Normandie Bretagne Reise FRA

mit 18. Mont Saint-Michel Marathon 2015

31. Mai 2015 von Bernd Neumann 1. Teil

 Nun ist es endlich soweit und die Reise in die Bretagne an den Rand zur Normandie kann beginnen. Schon seit 2009 möchte ich gern in der Bucht von Saint Malo den Marathon laufen. Eine sehr außergewöhnliche Strecke an eine der schönsten Küsten Europas.

 Auf der Veranstalterseite steht: Zwischen der Bretagne und der Normandie empfängt der Marathon in der Bucht des Mont Saint Michel 5000 Läufer, die aus Frankreich, aber auch aus vielen anderen europäischen Ländern kommen. Mehr als 30 Nationen sind hier repräsentiert, um in einem außergewöhnlichem Rahmen ein einmaliges Ereignis zu erleben; nämlich den Marathon der Bucht des Mont Saint Michel zwischen Cancale in der Bretagne und dem Mont Saint-Michel in der Normandie, der in der Weltliste humanitärer Bauten eingeschrieben ist.

 Da es von zu Hause aus rund 1.000km sind fahren wir schon am Freitag los und kommen nach 14 Stunden über Belgien gegen Abend an unserem Quartier in Crollon an. Die Herberge liegt abseits jeden Hauses in Mitten der grünen Landschaft. Sogar das Navi endet schon einige Hundert Meter vor dem Haus. Es ist aber schon zu sehen und so finden wir die absolut ruhige Herberge. Hier werden wir ganz herzlich von der Inhaberin Madame Nadine Hergault empfangen. Es geht die Treppe hoch zu unserem Zimmer, das im Dachgeschoss liegt.

 Nachdem wir unser Zimmer bezogen haben müssen wir unbedingt nochmal zum Mont Saint Michel fahren, der rund 15km entfernt liegt. Heute am Abend ist es aber trübe und so gelingen noch keine schönen Fotos, aber erst Mal festgehalten ist er zum Auftakt der Reise.

 Nach unserem französischen Frühstück, Milchkaffee mit Baguette und Brioche mit verschiedenen selbstgemachten Marmeladen fuhren wir von Crollon aus über die Küstenstraße der Baie (Bucht) du Mont St.-Michel nach Cancale. Hierbei kommen wir durch Pontorson, Le Vivier-sur-Mer und Saint-Benoit-des-Ondes. An manchen Stellen konnte man schon sehen, dass hier der morgige Marathon entlang geht.

Am Ortsbeginn von Cancale fahren wir in Richtung Port runter. Schon von oben können wir das schöne Fischerörtchen unterhalb der Felsen am Ende der Bucht sehen. Der Ort Cancale teilt sich in Oberstadt mit Kirche, Markt und Geschäften und die Unterstadt mit dem Hafen und vielen Hotels und Restaurants. Auch vom Hafen aus kann man den Mont Saint-Michel sehen, wenn auch heute nicht sehr klar.

 Wir machen bei herrlichstem Sonnenschein einen Spaziergang entlang der langen Hafenpromenade wo ein Restaurant nach dem anderen ist. Durch das milde Klima ist hier auch viel Betrieb.

 Der Ort der früher ein Piratennest war, ist heute die „Austernhauptstadt“ der Bretagne. In der Gezeitenzone neben dem Hafen werden die seltene Europäische Auster und die Pazifische Felsenauster gezüchtet.

 Heute kann man hier den Austernfischern bei der Arbeit zusehen und natürlich auch direkt neben den Austernkörben frisch genießen. Für nur 6€ gibt es 12 frisch geöffnete Austern. Viele Touristen laben sich hier, wobei die Schalten einfach die Hafenmauer runter geschmissen werden.

 Dann fahren wir weiter oberhalb von Cancale die Küste entlang über die D201. Kurz vorm Pointe du Grouin macht die Straße eine Schleife und führt uns weiter an der Küste entlang. Hier biegen wir von der Hauptstraße über einen Pfad nach rechts von der Straße ab und kommen so an einen kleinen sandigen Parkplatz. Über einen kleinen Weg kommen wir an eine einsame Bucht mit Sandstrand. Nur ein Taucher und ein paar Touristen haben sich hierher verirrt. Bei einem Spaziergang ein Stück oberhalb der Bucht am Pointe de la Mouliere haben wir einen ganz tollen Blick über die Bucht und das Meer. Dieser Küstenstreifen hier im Norden der Bretagne wird auch die Smaragd-Küste (Côte d’Émeraude) genannt.

 Anschließend fuhren wir weiter durch das Naturreservat entlang der Küste bis zu einem weiteren Wanderparkplatz. Hier haben wir einen herrlichen Blick auf die vorgelagerte Insel Ile de du Guesclin mit dem Fort du Guesclin.

 Bei Ebbe kann man sogar trockenen Fußes rüber zur Insel gehen. Das Gebäude befindet sich in Privatbesitz. Nach einer Pause fahren wir weiter über die D201 die immer wieder herrliche Blicke auf die Küste und die vielen wunderschönen Sandbuchten freigibt.

 Dann geht es weiter über die Küstenstraße um die Halbinsel nach Saint Malo. Hier in Saint Malo gibt es auch die Startunterlagen für den morgigen Marathon. Wie wir in die Nähe des Hafens an die Duguay-Trouin-Hallen kommen sehen wir viele Läufer die heute schon beim Mauerlauf um die Festung Saint Malo teilgenommen haben.

 In den Hallen geht es wie immer erst an vielen Ständen vorbei über Laufutensilien. Dann kommen viele andere Marathonveranstalter die hier für ihre Veranstaltung werben und ganz hinten in den Hallen gibt es die Unterlagen. Eine Tüte mit Lauf-Shirt, Wasser und Reklame gibt es für jeden Marathonstarter. Dann sehe ich mir nochmal die Karte über die Laufstrecke an. Hier sind zwei Punkte markiert. Der erste Punkt ist beim Halbmarathon wo eine Zwischenzeit von 2:45 vorgeben ist. Der zweite und viel wichtigere Punkt liegt kurz vor km 33 wo man spätestens nach 4 Stunden durch sein muss, sonst wird man aus dem Rennen genommen. Den zweiten Punkt den finde ich von der Zeit her schon sehr krass. Mal sehen wie das so morgen wird.

 Anschließend gehen wir gegenüber in die Altstadt. Durch riesige hohe Mauern ist der Altstadtkern umringt. Durch das Tor Porte St-Vincent betreten wir den Place Chateaubriant. Hier steht auch das Haus der Familie Chateaubriant. Diese wurde im 18. Jahrhundert berühmt als Sklavenhändler und Korsaren was ihnen ein riesiges Vermögen einbrachte.

 Die Altstadt ist ein Besuchermagnet. Allein innerhalb der Mauern gibt es 83 historische Gebäude. Nachdem wir durch einige Gassen gegangen sind zog es uns hoch auf die Stadtmauer. Hier gibt es einen fast kompletten Rundweg um die Stadt. Wir laufen von Turm zu Turm mit einem schönen Blick raus aufs Meer. Der Stadt vorgelagert sind hier noch die Inseln Grand Bé und Petit Bé mit ihren Forts.

 Die Stadt ist aus der ehemaligen römisch-gallischen Siedlung Aleth entstanden. Im 6. Jahrhundert kam der walisische Mönch Machutus hierher und begann die Menschen zu missionieren. Aus seinem Namen wurde dann Maclou, Maclovius und später entstand daraus Malo. Im 12. Jh. drängten die Normannen immer weiter nach Süden und so begann man mit dem Bau dieser mächtigen Wehranlage. Im 16. Jh. erlangte die Stadt durch Fischfang und Handel ihre Blütezeit. Ihr Name wurde auch gefürchtet, denn hier war ein Piratennest. Der wilde Korsar Robert Surcouf wurde vor allem von den holländischen und englischen Schiffen gefürchtet.

 Von der Stadtmauer aus gibt es den herrlichen Blick auf die Strände und die dahinter liegenden Inseln. der Blick auf die andere Seite der Mauer zeigt einem die vielen engen Gassen. Man kann kaum glauben das 85% der Häuser 1944 zerstört wurden und später in ihrem heutigen Zustand wieder aufgebaut wurden.

 Hier in der Bucht von Saint Malo gibt es zwischen Niedrigwasser und Hochwasser den größten Gezeitenunterschied von bis zu 12m. Deshalb kann ,am bei Ebbe über den Sand zu den Inseln Grand Bé und Petit Bé laufen.

Sonntag, 31. Mai Marathontag: Heute heißt es früh aufstehen, denn der Bus nach Cancale zum Start fährt schon zwischen 6 und 6:45 Uhr am Parkplatz bei Mont Saint-Michel ab. Roswitha bringt mich mit dem Auto zum Bus und fährt dann nochmal ins Quartier. Unser Bus fährt so gegen 6:45 Uhr erst ab. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nicht schon um kurz nach 6 Uhr dort gewesen. Dann geht es über Pontorson und Dol-de Bretagne nach Cancale. Schon weit vor dem Ort staut sich Auto auf Auto. Es geht sehr langsam voran in den Ort.

 Oberhalb vom Hafen werden wir rausgelassen und gehen zu Fuß runter an die Hafenpromenade. Der leichte Nieselregen nimmt leider zu und so suchen sich die vielen Läufer einen Schutz an den vielen Hauseingängen oder unter Markisen. Vom Blick zum Ziel zum Mont St.-Michel ist im Regendunst leider nichts zu sehen.

 Es ist kurz vor 8:30 Uhr und die Schlangen an den Toiletten nehmen nicht ab. Dann müssen sich doch alle einreihen zwischen die Gitter und pünktlich gibt es den Startschuss.

 Hier hinten wo ich stehe tut sich noch nichts. Nach ein paar Minuten gehen wir ganz langsam in Richtung Startbogen und nach knapp 5 Minuten überquere ich die Zeitschwelle. Nun laufen wir erst an der Hafenpromenade (Chemin de la Corniche) entlang. Nach rund 500m geht es aufwärts, denn wir müssen nun 1km in Serpentinen nach oben um auf die Straße (D76) nach La Haute Ville zu kommen. Der Regen hat ein Nachsehen mit uns und macht Pause.

 Beim Km 2 sind wir oben und es geht wellig über die Landstraße. Hier bin ich fast letzter Läufer und komme mit einem Franzosen ins Gespräch. Er fragt ob ich es in 5 ½ Stunden schaffen werde, denn die Zwischenzeiten sind eng gesteckt und man werde aus dem Rennen genommen. Beim Semi-Marathon 2 ¾ Stunden und kurz vorm Km 33 nach 4 Stunden. Nach meinen Berechnungen hieß dies 7 ½ Minuten pro km bzw. 8 km/h.

 Wir folgen der Bel Air und kommen am Chateau de Beauregard vorbei. Überall an den Einfahrten stehen Anwohner und applaudieren uns zu. Beim KM-Schild 4 schaue ich über die Brüstung und sehe die Läuferschar unter mir durch laufen. Kurz danach biegen wir rechts ab und nun geht es runter in Richtung Küste.

 Kurz hinterm Km 5 gibt es an beiden Straßenseiten die erste Versorgung. Wir laufen nun die D155 die Küstenstraße entlang.

 Beim km 6 sitzt vor einem Restaurant am Straßenrand ein älteres Pärchen die uns musikalisch begrüßen. Er mit einer Drehleier elektronisch verstärkt und sie mit Tamburin. Sie spielen Volksweisen aus der Region begleitet von der Piratenflagge und natürlich der bretonischen Flagge.

 Wir folgen der Küstenstraße nach St. Benoit des Ondes. Vor dem Ort werden die Läufer von zwei großen (Menschen)Hunden beklatscht. Vor mir walkt ein großer stämmiger Mann mit einem Shirt mit 100 Meilen auf dem Rücken. Ich bin erstaunt über sein Tempo, denn mein Garmin zeigt mir 8,3 km/h.

 Hier im Ort sind viele Menschen am Straßenrand und applaudieren uns zu. Vor der Mairie (Gemeindeverwaltung) steht eine Kapelle die Musik macht bis auch der letzte Läufer vorbei ist.

 In Vilde la Marine beim Km 9 laufe ich zu drei Walkerinnen auf. Sie walken strammen Schrittes mit starkem Armreinsatz gen Ziel. Mein Garmin zeigt hier 8,4 km/h. Alle Achtung, ob die das durchhalten und in der Sollzeit bleiben.

 Einen knappen Kilometer weiter liegt eine Zeitschwelle über die Straße wo unsere 10km Zwischenzeit genommen wird. Daneben stehen Kameras die uns aufzeichnen. Meine Durchlaufzeit ist 1:12:04 was auf eine Endzeit von 5:04 weißt (8,33 km/h). Hier liege ich noch weit über der Sollzeit von 5:30.

 Beim km 12 durchlaufen wir Hirel. Kurz danach schaue ich nach links vorn und entdecke im Dunst in ganz, ganz weiter Ferne unser Ziel den Mont St.-Michel.

 Das erste Drittel der Strecke haben wir bei le Vivier-sur-Mer geschafft. Vor der Mairie  werden wir von ganz tollen Klängen begleitet. Eine Gruppe spielt hier auf dem Akkordeon alte bretonische Volksmusik.

 Am Ortsende hinterm Km-Schild 15 biegen wir links ab zu den Hallen der Austernfischer. Wir umlaufen die Hallen und haben so einen Kilometer extra gelaufen. Danach geht es weiter über die Küstenstraße durch La Larronniere.

 Bei Km 18,5 geht es ab von der Küstenstraße auf einen Küstenweg, dem Salinenweg. Auf sehr rauem asphaltiertem Untergrund geht es vorbei an ehemaligen Windmühlen nach Cherrueix. Nun fängt es wieder an zu regnen und es kommt noch starker Wind von vorn.

 Am Ortseingang von Cherrueix geht es durch ein großes Werbetor. Km 20 ist vollendet, was wieder durch eine Zeitschwelle dokumentiert wird. Im Ort gibt es eine Streckenteilung. Die Relais Duo nach rechts, die Marathonis nach links um die Kirche. Die Musikkapelle vor der Kirche steht in ihren Regencapes und macht Pause oder haben sie vor dem Regen kapituliert.

 Hinter der Kirche gibt es wieder Versorgung. Am Ortsende biegen wir rechts ab und laufen eine Schleife wo sich der Halbmarathonpunkt befindet. Wieder eine Zeitschwelle mit Uhr und Kameras. Meine Bruttozeit ist 2:42, meine Nettozeit ist 2:36:58 (Endzeit hochgerechnet 5:15, 8,04 km/h), alles ok., weiter geht’s.

 Beim km 22 sind wir wieder an der Küste, der wir weitere knapp 2km folgen. Dann biegen wir ab auf einen Feldweg. Der Untergrund ist durch den Regen schlammig und die Schuhe werden nun farbig-grau, aber es regnet nicht mehr nur der Wind ist noch da.

 Über asphaltierte Wirtschaftswege geht es jetzt in Schleifen durch die Felder. Dann kommt die Zeitschwelle bei km 30. Mein Garmin zeigt mir 3:50:54. Jetzt ist es mit der Zeit zu km 33 in 4 Stunden nicht nur eng, sondern das ist nicht zu schaffen (30km = 3:50:54 = 5:25 Endzeit 7,7 km/h). Kurz hinter Km 32 habe ich die 4 Stundengrenze erreicht. Nach meiner Zeitrechnung ist es jedoch trotzdem in 5 ½ Stunden zu schaffen, also weiter.

 Im Ort Les Quattre Salines kurz vorm Km 33 will ich links abbiegen auf der Strecke, da werden Gitter über die Straße geschoben. Wie ich vorbei will ruft man mir zu Finish. Weil ich nicht reagiere will mir ein Ordner die Startnummer abreißen. Ich halte sie mit beiden Händen fest und spurte ihm davon. Er schreit mir noch was nach, aber das interessiert mich nicht. Ich will im Ziel vorm Mont St.-Michel finishen und nicht hier aus dem Rennen genommen werden. Nach meiner Zeitrechnung kann ich es noch schaffen. Den 33. Kilometer renne ich in 6 1/2 Minuten.

 Kurz vorm Kilometerschild 34 atme ich erst Mal durch und gehe wieder ein Stück um mich vom Spurt zu erholen. Von den Ordnern ist nichts mehr zu sehen und es ist mir auch keiner nachgekommen. Vorsichtshalber klappe ich meine Startnummer zusammen, dass sie nicht mehr sichtbar ist. Auch diesen Kilometer laufe ich noch um 7 ½ Minuten, denn sicher ist sicher. Dann komme ich wieder in meinen Rhythmus von 8 Minuten pro Kilometer.

 Es fängt wieder an zu regnen verbunden mit starkem Gegenwind. Weiter geht’s über schmale Asphaltstraßen. Der Franzose von kurz hinterm Start war ein Stück vor mir durch die Zeitschranke und man hat ihm die Startnummer abgenommen. An seinem Trikot hingen nur noch die leeren Nadeln mit Papierresten. Wie er meine Startnummer sieht ist er ganz erstaunt und ich zeige ihm wie ich sie vor den Ordnern geschützt habe.

 Nun muss ich jedoch die letzten 8km in je 8 Min. pro Kilometer schaffen um im Zeitziel zu bleiben. Jetzt beginnt der Kampf gegen die Zeit, den Regen und den Wind.

 Beim km 35 gibt es Wasser in Flaschen, aber noch viel mehr vom Himmel. Als weiter geradeaus in Richtung Beauvoir. Kurz vorm Kanal gibt es die letzte Versorgung. Schnell noch ein paar Schluck trinken und rauf zur Brücke.

 Auf der Brücke ist km 40 geschafft und der Blick über den Kanal zeigt mir mein heutiges Ziel, den Mont St.-Michel. Selbst von hier aus sieht er noch sehr weit weg aus.

 Der Regen macht jetzt Pause. Hinter der Brücke biegen wir auf den Rad- und Wanderweg ab der neben dem Kanal ist. Hier kommen mir jetzt viele Marathonis mit ihren Familien entgegen. Sie haben es schon geschafft und sind auf dem Weg zu ihrem Auto.

 Respekt, Respekt höre ich immer wieder. Ich überhole noch einen Läufer bei km 41. Er hat seine Startnummer unter seiner Laufweste versteckt. Super, gute Idee. Dann ist es nicht mehr weit. Lautsprecher auf den letzten 200m feuern uns nochmal an. Ich sehe schon den roten Teppich. Es sind die letzten 100m und das Ziel ist erreicht. Hinterm Ziel steht Roswitha und erwartet mich schon mit ihrer Kamera im Anschlag. Der Zielsprecher kündigt die letzten Läufer (mit Startnummer) an.

 Ich hole mir meine Medaille und gehe mit Roswitha zur Nachversorgung. Die Zeit, nun ja es ist ein wenig mehr geworden. Meine Nettozeit auf dem Garmin zeigt mir bei 42,3km 5 Stunden und 32 Minuten und 44 Sekunden. Ich hätte wohl die letzten 2 Kilometer nicht so viel gehen sollen.

 Bei der Nachversorgung gibt es eine Tüte mit Wasserflaschen, Cola, Chips und der Tageszeitung. Danach esse ich noch einen Jogurt und werde von dem nächsten Schauer ins Versorgungszelt getrieben.

Während Roswitha das Auto im Nachbarort holt erhole ich mich noch und gehe dann eine halbe Stunde später zu unserem Treffpunkt. Nun ab ins Auto und zurück ins Quartier zum heiß duschen. Es ist geschafft der Marathon Nr. 172 ist vorbei und das war der 4. Start in Frankreich.

Marathon Sieger:

1.       Eliud Magut                             Kenia               2:14:14

2.       Ezekiel Koech Kiprpo               Kenia               2:17:43

3.       Stanley Bett Koprotich             Kenia               2:20:53

Marathon Siegerinnen:

1.     Alemayehu Hayimanot              Äthiopien          2:37:19

2.     Salina Jebet                             Kenia               2:51:25

3.     Catherine Thomas-Pesqueux     Frankreich        2:53:48

Bernd:  10 km             1:12:04             5:04:07             8,33 km/h

    21 km             2:36:58             5:15:26             8,04 km/h

    30 km             3:50:54             5:24:48             7,70 km/h

    42,2 km          5:32:44             5:32:44             7,61 km/h

3.540 Teilnehmer beim Marathon im Ziel - 132. in der Klasse VH 3

 Am nächsten Morgen beim Frühstück saß Madame Herault mit am Tisch und sie erzählte uns von der schönen Küste zwischen Mont St.-Michel und auf der Normandie gelegenen Seite die Stadt Granville. Also machten wir uns auf heute diese Seite zu erkunden.

 Über Avranches kamen wir direkt auf eine kleine Nebenstraße neben der Küste. Wir befahren die Le Port de Gisort der Küste entlang. Am Le Grouin du Sud machen wir halt und steigen aus. Schon vom Parkplatz aus hat man einen herrlichen Blick über den Sand zum Mont St.-Michel.

 Wir gehen runter zum Strand und klettern über die Felsen bis zur Spitze. Von dort hat man wieder einen herrlichen Blick auf den Mont St.-Michel. Es ist einfach ein wunderschöner Blick hier über die Mündung des La Sélune rüber zum Mont Saint Michel.

 Wir fahren weiter die Küstenstraße entlang bis wir zu einem großen Parkplatz kommen. Von hieraus erreichen wir in wenigen Gehminuten einen herrlichen Sandstrand. Auch von hier gibt es wieder den Blick in die Bucht mit dem Berg über dem die Abbey St. Michel thront.

 In der Nähe von Dragey machen wir nochmal einen Abstecher an den Strand. Heute ist er noch fast leer, aber in der Saison ist er stark frequentiert. Wir fahren weiter immer in der Nähe der Küste gen Norden.

 Unterwegs machen wir öfters Halt und können so manch schönes Foto vom Mont Saint-Michel knipsen.

 In Carolles biegen wir ab von der Hauptstraße und fahren einen schmalen Weg hoch zu einem kleinen Parkplatz. Hier kann man zu Fuß direkt an die Klippen gehen und hat damit einen herrlichen Blick über den Küstenstreifen. Ganz klein sieht man das ehemalige Wachthaus Cabane Vauban das früher zur Überwachung des Meeres diente.

 Den Ort Carolles durchquert der kleine Fluss Lude der hier dem Naturschutzgebiert seinen Namen gibt. Der Lude durchläuft kurz vor der Küste ein hügeliges, karges und wildes Tal. Hier ist man mit Flora und Fauna ganz allein. Wir genießen den Blick und fahren dann wieder weiter gen Norden.

 Der Weg nach Granville verläuft jetzt durch die Orte Saint-Jean-le-Thomas und Julouville. In Saint-Pair-sur-Mer kurz vor Granville machen wir wieder halt und genießen die herrliche Sicht übers Meer.

 Wir befinden uns ganz im Westen der Normandie am herrlichen Küstenstreifen. Diese Region hat schon Gaius Julius Caesar zwischen 58 und 51 v. Chr. erobert. Er nannte die Normandie Lugdunensis secunda. Ihren heutigen Namen erhielt die Region im Mittelalter durch die Normannen. Wikinger aus Dänemark und Norwegen kamen in die Gegend und vermischten sich mit den hier ansässigen Frauen. Die frühere Seeräuberstadt brachte 15 berühmte Admiräle und auch berühmte Korsaren wie z.B. Georges-René Pléville Le Pelley (der Korsar mit dem Holzbein) hervor.

 Wir erreichen die Halbinsel Cotentin wo die Stadt und Seebad Granville liegen. Vorbei am Seehafen, Fischereihafen und Yachthafen geht es aufwärts zum Felsenkap. Neben den Resten ehemaliger Bunker aus den Weltkriegen hat man von hier einen sehr schönen Fernblick übers Meer. Bei klarem Wetter sind von hier aus auch die Kanalinselgruppen Chausey und Jersey zu sehen.

 Die Stadt Granville besteht aus der Oberstadt (haute ville) und der Unterstadt (basse ville). Den Namen erhielt Granville von der Adelsfamilie Grant, die im 11. Jahrhundert von Wilhelm dem Eroberer dies für ihren Kriegshandel als Besitztümer erhielt. Wir fahren von den Bunkern rüber zur Altstadt die von den großen Festungsmauern umgeben ist. Hier befindet sich die aus Granit erbaute Kirche Notre Dame du Cap Lihou aus dem 15. Jahrhundert.

 Anschließend fahren wir weiter durch extrem schmale Gassen der Altstadt bis zum Museum de modern Art. Hier vom Plateau aus kann man die untenliegende Neustadt überblicken. Hier lebte auch der berühmte Modeschöpfer Christian Dior. Seine Villa „Villa Les Rhumbs“ mit dem parkähnlichen Garten kann besichtigt werden. In diesem Park ließ er sich durch seine Pflanzen zu seinen vielen Kreationen von Düften und der weltumspannenden Mode inspirieren.

 Auf dem Rückweg machen wir halt am Pointe de Carolles. Von hier oben hat man einen schönen Rundblick über die Strände und das Meer von Granville bis zum Mont Saint-Michel.

 Auf dem Heimweg machen wir noch halt in Avranches. Auf dem Gebiet der heutigen Stadt lebten schon im Altertum Gallier. Im Mittelalter verlief hier die Grenze zwischen der Normandie und Bretagne. Im Jahre 1204 verband sich die Normandie mit Frankreich und König Louis IX. erhob die Stadt zur Königlichen Stadt. Hier im Museum liegen Manuskripte die aus der Abtei Mont Saint Michel stammen. Auch viele andere alte Bücher und Dokumente sind hier in Avranches womit die Stadt zu den bedeutendsten buchhistorischen Städten Europas gehört. Der Gründer der Abtei Mont Saint-Michel der Bischof Aubert von Avranches war im 8. Jahrhundert hier Bischof.

 Wir parken ganz in der Nähe der großen Stadtmauern beim Platz d’Estouteville. Von hier aus gehen wir hoch auf die Verteidigungsanlage der umgebauten Burg. Von hier oben gibt es wieder herrliche Blicke in die Gassen und zum Teil über die Stadt. Ludwig der Heilige (Ludwig IX.) ließ die Stadtmauern verstärken auf denen wir jetzt sind.

 Wir schlendern so durch die Gassen der Stadt und kommen an die große Kirche Notre-Dame-des-Champs. Hier stand früher eine kleine Kirche die Ende des 19. Jahrhunderts durch diesen großen Kirchenbau ersetzt wurde den wir uns auch von innen ansehen.

 Nach unserem Rundgang fahren wir runter zur Bucht. Hier in der Spitze zwischen den Flüssen La Sélune und La Sée liegt ein kleiner Flughafen. Wenn man den umrundet kommt man direkt an die Salzwiesen und erhält einen schönen Blick auf den Mont Saint-Michel mit einer ganz neuen Perspektive vom Osten her.

 Den Abend genießen wir rund um unser Quartier in aller Stille wo uns nur das Vogelgezwitscher begleitet.

 Den nächsten Tag beginnen wir mit einer Tour in die Städte Fougeres und Vitre. Bei leichtem Nieselregen erreichen wir Fougeres. Auch die Tour de France macht dieses Jahr am 10. Juli bei ihrer 7. Station hier halt.

 Wir parken ganz in der Nähe der Tourist-Info und erhalten dort in Deutsch einen Führer durch die über 1.000 Jahre alte Stadt. Gleich nebenan steht das prachtvolle Theater das 1886 vom hier stammenden Architekten Laloy erbaut wurde. Unser Rundweg führt uns vorbei am Uhrenmuseum und dem Emmanuel de la Villeon-Museum zur Saint Leonard Kirche.

 Die ursprüngliche Kirche Saint Leonard stammt aus dem Mittelalter und wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach an- und umgebaut. Der Bau ist typisch für die Ober-Bretagne mit einem großen Kirchenschiff und sehr vielen bunten Glasfenstern. Obwohl die Kirche 1944 sehr zerstört wurde gibt es erhaltene Heiligen- Glasbilder aus dem 12. bis 16. Jahrhundert.

 Die Kanzel wurde 1716 erbaut. Den neugotischen Hochaltar erbaute Poussielgue Rusand 1882. Zwei große Reliefs von der Anbetung der Könige und dem Abendmahl zieren den Altar. Sehenswert sind auch die großen Malereien Himmelfahrt der Jungfrau und Auferweckung des Lazarus.

 Gleich nebenan gibt es einen kleinen Park mit einem Kräuterkirchgarten. Roswitha und eine nette Französin versuchen halb englisch, ein paar Brocken Französisch und Deutsch sich die teils sehr alten Pflanzen zu erklären.

 Durch den Park kommen wir an den Rand zur Unterstadt. Am Platz der Bäume vor dem terrassenförmig angelegten Park hat man einen herrlichen Blick runter zur Altstadt, der gegenüberliegenden Festung und weit in das Tal von Gibary. Wir gehen durch den Jardin public über die Terrassen nach unten an den Fluss Le Nancon.

 Hier unten am ehemaligen Rindermarkt dem Place du Marchix tauchen wir in eine andere Welt ein. Die kauernden Fachwerkhäuser und Pflastergassen haben den Charme des Mittelalters nicht verloren. Fougeres war seit dem 13. Jahrhundert ein Zentrum des Tuchhandels, woran die Gerbergasse erinnert. Der Fluss Le Nancon wurde früher von vielen Mühlen gesäumt.

 Die Fachwerkbauweise am Place du Marchix ist typisch für die Normandie. Es wurde meist mit Laubhölzern gearbeitet. Die Geschossbauweise ist in dieser Region typisch unter Verwendung der meist senkrecht verbauten Langhölzer. Auch in vielen anderen Regionen der Normandie herrscht diese alte Bauweise vor.

 Durch die Rue de la Providence kommen wir an den Wassergraben der gewaltigen Festung. Auf einem Schieferfelsen im Tal liegt die riesige 2 ha große Verteidigungsanlage aus dem 12. bis 15. Jahrhundert. Außerhalb der Stadtmauern und Festung liegen die Häuser der früheren Handwerker die wegen ihres Gestankes sich hier ansiedeln mussten.

 Bevor wir jedoch die Festung umrunden werden gehen wir zu nebenan gelegene Kirche Saint-Sulpice.

 Die Kirche Saint Sulpice ist eng mit der Stadtgründung verbunden, denn hier stand schon sehr früh ein Kirchenbau für die sich hier ansiedelten Gerber. Sie wurde auch die Kapelle der Gerber genannt. Im Laufe der Jahre wurde sie zwischen 1380 und 1760 immer wieder umgebaut.

 Sehr sehenswert sind die wunderschönen Glasfenster und der sehr ungewöhnlich in Holz verkleidete Altarbereich. Der Chor wurde im Rokoko-Stil gestaltet von einem ansässigen Baumeister.

 Dann umrunden wir die über 1000 Jahre alte Festung. Ganz untypisch wurde die Burg nicht auf den nahegelegenen Berg sondern unten im Tal neben den Sümpfen erbaut. Die im 11. Jahrhundert gegründete Festung hatte schon einen Vorgänger aus Holz. Die Burg und der Nancon mit seinen vielen Windungen und die nahegelegenen Moore sollten die Handelsstraßen besser schützen können. Über drei Jahrhunderte wurde die Burg umkämpft. Heute zählt sie zu den ältesten und größten Burganlagen Europas.

 Neben dem Eingang zur Burg schließt sich die Stadt an. Auf einem Stück der alten Burgmauern kann man von den Wehrgängen aus die Burg und die vielen schönen grünen Gärten bewundern.

 Wir bleiben im Medival und fahren zur Stadt Vitré. Auch Vitré wird von einer großen Burg geschützt. Hier ist sie jedoch auf dem Berg. Auch Vitré ist schon über 1000 Jahre alt und hat in seiner Geschichte Gerber am Fluss Vilaine angesiedelt.

 Geht man am Schloss vorbei zur Oberstadt so kommt man in enge Gassen mit vielen kleinen Fachwerkhäusern. Auch hier herrscht die typische Fachwerkweise der Normandie mit geraden langen Holzbalken vor. Viele dieser sehr schönen schmalen Häuser sind schon restauriert bzw. werden komplett neu aufgebaut. Hinter manch alter Fassade verbergen sich komplett neue Häuser. Sehr schön ist das in diesen Gebäuden sich viele kleine Läden und Restaurants befinden und somit ein gemütliches Leben in diese Gassen bringen.

 Am Place Notre Dame liegt die imposante Kirche Notre-Dame. Die aus dem 15. und 16. Jahrhundert stammende Kirche ist ein Stilmix und dadurch sehr außergewöhnlich. Sie ist nur von drei Seiten sichtbar da eine Seite durch die Sakristei und das angrenzende Benediktiner-Priorat verdeckt ist. Sehr imposant ist die Südseite zum großen Platz hin mit den sieben Zinnen.

 Auch im Inneren ist diese bretonische Kirche sehr ungewöhnlich durch die verschiedenartigen Schiffe. Obwohl das Querschiff gotisch ist hat es romanische Einflüsse. Sehr schön und interessant sind die vielen Buntglasfenster. Die meisten Fenster stammen aus dem neunzehnten Jahrhundert und wurden durch Pariser und auch aus der Region stammenden Meister-Glasbläsern gefertigt. Die noch alten Kirchenfenster stammen aus dem späten Mittelalter und der Renaissance.

 Vom nebenliegenden Klosterhof hat man einen Blick über die Stadtmauer runter zu den ehemaligen Gerbersiedlungen. Heute hat sich hier die Stadt weiter ausgebreitet.

 Wir gehen vom Platz Notre Dame durch eine weitere Seitengasse runter zum Schloss.

 Noch bevor das Schloss bzw. Burg hier entstand befand sich in der Nähe ein gallo-romanisches Gut. Hiervon kann sich auch der Name Vitré entwickelt haben. Im Jahr 1000 wurde dann an der Stelle der heutigen Burg eine kleine Holzburg gebaut zur Verteidigung der Region. Da die Burg immer wieder abbrannte vermachte man den Grund den Benediktinermönchen von Marmoutier. Im Jahr 1070 erbaute dann Robert I. auf den Felsen eine Burg aus Stein von denen heute kleine Teile noch sichtbar sind, wie z.B. ein romanisches Portal. Der Granit zum Bau stammt aus einer 15km entfernten Grube.

 Im 13. Jh. wurde dann die Burg in ihrer heutigen Größe mit den mächtigen Türmen und der Stadtmauer sowie die angrenzende Altstadt mit der Notre-Dame Kirche erbaut.

 Im 15. Jh. wurde die Burg als Verteidigungsbau umgebaut wegen dem techn. Fortschritt der Artillerie. Es wurde auch die Residenz von Jeanne de Laval-Chatillion und seiner Tochter Anne de Montmorency. Der jetzige große Platz vor den Toren des Schlosses war früher ein Teil der Burg. Heute befinden sich im Schloss das Rathaus, ein Museum und ein Hotel.

  Nach unserem Rundgang verlassen wir Vitré durch die engen Gassen und fahren zurück zum Quartier.

Ende Teil 1