10. Rothaarsteig Marathon 2013

Der Herbst färbt den Rothaarsteig zum Indian Summer

19.10.2013 von Bernd Neumann

 Nun ist er da der „Indian Summer“ in unseren Wäldern. Das Sauerland mit seinen vielen Wäldern zeigt sein bestes Herbstkleid im Altweibersommer. Dies ist nun mein dritter Marathon in diesem Jahr im Sauerland. Am 12. Mai bin ich beim Rüthen Marathon gestartet und am 22.09. beim Bestwiger Waldmarathon. Wie heißt es so schön „Alle guten Dinge sind Drei“, dann also Nr. 3 im Sauerland.

 Die letzten Wochen versprachen ja kein schönes Wetter aber für heute hat uns der Wettergott als Tageshöchsttemperaturen 18 Grad und Sonne vorausgesagt. Der Regen soll erst am Abend kommen, „Schaun mer mal“.

 Der Rothaarsteig-Marathon feiert heute sein 10-jähriges. Neben der klassischen Strecke von 42,2km wird auch ein Halbmarathon sowie Walking und Nordic-Walking angeboten. Das Startgeld liegt bei 30€ für den Marathon plus 5€ Nachmeldegebühr. Im Startgeld ist der Transponder der Firma cronotiming enthalten. Jeder Starter erhält ein Laufshirt vom Namengeber und Hauptsponsor der Veranstaltung der Firma FALKE.

 Nun auf nach Schmallenberg in den Stadtteil Fleckenberg und wie es sich für Westfalen gehört ist das Start- und Zielzentrum in der Schützenhalle. Da der Start für den Marathon erst um 11:00 Uhr ist kann man ganz bequem am Morgen anreisen. Der Weg führt mich ins 1.558 Einwohner Bundesgolddorf Fleckenberg. Im Jahr 1977 hat man den Bundewettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ gewonnen. Wir sind am Fuße des Rothaargebirges im Südwesten des Hochsauerlandkreises.

 Der Ort Fleckenberg liegt wo die Latrop in die Lenne fließt. Der Ort Fleckenberg wurde im 14. Jh. erstmals erwähnt. 1283 wurde schon ein Rychard von Vleckenberg erwähnt. Will man heute sich den Ort ansehen so sollte man sich in der Pfarrkirche St. Antonius die historische Ibach-Orgel sowie die Kapelle St. Agatha und St. Gertrud aus dem 17. Jahrhundert ansehen. Es gibt auch noch ein ganz besonderes Museum im Ort, das Besteck-Museum in der ehemaligen Wollspinnerei. Hier wurden erst Eisenbleche und ab 1960 Essbestecke und Vorlegegarnituren hergestellt.

 Schon am Ortseingang von Fleckenberg gibt es zahlreiche Hinweisschilder auf Parkplätze. Ich werde aufwärts hinter die Kirche hingewiesen zum Parken. Hier habe ich nicht nur einen Parkplatz in der Nähe der Halle sondern auch noch gleich eine herrliche Aussicht auf den Ort. Durch viele Hinweisschilder zum Start benötigt keiner mehr als 5 Minuten um an die Schützenhalle zu kommen.

 In der altehrwürdigen Schützenhalle ist alles sehr übersichtlich und man findet sofort Voranmelder, Nachmeldungen sowie eine kleine Läufermesse. Nach dem Erhalt der Startnummer gibt es in einer Ecke der Halle noch vom Titelsponsor ein super-softes Funktions-Shirt. In einem Nebenraum warten über 100 Torten und Kuchen zu weiteren Verarbeitung. Schon jetzt vor dem Lauf wird hier kräftig zugegriffen.

 Dann geht es raus in die Sonne zum Start- und Zielbogen. Hier treffe ich meinen Laufreporterkollegen Anton der heute für M4y schreiben wird. Von den rund 1200 Startern heute treffen sich jetzt hinterm Startbogen nur die Marathonis, denn die anderen starten erst später. Die Startzeiten sind für Marathon 11:00 Uhr, Halbmarathon 12:00 Uhr, Walker 12:15 Uhr, Nordic-Walker 12:25 Uhr, Zielschluss ist für alle 17:00 Uhr.

 Theresa Frigger, die verantwortliche für den PR-Bereich von Falke weist uns daraufhin, dass heute der 90-jährige Seniorchef Franz-Otto Falke den Startschuss abgibt. Der Sprecher fragt kurz vor dem Start noch wer hier Neuling ist und wer Wiederholungstäter ist.

 Dann feuert der Schirmherr Franz-Otto Falke die Pistole ab und los geht’s. Rund 300 Starter laufen über den schmalen Fußweg neben der Halle hoch zur Latroper Straße. Nach rund 500 Metern sind wir auch schon aus dem Ort raus und folgen der Leppe. Die knapp 20 km lange Leppe mündet in die Agger und erreicht über die sieg und den Rhein die Nordsee. So weit geht es für heute nicht, denn im Gegensatz zum Wasser das bergab fließt müssen wir noch einige Steigungen heute überwinden.

 Wir folgen auf flachem Terrain dem Leppetal bis zur Leppe Siedlung. Hier bei km 3,5 beginnt der ernst der Laufstrecke. In einem spitzen Winkel geht es jetzt aufwärts zum Mühlenberg. Der Asphaltweg ist so steil das um mich rum alle am Gegen sind. Bis zur ersten Versorgungsstelle geht es jetzt rund 180 Höhenmeter aufwärts.

 Wir kommen aus dem Wald und in die Sonne und haben einen herrlichen Rundblick über die bewaldeten Kuppen des Sauerlandes. Zwischen den hohen alten Bäumen am gegenüberliegenden Berg sieht man auch heute noch die Spuren die Kyrill vor Jahren hinterlassen hat. Ein Baum wächst halt langsam nach.

 Kurz vorm Km 5 tauchen wir wieder in den Wald ein. An der Wolfskuhle nach rund 500m gibt es Versorgung. Hier liegt ein junger Mann im Gras. Da er ansprechbar ist frage ich nach was los ist. Er hat Kreislaufprobleme. Ich bitte ihn sich mit dem Kopf nach unten zu legen und auf die Sanis zu warten die schon unterwegs sind. Eine Frau von der Versorgungsstelle bleibt bei ihm. Für mich heißt das weiter geht’s.

 Nach einer Schleife durch den Wald erreichen wir den Waldrand mit einem herrlichen Weitblick über Fleckenberg. Bis zu uns herauf schallt die ansage von der Schützenhalle wo sich die Halbmarathonis auf ihren Start vorbereiten. Für uns geht es jetzt durch die Sonne ein Stück bergab.

 Unser Blick geht weit über Fleckenberg hinaus. Im Hintergrund sehen wir einen der vielen Berge der dem Sauerland auch den Beinamen Land der tausend Berge gegeben hat. Diese Mittelgebirgslandschaft ist geprägt durch seine Buchen- und Fichtenwälder. Viele unserer Weihnachtsbäume werden hier auf großen Flächen angebaut. In den 60er Jahren wurden viele Flächen hier als Naturparks ausgewiesen.

 Wir durchlaufen die Siedlung Böhre und erreichen den Parkplatz Böhre auf 503m ü. NN. Ab hier führt ein Stück der Halbmarathonis Strecke parallel. Die Laufstrecke wechselt sich auf den nächsten Kilometern zwischen Wald und Fernblick ins Tal ab. Während es im Wald doch recht kühl ist, ist die Sonne auf den freien Stücken sehr angenehm.

 Wir laufen durchs Kapellenwäldchen und erhalten am Waldrand einen Fernblick durch ein riesengroßes Holzfenster oder man könnte es auch Panorama-Bilderrahmen nennen. Hinterm Kilometer 10 führt die Strecke über  einen Trailpfad in Richtung Heidkopf. Bis zum km 11 haben wir schon fleißig Höhenmeter gesammelt. Das erste Drittel an Höhenmetern haben wir auf dem ersten Viertel der Laufstrecke geschafft. Hier beginnt für uns auch der Rothaarsteig-Wanderweg.

 Der Rothaarsteig ist ein 154km langer Wanderweg der meist auf dem Hochgebirgskamm des Rothaargebirges verläuft. Er wird auch „Weg der Sinne“ genannt durch seine vielfältige Flora und Fauna sowie die herrlichen Fernblicke. Er bildet auch zum Teil die Rhein-Weser Wasserscheide.

 Am Schäferhof werden wir wieder versorgt. Hier geht es kurz abwärts und von rechts kommen die Halbmarathonis auf unsere Strecke. Es geht gemeinsam durch eine Welle bis zum Jagdhaus. Wir laufen durch die Hotelanlage und werden hier frenetisch von vielen Gästen und Zuschauern begrüßt. Die kleine 60 Mann Siedlung lebt hauptsächlich vom Tourismus. Das Jagdhaus war auch der Jagdbezirk der Freiherren von Fürstenberg.

 Am Ende der Anlage geht es für die Halben geradeaus und für uns Marathonis im spitzen Winkel über einen Pfad weiter aufwärts. Wir sind wieder mit der Natur pur allein.

 Schon seit längerem laufen vor mir Sarah und Sabine von den Dortmunder Endorphinjunkies die jede Steigung gehen und sich dabei immer unentwegt unterhalten. Wir wechseln uns ab jetzt immer wieder mal ab. Jeder lässt den anderen mal kurz vor laufen. Während die zwei Frauen konsequent jeden Hügel gehen und ich längere Laufeinheiten mache bin ich jedoch nicht schneller.

 Am Ende unserer großen Westschleife kommt das Km-Schild 15 wo wir per Kamera aufgezeichnet werden. Dann geht es weiter über den Rothaarsteig der hier auch als Grenzweg bezeichnet wird durch den Wald. Nachdem wir fast auf Höhe von Jagdhaus sind und weitere 5 Kilometer gesammelt vorbei am Paul-Ermecke-Platz und zur Trudes Sonnenbank (663 Meter) mit Blicken zum Drommberge und Härdler haben kommt die nächste Versorgungsstation. Hier kommen auf unsere Laufstrecke die Stöckchenschwinger. Sie werden uns jetzt einige Kilometer begleiten.

 Kurz vorm Km 18 weist uns die Laufstrecke zur Millionenbank. Leider hat der Name nicht mit Geld zu tun sondern ist eine Schutzhütte. Kurz vorm Km 20 kommt die Sonne in das herrliche Baumkleid das goldene Strahlen auf uns Läufer herab fallen lässt. Wunderschön der Anblick.

 Dann geht es aufwärts, aber richtig. Hier ist nur strammes Gehen angesagt. Über einen weiteren Trailpfad geht es weiter auf breiten Waldwegen zum Km 22. Hier werden wir Marathonis von den Halben getrennt.

 Es folgt hinter dem Großen Kopf (740m) am Zinsereck (km 22) eine weitere Versorgungsstation. Zwischen Kilometer 24 und 25 geht es steil abwärts über einen engen und sehr rutschigen Pfad. Dann folgt wieder ein breiter Waldweg und das Km-Schild 25.

 Am Ende des Weges befindet sich linker Hand eine große Hängebrücke über die lt. Streckenplan die Laufstrecke führen soll. Hier ist auch ein Teil des Waldskulpturenwegs Wittgenstein-Sauerland. Auf deiner Länge von 23km werden hier Skulpturen von internationalen Künstlern gezeigt, wie z.B. „Hexenplatz“ „Der Krummstab“ oder „Der Falke“.

 Auf Höhe der Hängebrücke müssen wir einen kurzen aber heftigen Stich hoch. Hier ist auf dem rutschigen Untergrund Gehen angesagt. Oben geht es dann über einen langen Holzsteg weiter.

 Die nächsten Kilometer begleiten uns interessante Tafeln, die z. B. auf das Rothaargebirge als Territorialgrenze hinweisen und ausführlich erklären oder auch die Tafel das Rothaargebirge als Sprachgrenze.

 An der Kühhude einer großen Lichtung mit Wanderparkplatz, Restaurant und Skilift verwöhnt uns nochmal die Sonne. Es geht weiter wellig in den Wald. Kurz hinterm Km-Schild 28 gibt es weitere Versorgungsstation. Hier ist auch eine große Auswahl für den hungrigen und durstigen Läufer aufgebaut. Dann entdecke ich am Ende des Tisches Bier. Juchhuu, endlich ein Pils zum Trinken. Frisch gestärkt geht es jetzt weiter aufwärts.

 Nach rund 500 Metern sind wir oben. Es geht wieder wellig weiter bis zur Spitzkehre wo die Rothaarsteig-Talvariante beginnt. Hier stehen viele kleine Steinmännchen die wir umlaufen.

 Neben den vielen Steinmännchen steht zur Sicherheit ein Posten damit niemand geradeaus läuft. Die Strecke ist vorbildlich gekennzeichnet, verlaufen ist eigentlich nirgends möglich, außer man träumt und achtet dabei auf keine Schilder. Die nächsten 2,5 km geht es ab jetzt leicht talwärts. Hierbei kommen wir am Km-Schild 30 vorbei.

 Bei km 31 erreichen wir die Siedlung Schanze am Rothaarsteig. Der heilklimatische Kurort, staatlich anerkannte Luftkurort und Bundesgolddorf gegrüßt uns aufs herzlichste mit seinen wunderschön restaurierten Fachwerkhäusern der Bonifatius Kapelle an der Laufstrecke. Der Name kommt von den Wegsperren, die meist aus Wassergräben mit Erdwall und undurchdringlichen Hecken gebildet wurden.

 Heute gibt es keine Wegsperren weder für uns Läufer noch für die vielen Touristen die hierher kommen. Wir biegen ab zur Skihütte Schanze. Ganz versteckt vor dem Wind hier oben steht ein weiterer Versorgungsposten neben der Skihütte. Kurz verweilen und einen Blick ins Tal genießen. Auf dem Berg vor uns befinden sich Skilifte.

 Vor der Skihütte steht auf großen Holzbrettern: „Im flotten Lauf kamst du heran, des Weges Mitte ist's, nun halte an, Genieße die Natur, und sei's ein halbes Stündchen nur.“ Der erste Teil stimmt, der zweite Teil stimmt nicht denn wir haben von unseren 42,2km schon 31,2km geschafft, der dritte Teil stimmt die Natur ist mit der Sonne hier oben herrlich und den vierten Teil können wir nicht einhalten denn das Ziel ruft.

 Danach tauchen wir wieder in den Wald ein. Hier befindet sich ein Kyrill-Pfad auf dem man das Chaos aus umgerissenen und verkeilten Bäumen sehen kann vom Januar 2007. Unsere Laufstrecke hat kein Chaos sondern führt jetzt auf den letzten 10 Kilometern abwärts runter ins Tal.

 Die Kilometer werden jetzt abwärts immer weniger. Ab dem Kilometer-Schild 8 begleitet uns jetzt die Latrop ins Tal. Neben der Laufstrecke steht ab und zu ein einzelnes Gebäude das wahrscheinlich zu einem der früheren Höfe hier im Flecken Thal gehörte. Auf der Höhe von 430m erreichen wir den Ferienort Latrop. Die rund knapp 200 Einwohner Gemeinde sagen von sich selbst, dass hier sich Hase und Igel Gute Nacht sagen und man sie dabei auch beobachten könnte. Sie behaupten auch, dass hier das Ende der Welt ist (für motorisierte Fahrzeuge) und hinter den letzten Gärten die Wildnis (Wald bzw. Urwald) beginnt.

 Das heißt für uns wir kommen aus der Wildnis und dringen nun in des Klosters Grafschaft ein. Wir, die Läufer haben aber alle friedlich Absichten denn wir wollen nur diese Idylle dieser 750 Jahre alten Siedlung beim Durchlaufen genießen. Die schönen alten Häuser stammen zum Teil noch aus der 2. Besiedlung dieses Flecken von 1617.

 Hinterm Guckkasten mitten im Ort befindet sich das Grubental. Hier befanden sich in der vorchristlichen Zeit Opferaltare wo zur Sonnenwendfeier junge Pferde geopfert wurden. Da der Christenglauben immer mehr Anhänger fand zog die Drude aus dem Ort und die Altarsteine stürzten ein. Heute sind in deren Nähe noch Gedenksäulen die aber auch an die Wiederentstehung des Dorfes erinnern sollen. Kurz hinterm Guckkasten gibt es nochmal eine Versorgung bevor wir auf den Wanderweg zur Latrop abbiegen.

 Oberhalb der Wiesen begleitet uns das Dorf noch über einen Kilometer. So kommen wir am Ortsende bei km 36 an eine ehemalige Mühle. Sie ist von außen mit dem sichtbaren Mühlrad sehr schön restauriert. Im Inneren befindet sich ein Waldarbeitermuseum das die Geschichte des Dorfes sowie deren Verbindung mit der Arbeit im Wald und deren Holzverarbeitung darstellt.