Abgasfrei durch die Altmark an den Elbauen entlang
13.04.2014 von Bernd Neumann
Seit dem 4. Elbdeichmarathon ist einer von den Marathon4you Reportern dabei und es gibt nur positives zu berichten. Die Folge ist, da will ich auch mal hin und Laufen. Wo liegt den Tangermünde? An der Elbe, ja das sagt ja schon der Name Elbdeichmarathon. Also Googeln und es gibt viele schöne Fotos dieser ehemaligen Kaiserstadt. Das mittelalterliche Tangermünde liegt ca. 70km elbabwärts von Magdeburg, auf der Höhe von Berlin.
Also auf nach Tangermünde. Ein Quartier haben wir über das Tourismus Büro gebucht und waren aller bestens damit zufrieden. Von dort aus waren es nur 10 Minuten zu Fuß und schon standen wir am Neustädter Tor. Die Altstadt die noch komplett von einer Stadtmauer umgeben ist hat noch drei alte Stadttore. Das Neustädter Tor ist das schönste und imposanteste aus dem 14./15. Jahrhundert als Backsteintoranlage. Gleich dahinter sind auf den nächsten 100m fast alle historischen Gebäude. Auf dem Rathaus mit seiner spätgotischen Schauwand nisten sogar zwei Störche.
Den Nachmittag verbrachten wir mit einer Stadtführung durch das mittelalterliche Tangermünde. Unser erster Weg führte uns direkt am Ufer gelegenen Burg. Die schon im Jahre 1009 erstmals erwähnte Burg diente im 14. Jh. Kaiser Karl IV. als Kaiserpfalz. Er wollte die Stadt zur Hauptstadt erheben.
Wir gehen durch die Putinnen (Teil der Stadtbefestigung) runter an die Warne. Hier an der Hafenanlage ist ein großes Festzelt aufgebaut, in dem die Läufer schon Schlange stehen am Nachmeldeschalter. Der Veranstalter konnte so auch einen neuen Melderekord verkünden. Fast 2.000 Teilnehmer haben gemeldet auf den verschiedenen Strecken. Für ein Startgeld zwischen 20€ und 30€ für den Marathon gibt es eine Tüte voll. Im Preis sind auch ein Funktions-Shirt und eine schöne Medaille enthalten. Eine Portion Nudeln oder eine Bratwurst gibt es schon am Samstag auf Bon, natürlich auch inkl.
Durch das Hünerdorfer Tor kommen wir vorbei an der großen Hallenkirche St. Stephan und dem alten ehemaligen Schulhaus zum Rathaus.
Das Rathaus mit seiner spätgotischen Schauwand ist der Mittelpunkt der vielen alten Gebäude die sich innerhalb der fast erhaltenen Stadtmauer sich befinden. Viele denkmalgeschützte Häuser befinden sich mit ihren wunderschönen Schmuckfassaden rund ums Rathaus.
Zum Tagesausklang ging es in die Alte Schule, wo man an der Schulbank das leckere Kuhschwanzbier genießen konnte. Das alte Schulhaus bietet Einblicke in die Schulzeit ausfrüheren Jahrhunderten und so originell ist auch die Speisenkarte, die man als Schulheft lesen und auch kaufen kann. Auch der Heimweg durchs historisch beleuchtete Tangermünde war sehenswert.
Sonntag Marathontag: Da der Marathonstart um 10 Uhr ist kann man fast noch ausschlafen und in Ruhe frühstücken. Nach 10 Minuten waren wir unten am Hafen. Die ersten Marathonis sammelten sich langsam hinter dem Startbogen.
Zu meiner Freude war auch Carsten Koczor mit seinem Rad- und Lauffreund Andreas gemeldet. Mit Carsten bin ich schon einige Marathons zusammen gelaufen und wir hatten wie immer sehr viel Spaß auf der Strecke.
Vom 100 MC waren auch Hajo Meyer und Wolfgang Kieselbach da die ich erst Mal auf meinen Chip bannen muss.
10 Uhr, Startschuss und los geht’s über die Hafenpromenade. Am Hafenende testen wir schon mal das giftige Kopfsteinpflaster, das uns um den Klosterberg zur Magdeburger Straße führt. Der Veranstalter hat uns versprochen, dass wir heute frei von Autoabgasen laufen und so hat er auch die komplette Landstraße für uns Läufer gesperrt.
Die Marathontruppe mit knapp 150 Läufern macht sich auch den Weg. Es geht über die Hafenpromenade in Richtung Speicherhaus. Schon hier kurz nach dem Start zieht sich das Feld sehr schnell auseinander. Ganz zum Schluss laufen Carsten, Andreas und ich. Am Hafenende verabschiedet uns eine Schalmeien-Gruppe lautstark mit ihren glänzenden mehrröhrigen Metallblasinstrumenten.
Bei km 2 biegen wir auf die neue L31 ab. Kurz vorm Km-Schild 3 überqueren wir die Tanger und werden dahinter auch zum ersten Mal versorgt. Nach einem netten Schwätzchen laufen wir weiter über die autofreie Landstraße in Richtung Bölsdorf. Da wir sehr gemütlich laufen überholen uns schon die schnellsten Halbmarathonläufer bei km 4, denn die sind rund 10 Minuten nach uns gestartet.
Am Ortseingang von Bölsdorf werden wir Läufer ganz herzlich durch große Transparente begrüßt. Die Teichstraße die fast gerade durch den Ort führt wird jetzt richtig voll, denn die Halbmarathonis kommen in großen Scharen in den Ort.
Kurz vorm Wäldchen kommt die nächste Versorgung für die Läufer. Kurz danach wurde ein Zelt aufgebaut und hier feiern die Bölsdorfer bei Bier und Bratwurst die vielen Läufer und feuern uns kräftig an.
Kurz danach biegen wir ab und es geht über Feldwege. Neben uns fährt das Schlussfahrrad, das den letzten Marathoni heute begleiten wird. Jetzt haben noch Carsten und ich die rote Laterne.
Es geht an Pferdeweiden vorbei wo uns ein paar Pferde ein Stück begleiten. Dann kommen die gelbblühenden Rapsfelder. Zwischen Km 7 und 8 geht es ein Stück über die Betonplatten und weiter über Feldwege bis zum Ortsrand von Buch.
Über den Elberadweg erreichen wir die Kirchstraße von Buch. Während Bölsdorf nur 300 Einwohner hat sind es hier schon fast 400 und eine alte Geschichte. Schon Anfang des 14. Jh. wurde der Ort als Feste und Stadt bezeichnet. Den Namen erhielt er durch das Adelsgeschlecht der von Buch, die hier schon einen bedeutenden Marktflecken hatten. Durch die Nähe zu Tangermünde blieb es jedoch nur ein kleiner Ort.
Für uns ist es ein bedeutender Ort, denn hier werden die Läufer auf der Kirchstraße durch ein großes Fest mit lauter Musik gefeiert. Danke liebe Bucher. Hinter der Kirche biegen wir ab ins Feld. Im Hintergrund auf dem Nabu-Haus ist ein Storch zu sehen, die hier in der Gegend viel zu sehen sind. Neben den Störchen gibt es hier auch Milane und es wurden sogar schon Seeadler gesichtet.
Wir verlassen den Ort über Kopfsteinpflaster, das uns heute des Öfteren begleitet. Die nächsten knapp 2 Km geht es durch Felder bis zur Kreisstraße. Hier beginnt eine Wendepunktstrecke bis in den Ort Schelldorf. Auf diesen rund 2km kommen uns jetzt viele Läufer entgegen die auf dem Rückweg in Richtung Elbdeich sind.
Das Schlussfahrrad haben wir schon länger abgeschüttelt und zwei Läufer eingesammelt. Mal sehen ob das so bleibt. Schelldorf gehört nicht mehr nach Tangermünde sondern nach Tangerhütte. Der Ort wurde schon im 14. Jh. erstmals erwähnt und war damals eine Insel in der Elbe wo der Name von Scholle abgeleitet wurde. Zweimal wurde der Ort fast vollständig durch Feuer zerstört, in dem heute rund 120 Menschen wohnen. Auch hier gibt es wieder Versorgung und fast der ganze Ort ist an der Strecke um den Läufern zu zujubeln.
Kurz vor der Kirche ist eine Wende wo unsere Startnummern aufgeschrieben werden. Da es jetzt sehr windig geworden ist und dadurch auch kühl haben sich einige Anwohner in Decken eingehüllt an den Straßenrand gesetzt.
Wie wir den Ort verlassen kommt uns der Schlussfahrer mit der Startnummer 339 entgegen. Unseren vorletzten Marathonis haben wir im Ort überholen lassen. Den holen wir uns noch.
Kurz hinterm Km Schild 14 ist das Wendestück zu Ende und es geht direkt auf den Deich zu. Nun geht es bei starkem Gegenwind immer am Deich entlang. Der Wind bläst hier schon durch und durch. Man kommt sich wie am Meer vor. Hinter dem Deich ist aber kein Wasser sondern es sind die Überflutungsgebiete der Elbe.
Nach rund 1 ½ Kilometern am Natur-Beobachtungsturm gibt es eine weitere Versorgung. Das Wasser ist durch den Wind eiskalt geworden. Man muss es jetzt im Mund vorwärmen, sonst gibt es Magenschmerzen. Nur einen Kilometer weiter am Deich sitzt eine Gruppe im Wind und trommelt uns voran. Vielen, vielen Dank.
Dann geht es den Deich hoch bei Km 17, wo wir von den Elbblitzen lautstark angefeuert werden. Die Mädels sind gut drauf obwohl es hier oben verdammt zieht.
Jetzt kommt ein schöner Blick auf den Bölsdorfer Haken, einer Auenlandschaft. Im Hintergrund taucht die Silhouette von Tangermünde auf. Es sind aber noch 4 km bis zur Marathonwende. Es folgt jetzt einer der schönsten Abschnitte der Runde. Auf einem Radweg geht es neben der Elbe die nächsten rund 3km entlang. Bei km 19 gibt es wieder Versorgung. Wir haben den vorletzten Läufer wieder überholt und lassen es jetzt zum Ende der 1. Runde locker angehen.
Km 20 und die Stadt ist zum Greifen nah. Vor dem Hafen geht es in einer Schleife runter zum Hafen. Schon von weitem ist das Zielbanner zu sehen und wir werden angefeuert als wären wir schon am Ziel. Kurz hinterm Ziel ist für uns ein kleines Schild angebracht „Marathonwende“. Also wenden und wieder über die Hafenpromenade in die 2. Runde.
Am Hafenende kommt uns Michael mit der Startnummer 287 entgegen. Wir rufen ihm noch zu „Auf in die 2. Runde“.
Jetzt sind wir ganz allein auf der abgesperrten Straße. Hajo können wir noch weit vor uns auf der Kreisstraße sehen, sonst ist auch hinter uns nichts mehr zu sehen. Wir liegen aber immer noch locker unter 6 Stunden und so nehmen wir uns jetzt auch Zeit. Hier und da wo Streckenposten sind halten wir ein Schwätzchen und bedanken uns bei den vielen fleißigen Helfern.
Bölsdorf jetzt bei km 26 ist fast wie ausgestorben, außer ja außer am Zelt hinter der Versorgung. Hier trinken wir mit der Dorfjugend ein Bierchen. Auf die Bratwurst verzichten wir, die liegt zu schwer im Magen.
An der Abbiegung wartet der LKW um die Absperrungen abzubauen. Wir sagen ihm, dass noch zwei hinter uns sind. Er sagt nur noch einer im blauen Shirt. Es ist mit der Startnummer 339 Michael aus Irxleben. Dann ist Michael im roten Shirt nach der 1. Runde ausgestiegen.
Also weiter durch die Felder nach Buch. Kurz vor Km 30 im Ort machen wir Stopp am Bierpils. Hier trinken wir ein Bierchen mit den Bölsdorfern. Dann geht es weiter. Hinter uns ist noch immer nichts zusehen
Auf dem Wendestück nach Schelldorf kommt uns Hajo entgegen. Auch er ist jetzt ganz einsam und alleine unterwegs. Wir haben jetzt keinen Läufer zwischen uns und Hajo. Also in den Ort nochmal trinken und zurück zum Deich. Jetzt sehen wir den Fahrradfahrer in weiter Ferne hinter uns.
Bei km 39 trinken wir unser Abschlussbierchen auf der Laufstrecke. Jetzt nur noch locker nach Tangermünde. Wie wir an den Hafen kommen werden wir doch noch mal richtig gefeiert. Klasse, das doch noch so viel hier sind. Hinterm Ziel den Chip abnehmen vom Schuh und noch ein bis zwei alkoholfreie Bierchen. Dann wird so fünf Minuten nach uns der letzte Läufer angekündigt. Ich hole schnell ein Bier und empfange Michael am Ziel, der sich sehr darüber freut.
Hinterm Ziel sitzen dann Carsten, Michael und ich noch in der Sonne und genießen eine Bratwurst (war noch im Startgeld enthalten) mit Bierchen, das wir dank Andreas noch bekamen. Michael erzählt uns, dass er leider ab km 13 fast nur noch gehen konnte wegen Knieschmerzen. Jetzt kuriert er sich aus und will dann in San Francisco laufen.
Ins Marathonziel kamen heute 18 Frauen und 119 Männer was eine weitere Steigerung für den Veranstalter bedeutet. Hier bekommt jeder Marathoni seine Zeit, auch wenn er die 6 Stunden nahezu benötigt. Der Lauf ist also ideal für langsame Läufer und Sammler. Ich kann die Herzlichkeit der vielen Menschen und immer lustigen und freundlichen Helfer nur bestens weiterempfehlen. Dies ist eine Veranstaltung die noch mehr Zuspruch vor allem auf der Marathonstrecke vertragen kann. Wenn es hier mal wenig Wind gibt kann man auch richtig schnell laufen. Also nächstes Jahr den 8. Tangermünder-Elbdeich-Marathon vormerken. Auch die Stadt ist für einen Kurzurlaub wirklich sehenswert. Es gibt in der Stadt und im nahen Umkreis sehr viel zu entdecken.
Marathonsieger:
Marathonsiegerinnen:
Wir bleiben noch eine Nacht in Tangermünde und gehen am nächsten Morgen in die Altstadt. Besonders interessiert uns hier der Laden mit den Ostprodukten. Hier entdecken wir auch einige Puppen aus der guten alten Sandmännchen-Zeit der DDR.
Anschließend gehen wir in die Kaffeerösterei und lassen uns von den frischgerösteten Bohnen einen ganz speziellen Kaffee zu bereiten. Hierbei wird noch nach ganz alter Tradition kochendes Wasser durch eine Papier-Filtertüte gegossen.
Unser Stadtrundgang führt uns auch nochmal zur Burg, von der wir einen herrlichen Blick haben zur Elbe, zum Hafen und einem Teil der Altstadt.
Den Heimweg nutzen wir um uns noch ein wenig in Magdeburg umzusehen. Hierbei ist besonders sehenswert die letzte Arbeit von Friedenreich Hundertwasser „Die gründe Zitadelle“.
Der österreichische Künstler Friedenreich Hundertwasser (1928-2000) hat hier mit seinem letzten Werk eine „Oase für Menschlichkeit und für die Natur in einem Meer von rationellen Häusern“ inmitten der „Betonwüste“ erschaffen. Obwohl dieses Projekt sehr umstritten war wurde mit dem Bau 2004 begonnen. Mit dem Bau jeder Etage verstummten auch die Kritiker. Heute ist die Grüne Zitadelle ein Wohn- und Geschäftshaus in dem sich auch kulturelle Einrichtungen befinden. Für einen Magdeburg Besucher ist es ein Muss sich dieses Kunstwerk anzusehen. Der jedes Jahr Mitte Oktober stattfindende Marathon führt auch an diesem High-Light vorbei.
Ganz in der Nähe befinden sich auch der Dom und viele andere Sehenswürdigkeiten rund ums historische Domviertel. Südlich grenzt das historische Gründerzeitviertel, sowie nördlich das Elbviertel und das Marktviertel an.