der Läufer aus.

 Unsere Reise geht weiter durch Bordeaux die nächsten 5km in westliche Richtung. Es geht immer wieder an landwirtschaftlich genutzten Feldern entlang oder durch Weinfelder. Die Halbinsel Bordeaux ist eigentlich ein ganz großes Weinfeld.

 Nur einen Kilometer entfernt vom Château Beychevelle liegt ein weiteres berühmtes Weingut mit gleicher Klassifikation das Château Branaire-Ducru. Vom Château Branaire-Ducru 2017 kostet eine Flasche Wein 62,20€. Auslieferung erfolgt in 12er Kisten im Frühjahr 2020.

 Nach unserem kurzen Ausflug geht es schon wieder durch ein weiteres Château, das Saint-Pierre das auch zur Klasse der Quatrièmes Crus Classés gehört. Vor dem schönen Landhaus gibt es klassische Musik.

 Weiter geht es durch die nächsten Châteaus zum Teil mit Verköstigungen. Bis wir nach einem Drittel der Laufstrecke die Richtung gen Norden ändern.

 Wir kommen am Kilometer 13 zum Schloss Lagrange das als Grand Cru Classé in der dritten Stufe ist. Vor dem Schloss liegt ein schöner großer Teich. Seit 1983 ist es im Besitz des japanischen Getränke-Konzerns Suntory. Von den 157 ha werden jährlich rund 270.000 Flaschen vom Grand Vin erzeugt.

 Das Château Belgrave ist nach rund 800m der nächste Stopp. Das Schlösschen ist schon älter als die Weinberge und wurde als Jagdpavillon erbaut. Das Weingut gehört zur fünften Kategorie.

 Beim Km 16 gibt es schon wieder Degustation am Schloss Larose Trintaudon. Es ist mit 175 ha Weinbergen das größte Schloss-Weingut der Region. Hier begann erst 1838 die Bebauung eines Kieshügels mit Weinstöcken. Der mehrfach ausgezeichnete Wein Château Larose-Trintaudon Cru Bourgeois Haut-Médoc AOC von 2015 wird wie folgt beschrieben: Sehr typisch für das Médoc, mit reintöniger Frucht, dezenter Holznote und harmonischem Tannin-Gerüst ist er ein Muss für jeden Bordeaux-Liebhaber. Das Bukett brilliert mit Aromen von Brombeere, Kirsche, etwas Süßholz, Kaffee und Tabak. Frucht und Tannine des üppigen, reichen und fülligen Weins harmonieren vorzüglich mit einer vibrierenden Säure. Mit seinem typischen Merlot-Charakter beschert er eine unmittelbare Trinkfreude für alle Sinne.

 Auch hier gibt es eine Weinprobe. Aus großen Barriquefässern läuft der herrliche Rebensaft manchem sogar direkt in den Hals.

 Dann wieder zurück auf den Asphalt wo ich eine Gruppe mit einem überdimensionalen Zauberwürfel überhole. Es wird unterwegs viel erzählt und gelacht. Ob das wohl am roten Rebensaft liegt. Egal, die Stimmung ist auf jeden Fall sehr gut, trotz einer weiteren Regenschauer.

 In der Ferne wartet schon das nächste Château auf die verrückte Läuferschar. Wir verlassen das Weingut über einen Matschweg und sind gleich bei Km 20. Fast die Hälfte ist geschafft.

 

 Wir erreichen gleich den Ort Artigues und kurz dahinter ist Halbzeit. Die Laufstrecke ist jetzt parallel zur Paulliac aber für uns kommt noch die Nordrunde.

 Hinter Km 23 kommen wohl die ersten Ermüdungserscheinungen oder ist es der viele Alkohol, bis hierher.

 Zwischen Km 24 und 25 liegen zwei der berühmtesten Châteaus der Welt das Haus Mouton-Rothschild und das Haus Lafite-Rothschild. Sie gehören zu den Premier Crus der höchsten Weinstufe nach der Klassifikation von 1855. Ein Mouton-Rothschild Jahrgang 1949 wird heute um die 5-8 Tausend Euro gehandelt. Ein Lafite-Rothschild Jahrgang 1899 wurde im Mai 2007 für knapp 8.400 € die Flasche angeboten. Es gibt aber auch Jahrgänge vor 1875 für die fünfstellige Summen bezahlt werden.

 Der nächste Kilometer geht aufwärts und diesmal sogar mit Sonne. Wir erreichen bei km 26 Cos d’Estournel ein weiteres berühmtes Weingut. Es gehört zur zweithöchsten Klassifikation. Auf ca. 64ha werden rund 370.000 Flaschen Wein produziert.

 Am Château Lilian-Ladouys haben wir 2/3 der Strecke hinter uns. Das Château Lilian-Ladouys war einst im Besitz vom Bürgermeister Jacques de Beroyan aus Bordeaux.

 Zwischen km 34 und 35 kommen wir zum Schloss Le Boscq. Das Château aus dem 18. Jahrhundert liegt auf einem Hügel. Im dahinterliegenden Garten gibt es eine Degustation bei Life-Musik. Passend zum Ambiente strahlt auch mal wieder die Sonne.

 Die letzten 7 km geht es nach Süden. Hinter Km 35 liegt das Château Meyney mit der nächsten Weinprobe.

 Am Château Montrose bei km 37 biegen wir zur Gironde ab. Kurz vorher kommt mal wieder ein Regenguss.

 Vier Kilometer vorm Ziel gibt es eine ganz besondere Spezialität, frische Austern. Viele machen hier einen längeren Stopp trotz wiedereinsetzenden Regen. Egal das muss man unbedingt genießen. Dann kurz vorm Ziel gibt es nochmal Käse und ein Stück weiter Eis und kurz danach kommt das Ziel in Sicht.

 Beim Zieleinlauf strahlt die Sonne als wäre es immer so gewesen. Die Shirts werden jetzt schnell trocken. Am roten Teppich werden viele Läufer erwartet und mit lautem Gesang geht es unter den schönen farbigen Ballons ins Ziel.

 Hinterm Zielbereich erhält jeder seine Medaille in Form einer Gitarre. Dann werden wir gescannt und nur wer unter 6:30 geblieben ist erhält auch die Sachpreise von einer Sporttasche und einer Flasche Wein im Holzkarton. Die Franzosen schicken die langsameren aus dem Zelt. Dann können wir uns alle wiedersehen und im Zelt ausgiebig Essen und Trinken.

 Ins Ziel kamen heute 7.912 Teilnehmer. Der langsamste Läufer in der Liste kam mit 7:03:53 ins Ziel bzw. die Ergebnisliste. 5.606 der Finisher blieben Brutto unter 6:30. Meine Zeiten sind Brutto 6:37:42 und netto 6:31:48.

Marathonsieger:

  1. Thierry Guibault           Chateau Brane Cantenac                     2:27:06
  2. Thomas Benichou        Chateau Brane Cantenac                     2:33:11
  3. Nicolas Baudry             Chateau Brane Cantenac                     2:35:20

Marathonsiegerinnen:

  1. Noemie Claesssens     Chateau de Villegeorge                        2:55:57
  2. Nathalie Vasseur          Lepape                                                 2:58:32
  3. Sandra Gouault            Chateau Villegeorge                            3:02:30

 Meine Ausbeute beim heutigen Medoc Marathon 2017:

Am Abend sind wir noch zum Austern-Essen ins große Festzelt und anschließend gab es noch auf einer großen Bühne eine Show mit Life-Musik.

 Heute am Sonntag ist Abfahrt von Lacanau um 9 Uhr. Es geht jedoch noch nicht direkt nach Hause, sondern wir haben noch einen Besichtigungspunkt auf unserer Reiseliste.

 Wir fahren mit dem Bus quer durch das Weinanbaugebiet Bordeaux in den kleinen Ort Ordonnac, ca. 10km nördlich von Paulliac.

 Wir besuchen das Château de la Croix. Ein Weingut das schon in der fünften Generation in der Familie ist. In einer Halle hat Claude der Neffe des Besitzers für uns die unterschiedlichen Trauben aufgebaut und erklärt uns die Unterschiede.

 Die Weine vom Château de la Croix werden zu 50% aus der Cabernet Sauvignon, zu 45 % Merlot, zu 4% aus Cabernet Franc und zu 1% aus Petit Verdot. Die Cabernet Sauvignon Traube ist neben der Merlot Traube die weltweit bekannteste Traube aus dem Weinanbaugebiet Bordeaux. Sie steht für ein wundervoll fruchtiges Aroma und wird meist für Cuvées verarbeitet. Die Merlot Traube gilt als eine der beliebtesten Rotweinsorten der Welt und ist auch ideal für Cuvées. Als Beimischung nimmt man hier die Cabernet Franc die wegen ihrer genügsamen klimatischen Anforderung ideal für den Rotweinanbau geeignet ist. Die Petit Verdot kommt nur zu einem Prozent in die Weine von Croix. Sie ist eine sehr spät reifende Rotweinsorte. Sie ergibt einen taninnreichen und säurehaltigen Geschmack.

 Nach dieser Einführung in die vier verschiedenen Weintraubensorten gehen wir gemeinsam in die Weinberge die direkt am Château liegen. Hier erklärt uns Claude warum das Weingut Croix (Kreuz) heißt und wir sehen die großen Anbauflächen. 1870 hat alles mit nur 3ha begonnen die im Laufe von 50 Jahren verdoppelt wurden. Heute sind es 31 ha Rebfläche die bewirtschaftet werden.

 Nach unserem Rundgang durch die Rebfelder geht es in die Hallen wo die großen Edelstahltanks stehen, in denen die Gärung stattfindet.

 Wir gehen aber auch in die Keller wo der Wein in Barriquefässern ausgebaut wird. Dieser Prozess kann einige Jahre dauern, bis der Kellermeister den richtigen Geschmack hat. Oft werden auch alte und neue Fässer zum Ausbau benutzt, um nicht das Holz beim Geschmack zu sehr in den Vordergrund zu stellen.

 Nach so viel Theorie bekommt man auch Hunger und Neugierde wie diese Weine wohl schmecken. Das muss jedoch noch warten denn auf dem Hof gibt es jetzt Weinproben mit Aperitif-Zusätzen und schon mal leckere Appetizer.

 Dann geht es in die Halle wo wir neben den Stahlgärtanks auch noch mit leckerem Essen und Wein verköstigt werden.

 Leider haben wir nicht genügend Zeit, um das ganz tolle Mahl und die Weine ausgiebig zu genießen, denn es steht noch eine 16-stündige Heimfahrt auf dem Programm und das alles im Bus durch die Nacht.

 Damit wir nicht zurück über Bordeaux fahren müssen, um das breite Mündungsdelta der Gironde zu umfahren, geht es gen Norden nach Le-Verdon-sur-Mer. Hier überqueren wir die Gironde nach Royan.

 Es geht durch die Nacht über die französischen Autobahnen und am nächsten Morgen erreichen wir den Rastplatz Kassel. Hier werde ich abgeholt und es heißt zu Hause viel Schlaf aus der letzten Busnacht nachholen.

 Eine sehr schöne aber auch anstrengende Reise mit vielen neuen Eindrücken und dem Medoc-Marathon im Gepäck werden noch sehr lange nachwirken. Das größte zusammenhängende Weinanbaugebiet Bordeaux ist immer eine Reise wert und für den Liebhaber von Rotweinen ein Muss. Hier werden in ca. 3.000 Châteaus weltberühmte Weine erzeugt.

 Au revoir Bordeaux und au revoir Frankreich.

Ende