5. Lausitzer Seenland Marathon

Laufen im Südosten von Brandenburg durch ehemalige Tagebaustätten

 

08. Juli 2017 von Bernd Neumann

 Heute geht es in den Südosten von Brandenburg nahe der sächsischen Grenze in die Lausitz. Ober- oder Niederlausitz, es geht in die Oberlausitzer Teich- und Heidelandschaft nahe Senftenberg. Wie schon bei den letzten zwei Marathonveranstaltungen bin ich mit meinem Neuen Auto unterwegs in dem ich auch schlafen werde. Geplant ist eine Rundreise mit 5 Übernachtungen. Es ist Donnerstagmorgen und los geht es über die Landstraße und Autobahn bis zur Lutherstadt Eisleben. Nach rund 180km komme ich nahe des Luthergeburtshauses an und beginne dort meinen Rundweg durch die Weltkulturerbe-Stadt. Seit 1946 führt die Stadt den Beinamen „Lutherstadt“ zu Ehren Martin Luthers dessen Geburts- und Sterbehaus hier steht.

 Martin Luther erblickte hier das Licht der Welt am 10.11.1483. Das Geburtshaus ist beim Stadtbrand 1689 bis auf die Grundmauern abgebrannt. An gleicher Stelle steht heute ein Memorialgebäude von 1693 in dem sich ein Museum befindet. Durch die Lutherstraße vorbei an Luthers Taufkirche St.-Petri-Pauli-Kirche komme ich über den Jüdenhof auf den großen Marktplatz. Er trägt den Namen zu Recht, denn heute ist Markttag und so schaut die Bronzestaue von Martin Luther über die Marktstände hinaus. Oben vor Kopf steht das historische Rathaus das Anfang des 16. Jh. erbaut wurde. Über einige Treppen erreiche ich die dahinterstehende Andreaskirche.

 Sie bildet mit ihren zwei Hausmannstürmen den historischen Mittelpunkt der Altstadt. Sie wurde Ende des 12. Jh. erstmals erwähnt aber erhielt ihre heutige Form erst Ende des 15. Jh. Die St. Andreaskirche besaß 1531 vierzehn Altäre wie z. b. einen Petrusaltar, Marienaltar oder einen Fronleichnamaltar. Auf der Kanzel hielt Luther seine letzten vier Predigten bevor er ganz in der Nähe verstarb. Das ehemals vermutete Haus ist heute ein stark frequentiertes Museum. Tatsächlich soll er im heutigen Hotel „Graf von Mansfeld“ verstorben sein am 18.2.1546.

 Auf der Kanzel der St. Andreaskirche wurde in den 20er und 30er Jahren des 16. Jahrhunderts morgens die katholische Messe gelesen und am Nachmittag eine evangelische Predigt abgehalten wurde.

 Von Eisleben fahre ich weiter nach Collm zur ältesten Linde in Sachsen die weit über 1000 Jahre alt ist. Hier wohnt mein Lauffreund Günter mit Frau. Er hat lauffrei und so komme ich gerade recht zur Kaffeezeit.

 Nach dem Aufenthalt geht es weiter gen Osten und so mache ich nochmal halt in Wurzen das an der B 6 liegt. Durch die Stadt laufen auch der Ökumenische Pilgerweg sowie die mittelalterliche Via Regia und auch die alte Salzstraße Halle – Prag. Wurzen ist seit 900 Jahren Domstadt mit dem romanisch spätgotischen Dom St. Marien. Auf der Wurzener Stadtflur (Crostigall) gibt es schon seit 6.000 Jahren Siedlungen die wie der Name slawischen Ursprungs sind. Urkundlich wurde Wurzen 961 in einer Urkunde Ottos I. als Vurcine und Civitas erwähnt. Auf dem schönen großen Marktplatz steht ein Brunnen der an einen der berühmtesten Söhne der Stadt erinnert an Joachim Ringelnatz.

 Von dort gehe ich durch die Wenceslaigasse zur Stadtkirche St. Wenceslai die jedoch geschlossen ist. Diese evangelisch-lutherische Stadtkirche wurde als dreischiffige Hallenkirche erbaut in den Jahren 1663-1673 und nach dem böhmischen Fürsten Wenzel von Böhmen benannt. Im 54 m hohen Turm gibt es eine Türmer-Wohnung die über 160 Stufen erreichbar ist. Sie wurde noch bis 1911 bewohnt von einer Familie. Ganz in der Nähe steht eine kursächsische Postmeilensäule von 1724. Auf der anderen Seite steht nur wenige Meter entfernt in der Crostigall das Geburtshaus von Joachim Ringelnatz.

 Joachim Ringelnatz der hier am 7.9.1883 geboren wurde ist als Schriftsteller, Kabarettist und Maler sehr bekannt. Seine Kunstfigur Kuttel Daddeldu ist Kult geworden. Zu Ehren von Ringelnatz wurden durch Spenden finanzierte Säulen mit Sprüchen von ihm in der Stadt an verschiedenen Stellen aufgestellt. Sehr schöne Säulen die einem einladen zu verweilen und zu lesen.

 Ich gehe weiter zum Dom St. Marien. Wie so oft gab es auch hier einen Vorgängerbau aus den Anfängen des 12. Jh. Ende des 13. Jh. wurde dann diese Kirche erweitert und es wurde direkt das Schloss an die Nordseite angebaut. Es besteht eine bauliche Verbindung zum Dom über die Alte Kustodie. Obwohl nach der Reformation im Dom schon evangelische Gottesdienste abgehalten wurden bewohnten noch katholische Bischöfe das Schloss.

 Anfang des 20. Jh. wurde im Inneren viel erneuert, da viele alte Dinge nicht mehr zu erhalten waren. Vor der Reformation hatte der Dom sieben Altäre.

 Sehr schön ist das Gewölbe des Westchores wo sich auch die Orgel befindet. An der neuen Kanzel hängen Apostelköpfe und auch das Domherrengestühl ist neu. Der Bildhauer Georg Wrba fertigte auch die Kreuzigungsgruppe1931/32. Als Lesepult wurde eine Figur eines nackten Athleten nachgebildet.

 Im Schloss das im spätgotischen Stil mit Elementen der Frührenaissance in den Jahren 1491 – 1497 erbaut wurde befindet sich heute ein Hotel. Damals wurde es als Bischofsresidenz erbaut von Bischof Johann VI. von Saalhausen.

 Mit den Texten auf den Säulen hat Joachim Ringelnatz mit seinem Wappen im oberen Teil und einem Spruch aus seiner unendlichen Sammlung wohl einen würdigen Platz bzw. viele Plätze in Wurzen.

 Anschließend fahre ich weiter zu meinem Hauptziel nach Großräschen zum Seenland 100. Das Lausitzer Seenland (Lausitz sumpfige feuchte Wiese) befindet sich ganz im östlichen Zipfel von Brandenburg und Sachsen und zieht sich bis ins polnische Niederschlesien. Genau genommen unterteilt sich dieses Gebiet in die Niederlausitz und in die Oberlausitz.

 Hier treffe ich mich mit Dieter und Heike. Wir wollen hier gemeinsam das Wochenende sportlich verbringen. Da Dieter noch gehandikapt ist können nur Heike und ich morgen den Marathon laufen. Rund 200m vom Start- und Zielpunkt gibt es eine Wiese die als Wilder Zeltplatz für dieses Wochenende für die Sportler zur Verfügung steht. Hier platzieren wir auch unsere Fahrzeuge wo wir die nächsten 3 Nächte verbringen werden.

 Die Orte Groß- und Kleinräschen wurden erstmals 1370 erwähnt wobei Kleinräschen der ältere Ortsteil ist und als Angerdorf erwähnt wurde. 1925 wurden die Orte zusammengelegt. Früher wurde hier meist nur sorbisch gesprochen. Die Sorben sind ein anerkannter Volksstamm in Deutschland deren Siedlungsgebiet zwischen Spreewald und Görlitz sowie links und rechts der Spree waren. Nach Hochrechnungen von 1990 soll es noch rund 40-60.000 Sorben geben.

 Großräschen besteht aus 5 Stadtteilen und 7 Ortsteilen mit knapp 8.700 Einwohnern. Ende des 19. Jahrhunderts zur Zeit des Braunkohlenbergbaus wurden viele Menschen aus Böhmen, Polen und Schlesien hier sesshaft wobei die sorbische Kultur und Sprache immer mehr verdrängt wurde. Um 1900 wurden hier reichte Tonvorkommen entdeckt und es gab einen Boom auf Ziegel. Hier in Großräschen erfolgte sogar die Ausbildung für Ziegler für die gesamte DDR. Vor rund 25 Jahren brannte die letzte Ziegelei hier ab und wurde dann abgerissen. In den 1980er Jahren wurden viele Menschen umgesiedelt um die Braunkohle hier zu fördern. Was von damals übrig ist sind die großen Braunkohlelöcher die heute schon zum größten Teil geflutet sind. Es entsteht hier eine riesiges Freizeitgebiet für die Bevölkerung.

 Das Veranstaltungszentrum für dieses Wochenende ist nicht mehr wie bei meinem Marathon in 2013 in Senftenberg sondern hier am Hafen in Großräschen-Süd. Eine Landschaft die mich stark an die ehemaligen Tagebaulöcher von Bitterfeld erinnert. Auch hier hat man eine herrliche Seenlandschaft künstlich angelegt.

 Der Lausitzer Seenland 100 ist nicht nur eine Laufveranstaltung sondern auf drei Tage verteilt gibt es hier ein großes Sportangebot von Laufen, Biken, Walken, Skaten und Tretrollerfahren. Insgesamt gibt es 30 Disziplinen und Strecken für die Freizeitsportler.

 Auch dieses Jahr gibt es wieder den Marathonlauf über die klassische Distanz von 42,195 km aber nicht mehr wie bisher am Samstag oder Sonntag sondern am Freitagnachmittag. Man will hiermit die ganze Veranstaltung entzerren. Für heute ist der Termin jedoch sehr ungünstig gewählt denn die Temperaturen sind für heute über 35 Grad angesagt.

 Die verschiedenen Wettbewerbe werden alle von hier aus starten führen aber zu den verschiedenen anderen Seen. Die Startunterlagen gibt es ab 15 Uhr in der Sporthalle am Hafen (wird zur Zeit noch geflutet soll aber nächstes Jahr voll Wasser sein). Für langsame Marathonläufer gibt es die Möglichkeit einen Frühstart um 16 Uhr zu machen während der Hauptstart um 17 Uhr erfolgt. Heike, ich und auch noch einige andere Läufer wollen früher los.

 Wie schon oft treffe ich auch heute wieder Marathonläufer die ich bzw. die mich kennen. Heute sind es Marion und Jochen Konradt aus Siegen die auch schon in Kassel bei Sylke gelaufen sind. Dann heißt es nochmal runterkühlen am Hydranten wo es frisches kühles Wasser gibt.

 Dann machen sich fast ¼ der heutigen Marathonläufer fertig für den Frühstart. Nach einigen Fotos und Anweisungen durch den Starter geht es um 16 Uhr los bei über 35 Grad in der Sonne.

 Rechts von uns ist der neue und zukünftige Stadthafen und links von uns liegt das Seehotel Großräschen. Vom Startbogen aus laufen wir die rund 500 m bis zum Kreisel. Wir nehmen die 2. Ausfahrt die uns zwischen den Bäumen auf den asphaltierten Weg parallel zum See führt.

 Wir folgen rund 2km dem Weg der hier über einen Deich führt. Der anfängliche Sonnenschutz durch Bäume ist schon nach dem ersten Kilometer weg und wir werden ganz schön aufgeheizt. Gut das es nach ca. 2,5 km schon Wasser gibt. Heute darf man keine Wasserstation auslassen da die Gefahr der Hydration heute sehr groß ist. Bei dem See begann man im März 2007 mit der Flutung des ehemaligen Tagebaus Meuro. Im Lauf der nächsten 12 Monate sollen die Inseln die jetzt noch im See zu sehen sind alle geflutet sein.