22. Int. Bad Pyrmont Marathon 2010

Auf und Ab durch den Pyrmonter Forst

31.07.2010 von Bernd Neumann

 Bad Pyrmont liegt im Weserbergland und ist ein niedersächsisches Staatsbad von internationalem Rang. Wer hier herkommt will hier kuren und sich vor allem erholen. So ist auch die Aussage der Pyrmonter zu verstehen: Bad Pyrmont bietet Ihnen verschiedene attraktive Möglichkeiten, um sich zu entspannen oder einfach nur einmal Zeit für sich selbst zu nehmen, um dem Alltag zu entfliehen und sich ausgiebig zu erholen. Erstklassige Therapieeinrichtungen und eine hohe medizinische Kompetenz sorgen für einen angenehmen und erfolgreichen Kur- oder Wellnessaufenthalt. Heute aber kommen viele Tagesbesucher um in erster Linie ihren Körper zu stählen auf einem der vielen Laufstrecken im bergigen Weserland rund um das Staatsbad.

 Die Laufgruppe des MTV Bad Pyrmont von 1861 e.V. unter der Führung von Bernd Mecke haben eingeladen zum 22. Int. Bad Pyrmont Marathon mit Halbmarathon, 10km, 5km, 10km Walking und Bambinilauf. Dieser Einladung sind auch heute wieder viele LäuferInnen gefolgt, wie schon vor Jahrhunderten die Menschen aus ganz Europa hier her pilgerten um durch die berühmten Quellen Heilung zu finden. In diesem Jahr hielten sich die Voranmeldungen jedoch in Grenzen, vielleicht wegen der tropischen Hitze der letzten Wochen, denn dieser Lauf gehört nicht zu den leichten Marathons. Erstaunlich sind aber die vielen Holländer die vorab gemeldet haben. Bad Pyrmont liegt an der deutsch-niederländischen Ferienstraße der Oranier-Route. Diese Ferienstraße ist 2.400 km lang und führt durch Städte und Regionen, die dem Haus Oranien-Nassau seit Jahrhunderten verbunden sind.

 Schon die Römer und Germanen kannten und nutzten die Pyrmonter Heilquellen was Funde belegen aus den letzten Jahrzehnten v. Chr. bis weit ins 4. Jahrhundert hinein. Bekannt wurde Pyrmont in den Jahren 1556/57, als 10.000 Menschen aus ganz Europa herbeikamen ("großes Wundergeläuf"), um Heilung zu finden und die wundertätige Quelle zu erleben.

 Sehenswert ist der schöne Kurpark mit dem Palmengarten, der die größte Palmenfreianlage nördlich der Alpen ist. Wer schon mal in der Stadt ist sollte sich auch noch andere historische Gebäude ansehen, wie z.B.: Die Hünenburg (9. oder Anfang des 10.Jh.) von dem noch Reste eines Wohnturmes, umgeben von Gräben und Wallanlagen auf dem Westgrat des Königsberges zu sehen sind. Die Schellenburg (um 1184) wurde erbaut zum Schutz des Emmertales von Philipp von Heinsberg des Erzbischofes von Köln. Der Schellenturm auf dem Schellenberg wurde 1824 aus Resten der Burg erbaut. Die Festung von 1526, das Schloss Pyrmont erbaut im Stil des barocken Klassizismus (1706-1710).

 Während das Wetter in den letzten beiden Wochen kaum mal die 20 Grad überschritt wurde für heute Sonnenschein und 27 Grad vorausgesagt. Bei meiner Fahrt nach Bad Pyrmont zeigte das Thermometer schon am Vormittag auf 24 Grad. Da der größte Teil der Laufstrecke jedoch im Waldschatten liegt sollte dieser Lauf wohl nicht vergleichbar mit meinen Marathons Anfang Juli bei über 35 Grad mit nur Sonne in den österreichischen Alpen sein.

 Parkplatz suchen ist heute einfach, denn es gibt Hinweisschilder auf einen großen Parkplatz am Sportzentrum wo auch nach dem Lauf die Duschen sind. Hier sind schon viele Autos mit Aufklebern aus allen möglichen Sportvereinen und man brauch nur den Läufern zu folgen über die breite Schlossstraße mit den Wasserspielen um zum Konzerthaus zu gelangen. Das historische Gebäude befindet sich nur 100m neben Start und Ziel. Hier im Foyer gibt es die Startunterlagen.

 Da ich noch etwas Zeit hatte begab ich mich auf den historischen Brunnenplatz neben dem sich unser heutiger Start- und Zielplatz befindet. Das mit schönste Bauwerk ist der „Hylligen Born“ einem Brunnentempel und Wandelhalle. Um den Brunnenplatz stehen auch die sehenswerten Gebäude wie der Fürstenhof von 1777, Haus Uslar und Haus Ockel (Mitte bis Ende 18. Jhrt.) sowie der Augenbrunnen mit dem Standbild der Heiligen Odilie ((Beschützerin des Augenlichts). Wen diese Einzelheiten nicht interessieren sollte sich einfach an den wunderschönen Gebäuden und Palmen erfreuen.

 Der Start für den Marathon erfolgt heute um 13 Uhr, einer sehr ungewöhnlichen Zeit für Ende Juli, aber man will somit vielen Startern eine Anreise am gleichen Tag ermöglichen. In den Ergebnislisten finden sich auch Läufer aus dem Ausland wie z.B. USA, Belgien, Japan und den Niederlanden.

 Auf dem mittleren Teil der Hauptallee versammeln sich die LäuferInnen für den ersten Start um 13 Uhr. Es sind die Marathonis und die 10km Walker bzw. Nordic-Walker. Viele nutzen noch einmal den Schatten der großen Alleebäume bevor es los geht. Um 13:20 Uhr startet der 5km Jedermannlauf. Die Halben starten heute erst 1:50 Stunden nach uns und die 10km nochmal 30 Minuten später.

 Während ich meine Bilder von den vielen Teilnehmern knipse treffe ich Bernd aus Mönchengladbach wieder. Wir sind beide beim Montafon-Aarlberg Marathon gestartet.

 Bernd Mecke der Orgaleiter hält noch eine Ansprache und stellt fest, dass heute ohne Startpistole gestartet werden muss, denn nach dem neuen Waffengesetz gibt es keine Patronen mehr zu kaufen. Aber es geht auch so und die Gruppe zählt runter von 10 auf Null. Da wir eine Startmatte haben zählt die Zeit sowieso erst ab betreten der Matte.

 Die Marathonstrecke hat lt. Veranstalter ca. 690 Höhenmeter, welche recht gleichmäßig aufgeteilt sind. Gestartet wird bei 105 m. Der höchste Punkt der Strecke liegt bei 350 m. Einige Streckenabschnitte werden 2 mal gelaufen. Die Strecke führt über Gras-, Park-, Asphalt- und befestigte Waldwege durch das herrliche Weserbergland. Unser Zeitlimit beträgt 5:30 Stunden was angesichts des Streckenprofils, das wie ein Gebirge aussieht, wohl angebracht ist.

 Es ist 13 Uhr und los geht es bergauf über die Hauptallee zum „Hylligen Born“, vor dem wir abbiegen und schon nach weiteren 800 Metern haben wir den Ort verlassen. Jetzt bei km 1 sind wir zwischen Kornfeldern unterwegs zum naheliegenden Wald. Es geht weiter bergauf über eine Serpentine und wir tauchen in den Naturpark Weserbergland Schaumburg-Hameln ein.

 Die Km-Angaben sind heute alle 5 Kilometer, nur die letzten 10 werden einzeln angezeigt. Kurz vor Km 5 wo der Philosophenweg auf die Bombergstrasse stößt ist die 1. Verpflegungsstation und bietet alles was der Läufer braucht, vor allem Wasser. Kurz danach geht es auf eine bergauf führende Asphaltstraße vorbei an der Kurklinik „Am Bomberg“.

 Jetzt kommt eine große Nordschleife von 3 km Länge. Während ich die Nordschleife beginne kommt mir schon der spätere Sieger Tim Wortmann aus der Schleife entgegen, für ihn schon bei km 9,2. Diese Schleife laufen wir später nochmal von km 20 – 23. In dieser Schleife sind zwei Bergstück drin. Nach einem kurzen Parallelstück kreuzen wir den Schlangenweg. Es geht über den Fürstenweg in eine Westschleife bis zum Km 16.

 Nach der nächsten Verpflegungsstelle geht es über Terhardshöhe und Philosophenweg zurück zur Bombergstrasse. Immer wieder gibt es einen herrlichen Ausblick auf Bad Pyrmont und das dahinter liegende Emmertal.

 Kurz vor der nächsten Steigung kommen jetzt die Halbmarathonläufer auf unsere Strecke die hier erst 3 km gelaufen sind während wir bei km 19 sind. Es folgt die nächste VP-Station die wir schon bei km 5 besucht haben. Zum 2. Mal geht es in die Nordschleife. Die Halben verlassen kurz unsere Strecke. Jetzt kommt wieder der lange Anstieg bevor es nochmal links ab geht und dann leicht bergab verläuft.

 Nach dem nächsten VP-Punkt geht es diesmal spitzwinkelig nach Norden. Es folgt ein längerer Anstieg. Kurze Erholung zum Spelunkenturm zwischen km 24 und 25. Der Spelunkenturm ist ein 25m hoher Aussichtsturm in Stahlfachwerkkonstruktion, der hier schon 1896 errichtet wurde.

 Es folgt ein weiterer Anstieg zum Bomberg auf 690m Höhe. Dies ist nur der zweithöchste Punkt. Kurz danach bei km 25 verlassen die Halben die gemeinsame Strecke und während die in die Westschleife einbiegen müssen vor zuvor noch in eine große Nordschleife laufen.

 Über den Burgwaldhof geht es vorbei an der Sennhütte ein wenig talwärts. Jetzt geht es in die große 7 km lange Schleife. Wir kommen an den höchsten Punkt der Strecke bei Malchens Ruh. Kurz danach hinter km 27 geht es steil bergab ein längeres Stück und was dann folgen muss ein Stück bergauf.

 Kurz vor km 30 kommt eine weitere VP-Station. Hier komme ich ins Gespräch mit einem Mitläufer der mich warnt es kommt noch ein heftiger Anstieg auf dem nächsten Kilometer. Und so ist es dann auch der zwar kurz aber sehr heftig ist und richtig weh tut. Nach diesem Stück hinter dem Ende der Schleife nehmen wir die letzten 10km in Angriff. Ab jetzt gibt es Schilder „Nur noch 10km“. Es geht westwärts und nochmal über die Fürstenhofschleife vorbei am Landhaus Stukenbrock zurück zur Bombergstrasse. Hier steht auch der letzte der auch gleich der erste VP war.

 Nun geht es auf direktem Weg zurück zur Stadt. Hier im Park merke ich erst wie warm es hier unten in der Stadt ist. Die Bäume im Wald haben uns hier doch vor der direkten Sonne geschützt. Über die Hylligen Born Allee kommen wir nochmal am „Hylligen Born“ mit Wandelhalle vorbei und biegen auf die Hauptallee ab.

 Während wir unterwegs nur ab und zu Spaziergänger bzw. Wanderern begegnet sind, sind jetzt die Cafés kurz vorm Ziel besetzt und spenden den Läufern Applaus. Wir sind auf der Hauptallee und durchlaufen die herrlichen Häuserzeilen ins Ziel.

 Ich habe es geschafft und bin noch locker im Zeitlimit geblieben was ich mir schwerer vorgestellt hatte, denn 2 Marathons mit nur 2 Ruhetagen ist für mich schon hart. Heute habe ich eine neue schöne Strecke im Naturpark Weserbergland Schaumburg-Hameln kennen gelernt. Diese doch sehr profilierte Strecke ist wie schon der Veranstalter sagt nicht unbedingt für den Marathoneinsteiger zu empfehlen, denn die vielen aufs und abs machen einen schön mürbe und müde. Jedoch das Streckenprofil im Internet sieht brutaler aus als die Strecke wirklich ist.

 Meine Urkunde mit der Bruttozeit erhalte ich kurz hinterm Ziel, von einer kleinen jungen Dame ausgedruckt die hier am Laptop sitzt. Eine Urkunde mit der Nettozeit und dem Finisher-Foto kann ich mir am Dienstag per Internet ausdrucken. Eine schöne und gute Veranstaltung geht zu Ende. Es läuft schon die After-Run Pasta-Party die hier traditionell nach dem Lauf stattfindet.

 Wer jetzt noch Zeit und Lust hat kann sich kostenlos massieren lassen oder bei freiem Eintritt den Kurpark oder eine Ausstellung besuchen, oder im Erlebnisbad oder der Hufelandtherme seine müden Muskeln durchwärmen und entspannen.

 Im Gespräch danach mit dem Orgaleiter Bernd Mecke musste ich ihm und seinem Team ein Kompliment machen, denn es war „Eine Veranstaltung von Sportlern für Sportler“. Die Strecke war vorbildlich abgekreidet, ein Verlaufen war unmöglich. Alle Helfer egal ob auf der Strecke oder am Start und Ziel waren immer bestens gelaunt und hilfreich wenn nötig. Ein großes DANKE an die Laufgruppe vom MTV Bad Pyrmont von 1861 e.V.. Nach dem Ziel plauderte ich noch mit Wolfgang Schwabe und dem „Altkanzler“ Heinz Helmut Kohl, die in Sachen Marathon und Ultra in der Scene keine Unbekannten sind. Wolfgang Schwabe hat schon am Brunnenlauf teilgenommen als es noch keinen Marathon gab.

 Auf den verschiedenen Laufstrecken kamen ins Ziel: 141 Marathon (in 2009 152 Männer und 23 Frauen), 354 Halbmarathon, 262 10 km Lauf, 107 5 km Lauf und 48 beim 10 km Walking.

 Die Dame (Ludmilla Muzufarova aus Usbekistan) die als erstes durch die „Ohren“ (Zeitnahme) lief kam als letzte ins Ziel (5:48:53,2). Der erste Mann am Start, mit der Startnummer 405, steht nicht in der Ergebnisliste, ist vermutlich ausgestiegen!

Marathonsieger:

Männer

1. Timo Wortmann                    Bielefeld                      2:49:33,7

2. Jörn Hesse                           Dellingser SC              2:58:07,2

3. Andre Rother                        LAV Alfeld                   3:07:54,1

Frauen

1. Britta Giesen                        TH Eilbeck                   3:40:06,2

2. Friedhild Blumtritt-Stöhr       ÖAV Asics Tübingen    3:49:58,6

3. Anke Rohwer                       Ostroher SC                 3:53:32,7

 

Sieger HM Männer: Andreas Kramer, TSV Barsinghausen 1:18:30 - Siegerin HM Frauen: Denise Dahlhoff, South Jersey Athletic 1:28:42