Marathon du Vignoble d´Alsace F 2010

Kulinarischer Spezialitäten Marathon

20.06.2010 von Bernd Neumann

 Schon in 2008 wurde ich im Internet aufmerksam auf den Elsässischen Weinberg-Marathon „Marathon du Vignoble d´Alsace“, westlich von Straßburg. Letztes Jahr hatte ich schon einen anderen Termin und dieses Jahr habe ich mich rechtzeitig angemeldet. Die Berichte von Klaus und Joe vom letzten Jahr bestätigten mich hier eine Perle gefunden zu haben. Ich bin schon 1998 den 1. Weinstraßenmarathon von Bockenheim nach Bad Dürkheim und zurück, sowie den 1. Trollinger Marathon Heilbronn 2001 gelaufen, aber dieser hier war etwas ganz Besonderes.

 Der Verein „Marathon du Vignoble d’Alsace“ organisiert schon die 5. Ausgabe des Elsässer Weinberg-Marathons an diesem Wochenende, dem 19. und 20. Juni 2010. Neben der klassischen Marathonstrecke von 42,195 km gibt es einen Marathon Duo und Semi-Marathon sowie 10km und für die kleinen verschiedenen Läufe am Samstagnachmittag. Neu ist der Course Adot ein Hindernislauf am Samstag.

 Durch meine Unpässlichkeiten im Mai und Anfang Juni musste ich jedoch ein Fragezeichen hinter meinen Start machen. So bin ich jetzt jedoch froh an diesem tollen Lauf-Event teilgenommen zu haben. Was diesen Lauf so besonders macht sind nicht die 42,2 km sondern die Gegend, die netten und freundlichen Menschen an der Strecke und die supertolle Verpflegung während des Laufes.

 Wo liegt denn dieses Laufgebiet Molsheim in der Alsace? Im Herzen des Elsass (Alsace) 25 km südwestlich von Straßburg liegt der Ort Molsheim wo sich auch das Marathon-Zentrum befindet. Die Stadt gehörte von 1871 bis 1918 zum elsässischen Teil des Reichslandes Elsass-Lothringen und damit zum Deutschen Kaiserreich. Mit seiner Lage an der Elsässer Weinstrasse gehören die Weine zu den Alsace Grand Cru-Weinlagen.

 Aus dieser Gegend kommen auch viele bekannte Menschen wie z.B.: Marcel Marceau, Albert Schweitzer, Marie Tussaud, Tomi Ungerer, Arsène Wenger. Aber auch schon viel früher zog es Berühmtheiten in die Gegend. Ludwig XIV hatte einige Zeit in Molsheim verbracht und wurde derweil von dem Jesuiten Orden freundlich beherbergt. Auch Goethe zog es als Student für französische Kultur 1770 nach Molsheim. In seinen Memoiren schrieb er auch über seinen Aufenthalt.

 Um diesen Landstrich zu beschreiben fallen mir Worte ein wie, Essen und Trinken wie Gott in Frankreich kombiniert mit Lebensfreude und Ruhe und Gelassenheit. Aber nur wenige Kilometer südlich von hier gab es letztes Jahr auch das Rennen um Sekunden, denn die Tour de France 2009 besuchte die Gegend des Bas-Rhin. Die Berge (Cols) der Vogesen wurden schon häufig besucht und hier fielen auch die Worte „"Quäl dich du Sau". Das Mittelgebirge der Vogesen bietet ideale Bedingungen für Radsportler mit Pässen (Cols) bis knapp 1400 Metern Höhe. Hier gibt es Höhenunterschiede von bis zu 1000 Metern, tiefe Täler, Kehren und Serpentinen, alpin anmutende waldlose und aussichtsreiche Höhen. In den unteren Regionen der Vogesen gibt es meist dichtere Wälder mit offenen Flächen, idyllischen Seen und natürlich kleine liebenswerte französische Städte. Und hier befindet sich unser Laufgebiet. Aber keine Angst wir laufen nicht über die Cols der Vogesen sondern nur über kleinere Anstiege in tieferen Tallagen meist durch die Weinberge.

 Hier am Rande der Vogesen gibt es die Weinberge und viele bewirtschaftete Felder mit Spargel und dem berühmten Sauerkraut (Suerkrut), das laut der Elsässer hier erfunden wurde. Der gesäuerte Weißkohl war jedoch schon im antiken Griechenland und im Römischen Reich und China bekannt. Wahrscheinlich haben wandernde Mongolenstämme im 13. Jahrhundert das chinesische Suan cai mit nach Europa gebracht. Egal wie, lecker und gesund ist es allemal.

 Lecker sind auch die vielen kulinarischen Spezialitäten des Elsaß von denen wir einige auf der Laufstrecke und zwar an 12 besonderen Verpflegungsstationen kennen lernen werden. Zu den bekanntesten gehören: Flammkuchen (tarte flambée), Gugelhupf (Hefe-Napfkuchen), Choucroute (Sauerkraut), Baeckeoffe (Eintopf aus Fleisch, Kartoffeln und Lauch, das elsässische Hauptgericht), Bredele (Butterplätzchen mit Zimt und Nüssen), Mignardises (süße Törtchen), Friands (süße Teigpasteten), Crémant (elsässischer Schaumwein), Tarte aux pommes (Elsässer Apfelkuchen), Tarte aux quetsches (Zwetschgentorte), Galettes de pommes de terre (kleine Kartoffelpfannkuchen), Quiche Lorraine (Lothringer Specktorte), Tarte à l'oignon (Elsässer Zwiebelkuchen), Coq au vin (Hahn in Elsässer Riesling), Foie gras (Paté aus der Leber gestopfter Gänse oder Enten), Munster intensiv schmeckender, cremiger Käse mit rötlicher Rinde).

 Und lecker beginnt auch die Pasta-Party am Vorabend des Marathons. Dazu gleich mehr. Meine 450 km Anreise beginnt am Samstag Vormittag per Autobahn über Ffm. Weiter geht’s es über die Deutsche Weinstraße und südliche Weinstraße. In Wissembourg geht es über die Grenze nach Frankreich. Über Haguenau und Straßburg erreiche ich am Nachmittag Molsheim.

 Nach der Zimmersuche begebe ich mich in die Münze. Das ehemalige Fabrikgebäude wurde in den 70er Jahren restauriert und dient heute für Ausstellungen und Feierlichkeiten. Hier ist das Marathonzentrum. Und wen treffe ich beim Betreten des Gebäudes Joe Kelbel in Action. Nach der Übergabe des Gesundheitszeugnisses erhalte ich mein meine Startertüte und eine Feldflasche aus Plastik für die Wasserversorgung unterwegs.

 Im Startgeld von 32€ für den Marathon ist jedoch viel mehr enthalten: 1 Flasche Wein, 1 Medaille, 1 Laufshirt, Spätzleparty (3 Gänge-Menü inkl. Getränk) Marathoni-Teller mit Getränk nach dem Lauf sowie auch ein Shuttle-Bus-Service vom Ziel zum Start.

 Nach einem Rundgang durch die historische Altstadt (Metzig, Amtsgericht, Kapelle unserer Liebenfrau, Jesuitenkirche, Ölberg, Schmiedtor) gehe ich wieder zur Münze. Hier findet ab 18 Uhr die Spätzleparty und nach der Verköstigung eine Party statt. Mit viel lauter Musik feiern hier die Läufer mit Wein und viel Stimmung bis in die Nacht. Hier treffe ich auch Bernie von M4y der mit seinen Lauffreund Jan aus dem verregneten Augsburg angereist war. Auch Rudi und Marita sind hier und das schon zum 2. Mal.

Sonntag – Marathontag: Nach einer viel zu kurzen Nacht treffe ich rechtzeitig auf dem Parkplatz am Campingplatz ein. Der Start ist auf Grund der großen Hitze der letzten Jahre auf 7:30 Uhr verlegt worden und es geht ja noch per Shuttlebus zum Start ins 2km entfernte Dorlisheim, was sich auch als problemlos erweist. Apropos Wetter es ist am Morgen nur um die 10 Grad und die Höchsttemperaturen werden auch die 20 Grad nicht überschreiten. Das schöne ist obwohl es fast überall in Deutschland Regenschauern gibt bei uns bleibt es trocken mit Sonne und leichtem Wind.

 Der Bus lässt uns am Cora Supermarkt raus wo sich im Eingangsbereich die vielen Marathonis versammeln. Über die Hälfte der Teilnehmer sind verkleidet, denn der Veranstalter belohnt jeden der die Strecke verkleidet läuft mit einem Präsent. Der Hypermarché Cora ist ein Schlemmerparadies und zieht deshalb am Wochenende auch viele Kunden aus den deutschnahen Regionen an. Heute nur die Marathonis. Hier treffe ich auch Klaus, Eberhard und Angelika. M4y nimmt heute hier mit 6 laufenden Reportern an diesem tollen Lauf teil. Auch wenn vielleicht einige Fotos ähnlich sind so haben wir als M4y-Reporter diesmal die Gelegenheit auch auf so manches Bild zu kommen.

 Fünf Minuten vor halb Acht Uhr gehen alle Teilnehmer zum Startplatz neben dem Cora. Hier hat man das Gefühl gleich geht der Karnevalsumzug der 5. Jahreszeit los, aber nein es sind nur die vielen Läufer die der Aufforderung des Veranstalters nachgekommen sind sich zu verkleiden, so wie es beim Medoc-Marathon gang und gebe ist. Jetzt die vielen tollen Kostüme aufzuzählen wäre langweilig aber durch die Fotos erhaltet ihr einen kleinen Einblick in die ca. 600 Personen große Marathongruppe.

 Der Start ist erfolgt, um 7:30 Uhr und die Gruppe kommt langsam in Bewegung. Wir haben heute 6 Stunden Zeit die Strecke und die kulinarischen Leckerbissen zu genießen. Der Zielschluss wird aber nicht ganz so eng genommen denn auch der 562. mit einer Zeit von 6:19:17 kommt noch in die Ergebnisliste und wird herzlichst im Ziel empfangen. Wir starten in Dorlisheim und werden 17 elsässische Orte durchlaufen.

 Dorlisheim ist ein kleiner Ort aber mit großer Tradition, denn hier im Ort ließ sich Ettore Bugatti nieder und gründete eine Fabrik für Automobile sowie Diesel-Triebwagen und Maschinen. Die Bugatti Automobiles S.A.S die zum Volkswagenkonzern gehören bauen hier den legendären Bugatto Veyron. Dieser Supersportwagen hat einen 16 Zylinder in Doppel-V-Form Motor der 1001 PS auf die Straße bringt. Mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 407 km/h ist es das drittschnellste Auto der Welt mit Straßenzulassung. Vor der Münze am Marathonzentrum wurde uns natürlich auch in Tiefschwarz dieses besondere Fahrzeug zelebriert.

 Nun aber zurück von 1001 PS auf 1 MS (Menschenstärke). Wir durchlaufen den Ort und kommen schon bei Km 3,5 zum 1. Gourmet-Verpflegungsstand. Vor jedem Gourmet-Verpflegungstand gibt es Schilder die den Arbeitsweg des Winzers vom Rebstock zum Wein zeigen.

 Hier gibt es Gugelhupf und dazu Sylvaner Weißwein. Der Kougelhopf ist ein Napfkuchen mit oder ohne Rosinen und in ganz Europa unter verschiedenen Namen bekannt. Die Sylvanertraube gehört zu den ältesten heute noch kultivierten Reben mit einem zwar weniger ausgeprägtem Fruchtspiel aber dafür einem exzellenten Terrior-Anzeiger. Hier im Elsass ist das zweitgrößte Anbaugebiet nach Rheinhessen für diesen Wein, der es sogar mit dem Chardonnay aufnehmen kann. Der Wein ist in über 120 verschiedenen Namen rund um die Welt bekannt, z. B. Frankenriesling, Grüner Silvaner, Monterey Riesling, Österreicher, Zierfandl.

 Nun stellt sich die Frage: „non merci“ oder „oui merci“ oder auch da die Elsässer deutsch sprechen ja danke bzw. nein danke. Restwein habe ich noch von gestern so beginne mein Frühstück mit Gugelhupf. Viele schlagen schon richtig gut beim Wein zu. Aber, Vorsicht man sollte nur probieren, denn die Strecke ist noch lang und es warten noch viele Höhenmeter mit zum Teil schlechten Laufuntergrund.

 Die Strecke führt uns über Wirtschaftswege durch Maisfelder, Obstgärten und Wiesen und einem ersten Anstieg nach Mutzig. Historisch gesehen bietet der Ort ein Stadttor aus dem 14. Jahrhundert, einer von 1787 erbauten Synagoge die die älteste in ihrer gesamten Bausubstanz erhaltenen des Elsass, sowie dem Château des Rohan einem Barockschloss aus dem 17. Jahrhundert. Ursprünglich bekannt steht Mutzig jedoch für seine Bierbrauer-Tradition. Die alte, 1990 stillgelegte Brauerei ist ein Bau im historisierenden Stil einer Raubritterburg, an der noch die gotischen Blocklettern des elsässischen Bieres prangen, das so heißt wie der Ort - eben Mutzig.

 Hier kommen wir kurz vor dem Stadttor an den 2. Gourmet-Verpflegungsstand. Es gibt Rosinenrodon und Pinot Blanc. Obwohl wir in einem historischen Bierbrauerort sind gibt es Wein. Der Pinot Blanc (Weißburgunder, Chardenay, Ruländer weiß) ist seit dem 14. Jahrhundert schon bekannt und ist die hellste aller Burgundersorten. Die größten Rebflächen bei uns gibt es in der Pfalz, Rheinhessen und im Badischen.

 Wir verlassen Mutzig und folgen dem kleinen Flüsschen Breusch (Bruche) auf einem schmalen Wiesenpfad und sind bei km 10 in Molsheim dem Zielort, jedoch noch nicht im Ziel. Ein Ort mit einer geschichtsträchtigen Vergangenheit. Sehenswert ist das 1615 – 1617 erbaute Jesuitenkolleg mit der Dreifaltigkeitskirche in dem eine echte Silbermann-Orgel zu bewundern ist. Weitere schöne Gebäude sind das Haus Metzig (Metzgerzunftgebäude im Renaissancestil, 16. Jahrhundert), das ehemalige Stadtschloss (Renaissance, 16. Jahrhundert), Rathaus (Klassizismus, 18. Jahrhundert), Schmiedeturm (14. Jahrhundert), sowie viele alte Fachwerk- und Bürgerhäuser (16. bis 18. Jahrhundert).

 Hier kommen wir an den 3. Gourmet-Verpflegungsstand. Es gibt Laugenbrezeln und Riesling. Die Riesling Traube gilt als eine der besten Weißweintraube und deren Weine genießen international hohes Ansehen. In Frankreich wird er ausschließlich im Elsass angebaut und zählt zu den Alsace Grand Cru Weinen. Hier ist unser Bayer Bernie im Element, Brezeln wie zu Hause.

 Wir verlassen Molsheim auf dem parallel zur Landstraße D30 führenden Radweg Richtung Dachstein. Hier beginnt unsere große Nordschleife über 30 Kilometer die wir gegen den Uhrzeiger laufen. Dachstein (km 13) liegt abseits der wichtigsten Straßen im Elsass wartet dennoch mit sehenswerten Gebäuden auf wie dem mittelalterlichen Stadttor, dem alten Waschhaus, der barocken Martinskirche (Église Saint-Martin) mit noch gotischen Bauteilen und dem Renaissance-Schloss der Familie De Turckheim.

 Schon einen Kilometer weiter bei Km 14 in Ergersheim erwartet uns der nächste Gourmet-Verpflegungsstand. Es gibt frischen heißen Flammkuchen. Die haben tatsächlich einen kleinen Ofen an der Laufstrecke aufgebaut um uns mit frischem dampfenden Flammkuchen (Tarte flambée, elsässisch Flammekueche) zu bewirten. Das ist wirklich Super. Flammkuchen ist eine Spezialität aus dem Elsaß, der benachbarten Pfalz und Baden. Ein sehr dünner Hefeteig wird mit Zwiebeln, Speck und Sauerrahm oder Schmand belegt und kurz gebacken. Sehr lecker kann ich nur empfehlen. Gibt es inzwischen auch in vielen anderen Kombinationen sowie auch in Süß. Der noch heiße Flammkuchen wird den Leuten aus den Händen gerissen. Manche warten auch bis der nächste fertig ist, denn heute hat man Zeit und Essen und Trinken ist bei diesem Lauf wichtiger wie die Laufzeit. Wer hier unter 5 Stunden ins Ziel kommt hat was falsch gemacht.

 Wir verlassen Ergersheim und kommen nach Wolxheim das direkt an den Ort anschließt. Auch hier werden wir stürmisch empfangen. Jetzt geht auf über einen langen Anstieg aus dem Ort. Oben angekommen geht der Blick in Ferne über die Felder und Wiesen auf viele kleine Ortschaften, Weinberge und auf die Ausläufer der Vogesen, wunderschön. Es geht über einen Trail bergab und wieder gleich länger bergauf. Kurz hinter Km 9 haben wir Dahlenheim erreicht.

 In Dahlenheim ist der 5. Gourmet-Verpflegungsstand. Hier erwarten uns Gegrillte Würste & Pinot Blanc. Ich denke mir, na so dicke fettige Würste bleiben liegen aber nein die Läufer feiern diesen Marathon und dazu gehört auch Essen. Obwohl wir noch 24 km zu bewältigen haben. Der angebotene Wein Pinot Blanc der auch Weißburgunder genannt wird ist eine weinbaulich eher schwierige Rebsorte durch die dünnhäutigen Früchte. Durch unterschiedlichen Böden und Lagen schmeckt jeder anders.

 Weiter geht es durch und über Weinberge nach Scharrachbergheim zur Halbzeit. Hier steigen die Halbmarathonis ins Geschehen ein. Sie sind 2 1/2 Stunden nach uns gestartet und von Molsheim per Shuttlebus hierher gebracht worden. Hier ist auch die erste Zeitmatte die wir überlaufen müssen. Ein riesiger Lärm und Gejohle erwartet uns, denn die 800 Semi-Marathonis sind gerade neben uns gestartet. Hier ist eine Wahnsinnsstimmung.

 Namensgeber für den Ort war eine Familie Scharrach. Jean der Scharrach hat auch die Wasserburg, ein Schloss das 1450 erbaut wurde konstruiert. Nicht nur hier fallen die herrlich hergerichteten und mit vielen Blumen geschmückten alten Fachwerkhäuser auf. Diese vielen kleinen Orte haben Ähnlichkeit mit den Dörfern an der Deutschen und südlichen Weinstraße.

 Wir kommen zum 6. Gourmet-Verpflegungsstand. Es werden uns Süße Brötchen und Wein serviert. Zu trinken wird uns der Pinot Gris gereicht. Hierbei handelt es sich um den bei uns bekannten Grauburgunder oder Ruländer. Der in Frankreich als Pinot Gris verbreitete Wein hat in der Regel einen hohen Alkoholgehalt. Er wird dadurch auch oft als Aperitif oder Dessertwein gereicht. Bernie liebt den süßen Geschmack dieses Weines.

 Vor dem nächsten Ort gibt es eine Begegnung zwischen Marathon-Pferd und echtem Pferd. Man sieht sich verwundert an und es werden viele Fotos geschossen. Dann geht es abwärts durch den Ort nach Odratzheim. Nach dem hügeligen Örtchen geht es flach an einem Bächlein entlang weiter. Die Strecke ist insgesamt landschaftlich sehr schön und abwechslungsreich, aber auch anstrengend. „Schuld“ daran ist nicht nur das Auf und Ab, das besonders auf der zweiten Hälfte Kraft kostet, sondern auch die rustikalen Feldwege. Bei solchem Untergrund würden die Läufer in Deutschland ganz schön schimpfen auf den Veranstalter, aber hier nimmt man es gelassen. Richtig erholsam sind da die langen Stücke auf den asphaltierten Radwegen.

 Die 2. Hälfte der Gourmet-Verpflegungsstände erreichen wir bei km 26 beim Ort Marlenheim. Es ist der nördlichste Ort der Elsässer Weinstraße die 170km lang sich südlich windet. Seit 1994 wird Marlenheim auch offiziell Porte de la Route des Vins d'Alsace genannt. Es gibt Nudeln und Pinot Noir. Der Nudelsalat wird uns mit zwei verschiedenen Varianten gereicht. Auch hier bleiben wieder viele stehen und genießen. Jetzt sieht man auch die grünen Startnummern, die Halben die genüsslich Essen und Trinken. Wir vermischen uns immer mehr und so kommen auch viele neue Kostüme dazu.

 Hier komme ich mit Ilka Salzmann und Gerold Kreuter aus Bexbach (liegt im Saarland zwischen Neunkirchen und Homburg) ins Gespräch die heute einen Halben laufen. Sie haben sich zur WM als Fußball verkleidet. Der Wein ein Pinot Noir ist der bei uns bekannte Blau-, Schwarz- oder Spätburgunder und eine der bedeutendsten und qualitativ hochwertigsten Rebsorte für Rotwein. In der Champagne ist der Pinot Noir mit einem Anteil von 38% wichtigster Bestandteil der Champagner.

 Wir haben den nördlichsten Punkt der Laufstrecke erreicht ab jetzt geht es südlich Richtung Ziel in Molsheim. Den nächsten Ort Wangen (km 29) erreichen wir nach einem langen und wirklich knackigen Anstieg. Noch vor dem Stadttor gibt es die 8. Gourmet-Verpflegungsstation. Hier gibt es Wurst und Riesling. Hier im trockenen Klima reift der Riesling sehr gut und kann durch die ausgedehnten Perioden zu Vendanges Tardives oder den noch süßeren Sélections de Grains Nobles verarbeitet werden. Ein Alkoholgehalt von 12 % und mehr ist hier häufig.

 Gegenüber vom Verpflegungsstand gibt es Lifemusik und die Grünen und Roten Nummern schauen andächtig bei Speis und Wein zu oder stimmen bei der Musik mit ein. Wir durchlaufen das untere Stadttor (Niedertor). Die Strecke in der kleinen 700 Seelen Gemeinde steigt noch weiterhin bergan. Von der mittelalterlichen Stadtbefestigung von Wangen sind noch zwei der drei Türme (Niedertor, Sommertor, Motcheltor) erhalten. Wir verlassen den Ort bergab durch das Motcheltor.

 Der Trail geht weiter mit weiten Ausblicken auf Felder, Wiesen und Weinberge, auf Ortschaften und die Berge. Unterwegs werden viele Läufer von den herrlichen Kirschen die uns anleuchten zum Genuss verführt. Bei Km 33 erreichen wir Traenheim. Durch den Ort begleiten uns schöne Karikaturen von Läufern.

 Am 9. Gourmet-Verpflegungsstand gibt es Münsterkäse und Gewürztraminer. Der Munsterkäse wurde von den Benediktinermönchen 660 erfunden und nach dem Münstertal in den Vogesen benannt. Der sehr streng riechende Käse hat eine glatte und weiche Struktur und schmeckt bei sachkundiger Reifung mild. Dazu wird uns Gewürztraminer gereicht. Dieser säurearmer Weißwein wird fast ausschließlich im Elsass und das schon seit 1500 angebaut und gilt deshalb auch als typischer Elsässer Wein. Er hat intensive Aromen von Rose, Lychee, Bitterorange und Marzipan.

 Am Weinversorgungsstand fällt mir das sich ein Läufer seine Trinkflasche nicht mit Wasser sondern mit Wein auffüllen lässt. Ich will auch noch erwähnen das es neben den Gourmetversorgungsständen viele Läuferversorgungsstände mit Wasser, Iso, Müsliriegeln in verschiednen Sorten und Obst gibt. Hier liegen die Stände ausnahmsweise mal ganz eng zusammen. Wir durchlaufen den Hof eines Weingutes und weiter per Trail durch eine Schlucht bergauf geht es aus dem Ort.

 Nach einem heftigen Aufstieg geht es zickzack durch Weinberge über richtige Trailwege zum nächsten Verpflegungsstand mitten in den Weinbergen. Neben Wasser und Müsli gibt es Munsterkäse und Wein. Wieder gibt es eine Menschentraube um den Stand.

 Es geht weiter über Bergbieten nach Dangolsheim zum 10. Gourmet-Verpflegungsstand. Es gibt Pastete und Pinot Gris. Hier schreit schon von weitem Joe „Bernd komm her es gibt leckere Wildschweinpastete“ und natürlich wieder Wein. Hier stehen auch Rudi und Marita. Rudi läuft heute seine 177. Marathon. Wir haben uns voriges Jahr auf Malta kennengelernt und seit dem treffen wir uns auf vielen Läufen. Da ich die drei schon lange aus meinen Augen verloren hatte dachte ich die wären schon längst im Ziel, aber Wein und leckere Speisen haben dies verhindert. Es ist wie überall alles lecker aber jetzt bei km 37 wird der Körper langsam müde und auch so der Geist. Man kann das Überangebot leider nicht mehr richtig schätzen.

 Wir kommen bergab nach Soultz les Bains und werden am Friedhof mit lauter Rockmusik, natürlich in französisch empfangen. Bei uns hätte das sicherlich Ärger gegeben wegen Störung der Totenruhe. Nach der Verpflegungsstation geht es durch den Ort und weiter entlang einer ruhigen Nebenstraße nach Wolxheim, das zu den besten Weinlagen im Elsass zählt.

 Nur 2 km nach Dangoldsheim erreichen wir Avolsheim und damit die vorletzte Gourmet-Verpflegungsstation. Es gibt Lebkuchen und Muscat. Der Muscat d´Alsace unterscheidet sich zu den südfranzösischen süßen Muscat durch seinen trockenen und aromatischen Geschmack. Es gibt zur Zeit über 200 verschiedene Muskateller, deren Farbe von blassgrün über goldgelb, rosafarben bis schwarz variiert. Die Muskatellertraube ist eine der ältesten Kulturreben. Schon Barbarossa schätzte ihn und er wird sogar im Nibelungenlied erwähnt.

 Hier ist Joe mal wieder in Action, „Bernd mach mal`n Foto“, rief er schon von weitem. Nora und Sarah-Jane feiern hier am Stand mit Joe bevor es weiter geht. Angeblich wurde Joe gezwungen den Rest Muscat zu trinken damit die offenen Flaschen nicht schlecht werden. Wir überqueren den kleinen Fluss und kommen an den Le Canal der hier aufgestaut wird zu einem kleinen See.

 Meine Füße brennen und ich freue mich aufs Ziel. Wir biegen in den Ort ab wo sich die älteste Kirche im Elsass befindet. Der Dompeter entstand auf den Fundamenten aus der Merowinger-Zeit. Nach der Überquerung der Bruche geht es über rot asphaltierte Radwege Richtung Molsheim. Es kommt endlich das Kilometerschild 40 und dann endlich 41. Jetzt geht es in den Ort und die letzte Verpflegungsstation 700m vorm Ziel erwartet uns. Es gibt Wein und Kekse. Welchen Wein weiß ich nicht mehr, glaube aber Muscat. Ich laufe mit einer bunten Gruppe in der sich auch Caesar befindet. Und die nächste Strasse heißt auch noch Rue Jules Cesar. Sogleich werden wieder viele Fotos geknipst.

 Wir sind schon im Zielort noch 500m, vorbei an einem Storchennest das auch bewohnt ist und neben uns taucht der Campingplatz auf. Noch einmal rechts ab und vor uns liegt der über 100m lange rote Teppich an dessen Ende ich den blauen Zielbogen sehe. Ab über die piepsende Matte noch schnell ein Zielfoto und endlich stehen bleiben. Ich erhalte eine schöne Medaille um den Hals gehängt und Jungs knipsen mir gleich danach den Leihchip am Schuh ab.

 Hier hinterm Ziel erhalten auch alle die verkleidet waren ihr Präsent, eine sportliche Sonnenbrille. Zur Erstversorgung gibt es hier direkt hinterm Ziel Obst und Wasser. Um die Ecke erhalten wir unser Funktions-Shirt, das im Startgeld mit enthalten war. Den Bon für die Flasche Riesling-Wein lösen wir dann nebenan auf dem Platz vor der Münze beim Weinstand ein. Der wird uns nicht lieblos gegeben sondern in einer schicken Tüte übergeben. Das ist wirklich alles toll hier.

 Ich bringe alles zurück zum Auto und gehe erst mal duschen. Anschließend geht es in die Münze, denn es gibt noch Essen und Trinken zur Stärkung nach dem Lauf. Im Saal erhalten wir gegen Bon, der auch im Startgeld enthalten war, einen Teller mit Pastete, 3 Salaten, Munsterkäse, Radieschen und ein Getränk nach Wahl.

 Das Zeitlimit von 6 Stunden wurde auch heute wieder verlängert, da noch einige Gourmets (ein sachkundiger Genießer raffinierter Speisen und Getränke) oder waren es Gourmands (Unterschied zum Gourmet fehlt ihm die Mäßigung weshalb er auch Leckermaul oder Vielfraß genannt wird) noch auf der Strecke waren. Hier werden die letzten nicht vom Besenwagen sondern vom Besen(Traktor)-wagen „gejagt“.

 Für alle die bis 2011 nicht warten wollen am 19. September gibt es den 1. Hochwald-Gourmet-Marathon in Saarbrücken. Man darf gespannt sein ob sich die Gourmets oder Gourmands hier treffen. Dem Namen nach sollte er erfolgreich werden. Mal sehen, demnächst mehr hier auf dieser Seite.

Fazit: Ein Lauf der einen sehr hügeligen Charakter hat und teilweise auf schmalen Pfaden und holprigen Wirtschaftswegen entlang führt. Landschaftlich ist er sehr schön und abwechslungsreich. Prädikat „Sehr empfehlenswert“. Durch die Reklame vom letzten Jahr durch die M4y Seite kamen diesmal 562 Marathonis (2009 377) ins Ziel. Wenn ich das sehr günstige Startgeld umrechne habe ich hier durch die vielen Speisen, Getränke und sonstigen Zugaben Geld verdient.

 Ach, übrigens gab es auch noch Sieger oder besser gesagt Anti-Gourmets die als schnellste durchs Ziel sind. Der Sieger und die Siegerin werden mit Wein aufgewogen. Das kostet den Veranstalter nicht viel, denn auch hier sind die Schnellsten die Leichtesten.

Ergebnisse:

Marathon Männer:

1. ABDOULAYE ABDELKERIM                        FRANCE                                   02:34:06

2. BOCH MICHAËL                                          TEAM SPORT 2000                  02:41:46

3. DUCRET YVES                                            STRASBOURG                         02:47:31

 

Marathon Frauen:

1. SATTLER ANNETTE                                   SPIRIDON FRANKFURT           03:21:55

2. SCHATZ MARIE-CHRISTINE                      SPORT 2000 SÉLESTAT          03:28:45

3. PONTHUS STÉPHANIE                              St-Cergue                                  03:29:36

 

Insgesamt im Ziel waren diesmal 562 Marathonis (377 in 2009), gesamt auf allen Strecken 2176 (2422 in 2009). Ein leichter Rückgang der Teilnehmer aber 50% mehr Marathonis.