Marathon du Vignoble d´Alsace F 2010

Kulinarischer Spezialitäten Marathon

20.06.2010 von Bernd Neumann

 Schon in 2008 wurde ich im Internet aufmerksam auf den Elsässischen Weinberg-Marathon „Marathon du Vignoble d´Alsace“, westlich von Straßburg. Letztes Jahr hatte ich schon einen anderen Termin und dieses Jahr habe ich mich rechtzeitig angemeldet. Die Berichte von Klaus und Joe vom letzten Jahr bestätigten mich hier eine Perle gefunden zu haben. Ich bin schon 1998 den 1. Weinstraßenmarathon von Bockenheim nach Bad Dürkheim und zurück, sowie den 1. Trollinger Marathon Heilbronn 2001 gelaufen, aber dieser hier war etwas ganz Besonderes.

 Der Verein „Marathon du Vignoble d’Alsace“ organisiert schon die 5. Ausgabe des Elsässer Weinberg-Marathons an diesem Wochenende, dem 19. und 20. Juni 2010. Neben der klassischen Marathonstrecke von 42,195 km gibt es einen Marathon Duo und Semi-Marathon sowie 10km und für die kleinen verschiedenen Läufe am Samstagnachmittag. Neu ist der Course Adot ein Hindernislauf am Samstag.

 Durch meine Unpässlichkeiten im Mai und Anfang Juni musste ich jedoch ein Fragezeichen hinter meinen Start machen. So bin ich jetzt jedoch froh an diesem tollen Lauf-Event teilgenommen zu haben. Was diesen Lauf so besonders macht sind nicht die 42,2 km sondern die Gegend, die netten und freundlichen Menschen an der Strecke und die supertolle Verpflegung während des Laufes.

 Wo liegt denn dieses Laufgebiet Molsheim in der Alsace? Im Herzen des Elsass (Alsace) 25 km südwestlich von Straßburg liegt der Ort Molsheim wo sich auch das Marathon-Zentrum befindet. Die Stadt gehörte von 1871 bis 1918 zum elsässischen Teil des Reichslandes Elsass-Lothringen und damit zum Deutschen Kaiserreich. Mit seiner Lage an der Elsässer Weinstrasse gehören die Weine zu den Alsace Grand Cru-Weinlagen.

 Aus dieser Gegend kommen auch viele bekannte Menschen wie z.B.: Marcel Marceau, Albert Schweitzer, Marie Tussaud, Tomi Ungerer, Arsène Wenger. Aber auch schon viel früher zog es Berühmtheiten in die Gegend. Ludwig XIV hatte einige Zeit in Molsheim verbracht und wurde derweil von dem Jesuiten Orden freundlich beherbergt. Auch Goethe zog es als Student für französische Kultur 1770 nach Molsheim. In seinen Memoiren schrieb er auch über seinen Aufenthalt.

 Um diesen Landstrich zu beschreiben fallen mir Worte ein wie, Essen und Trinken wie Gott in Frankreich kombiniert mit Lebensfreude und Ruhe und Gelassenheit. Aber nur wenige Kilometer südlich von hier gab es letztes Jahr auch das Rennen um Sekunden, denn die Tour de France 2009 besuchte die Gegend des Bas-Rhin. Die Berge (Cols) der Vogesen wurden schon häufig besucht und hier fielen auch die Worte „"Quäl dich du Sau". Das Mittelgebirge der Vogesen bietet ideale Bedingungen für Radsportler mit Pässen (Cols) bis knapp 1400 Metern Höhe. Hier gibt es Höhenunterschiede von bis zu 1000 Metern, tiefe Täler, Kehren und Serpentinen, alpin anmutende waldlose und aussichtsreiche Höhen. In den unteren Regionen der Vogesen gibt es meist dichtere Wälder mit offenen Flächen, idyllischen Seen und natürlich kleine liebenswerte französische Städte. Und hier befindet sich unser Laufgebiet. Aber keine Angst wir laufen nicht über die Cols der Vogesen sondern nur über kleinere Anstiege in tieferen Tallagen meist durch die Weinberge.

 Hier am Rande der Vogesen gibt es die Weinberge und viele bewirtschaftete Felder mit Spargel und dem berühmten Sauerkraut (Suerkrut), das laut der Elsässer hier erfunden wurde. Der gesäuerte Weißkohl war jedoch schon im antiken Griechenland und im Römischen Reich und China bekannt. Wahrscheinlich haben wandernde Mongolenstämme im 13. Jahrhundert das chinesische Suan cai mit nach Europa gebracht. Egal wie, lecker und gesund ist es allemal.

 Lecker sind auch die vielen kulinarischen Spezialitäten des Elsaß von denen wir einige auf der Laufstrecke und zwar an 12 besonderen Verpflegungsstationen kennen lernen werden. Zu den bekanntesten gehören: Flammkuchen (tarte flambée), Gugelhupf (Hefe-Napfkuchen), Choucroute (Sauerkraut), Baeckeoffe (Eintopf aus Fleisch, Kartoffeln und Lauch, das elsässische Hauptgericht), Bredele (Butterplätzchen mit Zimt und Nüssen), Mignardises (süße Törtchen), Friands (süße Teigpasteten), Crémant (elsässischer Schaumwein), Tarte aux pommes (Elsässer Apfelkuchen), Tarte aux quetsches (Zwetschgentorte), Galettes de pommes de terre (kleine Kartoffelpfannkuchen), Quiche Lorraine (Lothringer Specktorte), Tarte à l'oignon (Elsässer Zwiebelkuchen), Coq au vin (Hahn in Elsässer Riesling), Foie gras (Paté aus der Leber gestopfter Gänse oder Enten), Munster intensiv schmeckender, cremiger Käse mit rötlicher Rinde).

 Und lecker beginnt auch die Pasta-Party am Vorabend des Marathons. Dazu gleich mehr. Meine 450 km Anreise beginnt am Samstag Vormittag per Autobahn über Ffm. Weiter geht’s es über die Deutsche Weinstraße und südliche Weinstraße. In Wissembourg geht es über die Grenze nach Frankreich. Über Haguenau und Straßburg erreiche ich am Nachmittag Molsheim.

 Nach der Zimmersuche begebe ich mich in die Münze. Das ehemalige Fabrikgebäude wurde in den 70er Jahren restauriert und dient heute für Ausstellungen und Feierlichkeiten. Hier ist das Marathonzentrum. Und wen treffe ich beim Betreten des Gebäudes Joe Kelbel in Action. Nach der Übergabe des Gesundheitszeugnisses erhalte ich mein meine Startertüte und eine Feldflasche aus Plastik für die Wasserversorgung unterwegs.

 Im Startgeld von 32€ für den Marathon ist jedoch viel mehr enthalten: 1 Flasche Wein, 1 Medaille, 1 Laufshirt, Spätzleparty (3 Gänge-Menü inkl. Getränk) Marathoni-Teller mit Getränk nach dem Lauf sowie auch ein Shuttle-Bus-Service vom Ziel zum Start.

 Nach einem Rundgang durch die historische Altstadt (Metzig, Amtsgericht, Kapelle unserer Liebenfrau, Jesuitenkirche, Ölberg, Schmiedtor) gehe ich wieder zur Münze. Hier findet ab 18 Uhr die Spätzleparty und nach der Verköstigung eine Party statt. Mit viel lauter Musik feiern hier die Läufer mit Wein und viel Stimmung bis in die Nacht. Hier treffe ich auch Bernie von M4y der mit seinen Lauffreund Jan aus dem verregneten Augsburg angereist war. Auch Rudi und Marita sind hier und das schon zum 2. Mal.

Sonntag – Marathontag: Nach einer viel zu kurzen Nacht treffe ich rechtzeitig auf dem Parkplatz am Campingplatz ein. Der Start ist auf Grund der großen Hitze der letzten Jahre auf 7:30 Uhr verlegt worden und es geht ja noch per Shuttlebus zum Start ins 2km entfernte Dorlisheim, was sich auch als problemlos erweist. Apropos Wetter es ist am Morgen nur um die 10 Grad und die Höchsttemperaturen werden auch die 20 Grad nicht überschreiten. Das schöne ist obwohl es fast überall in Deutschland Regenschauern gibt bei uns bleibt es trocken mit Sonne und leichtem Wind.

 Der Bus lässt uns am Cora Supermarkt raus wo sich im Eingangsbereich die vielen Marathonis versammeln. Über die Hälfte der Teilnehmer sind verkleidet, denn der Veranstalter belohnt jeden der die Strecke verkleidet läuft mit einem Präsent. Der Hypermarché Cora ist ein Schlemmerparadies und zieht deshalb am Wochenende auch viele Kunden aus den deutschnahen Regionen an. Heute nur die Marathonis. Hier treffe ich auch Klaus, Eberhard und Angelika. M4y nimmt heute hier mit 6 laufenden Reportern an diesem tollen Lauf teil. Auch wenn vielleicht einige Fotos ähnlich sind so haben wir als M4y-Reporter diesmal die Gelegenheit auch auf so manches Bild zu kommen.

 Fünf Minuten vor halb Acht Uhr gehen alle Teilnehmer zum Startplatz neben dem Cora. Hier hat man das Gefühl gleich geht der Karnevalsumzug der 5. Jahreszeit los, aber nein es sind nur die vielen Läufer die der Aufforderung des Veranstalters nachgekommen sind sich zu verkleiden, so wie es beim Medoc-Marathon gang und gebe ist. Jetzt die vielen tollen Kostüme aufzuzählen wäre langweilig aber durch die Fotos erhaltet ihr einen kleinen Einblick in die ca. 600 Personen große Marathongruppe.

 Der Start ist erfolgt, um 7:30 Uhr und die Gruppe kommt langsam in Bewegung. Wir haben heute 6 Stunden Zeit die Strecke und die kulinarischen Leckerbissen zu genießen. Der Zielschluss wird aber nicht ganz so eng genommen denn auch der 562. mit einer Zeit von 6:19:17 kommt noch in die Ergebnisliste und wird herzlichst im Ziel empfangen. Wir starten in Dorlisheim und werden 17 elsässische Orte durchlaufen.

 Dorlisheim ist ein kleiner Ort aber mit großer Tradition, denn hier im Ort ließ sich Ettore Bugatti nieder und gründete eine Fabrik für Automobile sowie Diesel-Triebwagen und Maschinen. Die Bugatti Automobiles S.A.S die zum Volkswagenkonzern gehören bauen hier den legendären Bugatto Veyron. Dieser Supersportwagen hat einen 16 Zylinder in Doppel-V-Form Motor der 1001 PS auf die Straße bringt. Mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 407 km/h ist es das drittschnellste Auto der Welt mit Straßenzulassung. Vor der Münze am Marathonzentrum wurde uns natürlich auch in Tiefschwarz dieses besondere Fahrzeug zelebriert.

 Nun aber zurück von 1001 PS auf 1 MS (Menschenstärke). Wir durchlaufen den Ort und kommen schon bei Km 3,5 zum 1. Gourmet-Verpflegungsstand. Vor jedem Gourmet-Verpflegungstand gibt es Schilder die den Arbeitsweg des Winzers vom Rebstock zum Wein zeigen.

 Hier gibt es Gugelhupf und dazu Sylvaner Weißwein. Der Kougelhopf ist ein Napfkuchen mit oder ohne Rosinen und in ganz Europa unter verschiedenen Namen bekannt. Die Sylvanertraube gehört zu den ältesten heute noch kultivierten Reben mit einem zwar weniger ausgeprägtem Fruchtspiel aber dafür einem exzellenten Terrior-Anzeiger. Hier im Elsass ist das zweitgrößte Anbaugebiet nach Rheinhessen für diesen Wein, der es sogar mit dem Chardonnay aufnehmen kann. Der Wein ist in über 120 verschiedenen Namen rund um die Welt bekannt, z. B. Frankenriesling, Grüner Silvaner, Monterey Riesling, Österreicher, Zierfandl.

 Nun stellt sich die Frage: „non merci“ oder „oui merci“ oder auch da die Elsässer deutsch sprechen ja danke bzw. nein danke. Restwein habe ich noch von gestern so beginne mein Frühstück mit Gugelhupf. Viele schlagen schon richtig gut beim Wein zu. Aber, Vorsicht man sollte nur probieren, denn die Strecke ist noch lang und es warten noch viele Höhenmeter mit zum Teil schlechten Laufuntergrund.

 Die Strecke führt uns über Wirtschaftswege durch Maisfelder, Obstgärten und Wiesen und einem ersten Anstieg nach Mutzig. Historisch gesehen bietet der Ort ein Stadttor aus dem 14. Jahrhundert, einer von 1787 erbauten Synagoge die die älteste in ihrer gesamten Bausubstanz erhaltenen des Elsass, sowie dem Château des Rohan einem Barockschloss aus dem 17. Jahrhundert. Ursprünglich bekannt steht Mutzig jedoch für seine Bierbrauer-Tradition. Die alte, 1990 stillgelegte Brauerei ist ein Bau im historisierenden Stil einer Raubritterburg, an der noch die gotischen Blocklettern des elsässischen Bieres prangen, das so heißt wie der Ort - eben Mutzig.

 Hier kommen wir kurz vor dem Stadttor an den 2. Gourmet-Verpflegungsstand. Es gibt Rosinenrodon und Pinot Blanc. Obwohl wir in einem historischen Bierbrauerort sind gibt es Wein. Der Pinot Blanc (Weißburgunder, Chardenay, Ruländer weiß) ist seit dem 14. Jahrhundert schon bekannt und ist die hellste aller Burgundersorten. Die größten Rebflächen bei uns gibt es in der Pfalz, Rheinhessen und im Badischen.

 Wir verlassen Mutzig und folgen dem kleinen Flüsschen Breusch (Bruche) auf einem schmalen Wiesenpfad und sind bei km 10 in Molsheim dem Zielort, jedoch noch nicht im Ziel. Ein Ort mit einer geschichtsträchtigen Vergangenheit. Sehenswert ist das 1615 – 1617 erbaute Jesuitenkolleg mit der Dreifaltigkeitskirche in dem eine echte Silbermann-Orgel zu bewundern ist. Weitere schöne Gebäude sind das Haus Metzig (Metzgerzunftgebäude im Renaissancestil, 16. Jahrhundert), das ehemalige Stadtschloss (Renaissance, 16. Jahrhundert), Rathaus (Klassizismus, 18. Jahrhundert), Schmiedeturm (14. Jahrhundert), sowie viele alte Fachwerk- und Bürgerhäuser (16. bis 18. Jahrhundert).

 Hier kommen wir an den 3. Gourmet-Verpflegungsstand. Es gibt Laugenbrezeln und Riesling. Die Riesling Traube gilt als eine der besten Weißweintraube und deren Weine genießen international hohes Ansehen. In Frankreich wird er ausschließlich im Elsass angebaut und zählt zu den Alsace Grand Cru Weinen. Hier ist unser Bayer Bernie im Element, Brezeln wie zu Hause.

 Wir verlassen Molsheim auf dem parallel zur Landstraße D30 führenden Radweg Richtung Dachstein. Hier beginnt unsere große Nordschleife über 30 Kilometer die wir gegen den Uhrzeiger laufen. Dachstein (km 13) liegt abseits der wichtigsten Straßen im Elsass wartet dennoch mit sehenswerten Gebäuden auf wie dem mittelalterlichen Stadttor, dem alten Waschhaus, der barocken Martinskirche (Église Saint-Martin) mit noch gotischen Bauteilen und dem Renaissance-Schloss der Familie De Turckheim.

 Schon einen Kilometer weiter bei Km 14 in Ergersheim erwartet uns der nächste Gourmet-Verpflegungsstand. Es gibt frischen heißen Flammkuchen. Die haben tatsächlich einen kleinen Ofen an der Laufstrecke aufgebaut um uns mit frischem dampfenden Flammkuchen (Tarte flambée, elsässisch Flammekueche) zu bewirten. Das ist wirklich Super. Flammkuchen ist eine Spezialität aus dem Elsaß, der benachbarten Pfalz und Baden. Ein sehr dünner Hefeteig wird mit Zwiebeln, Speck und Sauerrahm oder Schmand belegt und kurz gebacken. Sehr lecker kann ich nur empfehlen. Gibt es inzwischen auch in vielen anderen Kombinationen sowie auch in Süß. Der noch heiße Flammkuchen wird den Leuten aus den Händen gerissen. Manche warten auch bis der nächste fertig ist, denn heute hat man Zeit und Essen und Trinken ist bei diesem Lauf wichtiger wie die Laufzeit. Wer hier unter 5 Stunden ins Ziel kommt hat was falsch gemacht.

 Wir verlassen Ergersheim und kommen nach Wolxheim das direkt an den Ort anschließt. Auch hier werden wir stürmisch empfangen. Jetzt geht auf über einen langen Anstieg aus dem Ort. Oben angekommen geht der Blick in Ferne über die Felder und Wiesen auf viele kleine Ortschaften, Weinberge und auf die Ausläufer der Vogesen, wunderschön. Es geht über einen Trail bergab und wieder gleich länger bergauf. Kurz hinter Km 9 haben wir Dahlenheim erreicht.

 In Dahlenheim ist der 5. Gourmet-Verpflegungsstand. Hier erwarten uns Gegrillte Würste & Pinot Blanc. Ich denke mir, na so dicke fettige Würste bleiben liegen aber nein die Läufer feiern diesen Marathon und dazu gehört auch Essen. Obwohl wir noch 24 km zu bewältigen haben. Der angebotene Wein Pinot Blanc der auch Weißburgunder genannt wird ist eine weinbaulich eher schwierige Rebsorte durch die dünnhäutigen Früchte. Durch unterschiedlichen Böden und Lagen schmeckt jeder anders.

 Weiter geht es durch und über Weinberge nach Scharrachbergheim zur Halbzeit. Hier steigen die Halbmarathonis ins Geschehen ein. Sie sind 2 1/2 Stunden nach uns gestartet und von Molsheim per Shuttlebus hierher gebracht worden. Hier ist auch die erste Zeitmatte die wir überlaufen müssen. Ein riesiger Lärm und Gejohle erwartet uns, denn die 800 Semi-Marathonis sind gerade neben uns gestartet. Hier ist eine Wahnsinnsstimmung.

 Namensgeber für den Ort war eine Familie Scharrach. Jean der Scharrach hat auch die Wasserburg, ein Schloss das 1450 erbaut wurde konstruiert. Nicht nur hier fallen die herrlich hergerichteten und mit vielen Blumen geschmückten alten Fachwerkhäuser auf. Diese vielen kleinen Orte haben Ähnlichkeit mit den Dörfern an der Deutschen und südlichen Weinstraße.