46. Marathon "Rund um Wellen"

Alles Retro oder Old School beim VL-Wellen

 

7.8.2016 von Bernd Neumann

 „Rund um Wellen“ ist der viertälteste Marathonlauf in Deutschland und ich habe es endlich geschafft hier als Marathonsammler meine Aufwartung zu machen. Es ist noch alles wie damals als ich mit dem Laufen vor über 30 Jahren angefangen habe. Eine gute Dorfgemeinschaft richtet hier mit ihrem Sportverein einen Volkslauf seit fast 50 Jahren aus.

 Wo liegt denn Wellen? Wellen gehört zu Beverstedt im Landkreis Cuxhaven. 30km nord-westlich liegt Bremerhaven und 45 km süd-westlich liegt Bremen. Auf der Internetseite von Wellen wird der Ort wie folgt beschrieben: Die Ortschaft Wellen hat 357 Einwohner und verfügt über eine Freiwillige Feuerwehr, einen Kindergarten und einen Sportverein. Die Landschaft wird in starkem Maße von Wäldern, Mooren und land-wirtschaftlichen Nutzflächen geprägt.

 Den TSV-Wellen 1919 gibt es schon fast 100 Jahre und fast die Hälfte der Zeit wird hier schon Marathon gelaufen. 1971 als die Volkslauf-Bewegung begann wurde hier schon die erste 42,195 km Strecke gelaufen. Heute nach 46 Jahren hat sich kaum was verändert worauf die Wellener auch großen Wert legen. Die Veranstaltung ist Familiär, anspruchsvoll aber ein ganz kleines bisschen in der Zeit stehen geblieben und das ist auch gut so. Auch in der Zukunft soll sich nicht viel verändern. Ein kleines Dorf das jedes Jahr Anfang August das halbe Dorf aktiviert und mit Unterstützung der Feuerwehr für ein tolles rundes Programm für diese Laufveranstaltung sorgt. Danke, liebe Wellener.

 Fast stehen geblieben sind auch die Startgelder, denn hier kann man noch für 10€ Marathon laufen. Für Nachmelder kommen 3€ dazu und wer es ganz besonders haben will mit Erinnerungspokal der muss nochmal 15€ drauflegen. Wem die 42,195 km zu lang sind der kann auch den Halbmarathon oder 11 km bzw. 5 km laufen. Da der TSV Wellen wert legt auf ein komplettes Familienprogramm gibt es auch 800 m Kinderläufe und für die Bambinis 300 m. Die Marathonstrecke sind 2 Runden auf dem DLV vermessenen Kurs. Start wird am Sonntag um 8 Uhr erfolgen und bis 15 Uhr sollten alle Teilnehmer das Ziel erreicht haben.

 Zu Retro gehört bei den Wellenern auch, das es für die weitgereisten Teilnehmer eine kostenlose Übernachtung in der Sporthalle gibt. So fahre ich schon am Samstagnachmittag die Weser entlang bis Bremen und nach einem Zwischenstopp in dieser wunderschönen Stadt geht es weiter nach Beverstedt.

 Bevers, wie es die Einheimische nennen, hat mit seinen 11 Ortschaften rund 13.000 Einwohner. Nur 14m über NN liegt der Ort und hat im Wappen den Biber der hier im ehemaligen Sumpfgebiet heimisch war. Zu einer so alten Gemeinde im Sumpfgebiet gehören auch Sagen und Legenden wie: Der Wagen am Himmel, Die Kronendornen von Beverstedt, Ein Kind geboren, Ein Sohn gegeben, Der Richter am Wollingster See, Die tapferen Wollingster, Der Wiedergänger am Wollingster See, Das Abenteuer des Junkers von Schwanewede, Sage vom "gleunigen" Hund in der Monsilienburg.

 Sehenswert ist die Fabian und Sebastian-Kirche an der Hauptkreuzung im Ort. Der heutige Kirchenbau aus 1851 wurde auf den Mauern der im 11. Jh. hier stehenden Kirche erbaut. Die Kirche wurde im neoromanischen Stil aus Ziegelsteinen in Form eines Kreuzes errichtet. Zwei 30m hohe Türme stehen zur Straßenseite in denen Glocken noch aus der Vorgängerkirche läuten.

 Im Inneren gibt es eine sehr große Empore. Vor der Umgestaltung gab es im Inneren 1.100 Sitzplätze da für jeden Haushalt ein Sitzplatz nachgewiesen werden musste. Heute gibt es noch 800 Sitzplätze.

 Vor der Altarwand steht ein sehr schöner Flügelaltar aus dem 15. Jh. Das mittlere Bild zeigt die Kreuzigung Christi und an den Seitenbildern ist die Geburt unterschiedlich dargestellt. Er ist auch das Schmuckstück der Kirche. Der älteste Gegenstand im Inneren ist jedoch das Taufbecken aus dem 13. Jh. Da das Taufbecken zwischenzeitlich als Stundenglocke genutzt wurde erhielt es neue Füße die Lebensbäume darstellen.

 Anschließend fahre ich nach Wellen wo ich ab 17:30 Uhr in die Turnhalle kann. Neben mir sind auch noch einige andere Läufer hier, die von außerhalb kommen. Zu meiner Überraschung kommt Johann Kauk in die Halle. Wir kennen uns seit dem Pafos Marathon 2014. Heute übernachten hier 6 Männer und eine Frau.

 Sonntag ist Marathontag und so heißt es früh aufstehen, denn um 8 Uhr ist der Start für uns Marathonis und auch die Halben. Um 6 Uhr kommen die ersten Helfer und sind schon am Aufbauen. Kaffee gibt es auch zu kaufen. Dann kommen nach und nach die Läufer. Karl-Wolfgang und auch Hajo vom 100 MC sind gekommen und wollen die lange Strecke laufen. Auch Achim ist da der noch etwas Bedenken hat wegen dem 7 Stunden-Zeit-Ziel. Wir starten dann aber alle pünktlich um 8 Uhr.

 Es geht über die Wiese raus aus der Sportanlage und vorbei an Suhr’s Gasthaus zum Ortsende. Hier biegen wir ab nach Kramelheide.

 Kramelheide ist eine kleine Siedlung die durch den Skulpturenpark bekannt wurde. In einem kleinen Wäldchen haben Künstler auf ca. 70.000 qm verschiedene Kunstwerke teilweise im Wald erstellt. 50 verschiedene Skulpturen verbinden sich hier mit der Natur. Unser Weg läuft direkt am Gelände vorbei.

 Hinter der Siedlung geht es weiter am Waldrand entlang Dann folgt die erste Kilometerangabe. Hier in Wellen werden für die Halbmarathonrunde alle 2,5km durch ein Schild gekennzeichnet. Dann rund 500m weiter geht es im rechten Winkel gen Norden. Über einen Betonweg überqueren wir die kleine Lune.

 Wir kommen an den Ortsrand von Beverstedt. Hier steht die Wassermühle Beverstedtermühlen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Geschichte der Wassermühle geht jedoch bis ins Mittelalter. Sie gehörte zum Adelssitz der Herren von Beverstedt und ging später in den Besitz der erzbischöflich-bremischen Gut Beverstedtermühlen über. Die Lune noch vor ihrer Begradigung hatte hier eine Furt und lag am Handels- und Postweg von Hagen nach Bremervörde. Mitte des 20. Jh. wurde der Mahlbetrieb aufgegeben und so zerfiel das Mühlengebäude bis es auf private Initiative wieder hergerichtet wurde. Heute ist hier eine Galerie für bildende Kunst drin. Wir laufen direkt um das Gebäude und kommen an die ersten Häuser am Waldrand von Beverstedt. Hier begleiten uns ein Stück sehr schöne Wohnhäuser und auch landwirtschaftliche Betriebe.

 Wir bleiben am Waldrand wo der Untergrund nun in ein grobes Pflaster wechselt. Noch im Ort gibt es die erste von 4 Versorgungsstellen auf der Runde. Es gibt wahlweise Tee oder Wasser zu trinken. Danach biegen wir über einen Pfad ab in die Felder. Nach einem kurzes Stück im Feld steht das 5km Schild. Die Sonne wärmt uns nun gut auf, beim Lauf durch die Felder. Rechts liegt das Drillmoor das wir nun fast umrundet haben. Hier im Drillmoor hat der Wellener Hinrich Bullwinkel im Jahre 1858 neun Steinbeile gefunden.

 Es geht weiter bis wir die Landesstraße L128 erreicht haben. Dann biegen wir auf den Radweg ab und folgen ihm in Richtung Wellen. Wir überqueren die Lune und folgen noch ein Stück dem Radweg. Kurz vorm Km 9 Schild werden wir, durch die Polizei abgesperrt, über die Landesstraße geleitet und folgen einem geschotterten Feldweg in Richtung Wald. Auf diesem Stück kommen uns die 11 km Läufer entgegen die eine halbe Stunde nach uns gestartet sind.

 Kurz vorm Waldrand biegen wir rechts ab und nun beginnen einige Wellen gemäß dem welligen Wellenmarathon. Hier im Wald sind ehemalige Wallanlagen der Monsilienburg. Dieser Geestrücken wird von der Lune umflossen.

 Zwischen Maisfeld und Waldrand sehen wir den Ortsrand von Wellen. Wir biegen jedoch vor den ersten Häusern links ab und werden hier zum 2. Mal versorgt bei km 9. Dann folgt eine längere Welle neben dem Kieswerk. Nachdem wir fast das komplette Waldstück umrundet haben steuern wir auf die Siedlung Stemmermühlen zu. Hier gibt es die nächste Versorgung.

 Stemmermühlen ist ein ehemaliges Rittergut das zur Gemeinde Kirchwistedt gehört. Der Ort wurde schon 1340 als Wicstede erwähnt und ist landwirtschaftlich geprägt. Im Pfarrgarten steht eine 1000-jährige Eibe.

 Hier laufen wir durch die Siedlung bis zur B71 und biegen am Waldrand wieder zur Siedlung ab. Nach rund 1,5 km ist diese Schleife zu Ende und wir sind wieder am Versorgungspunkt. Nun geht es geradeaus weiter in die Felder. Vor mir läuft schon seit längerem eine Frau in Grün der ich nur ganz langsam näher komme.

 Am Km-Schild 15 habe ich sie eingeholt und wir kommen ins Gespräch. Sie hat in den letzten Wochen nicht trainieren können und so war ihr längster Lauf nur 7km. Sie wechselt immer zwischen Gehen und Laufen.

 Am nächsten landwirtschaftlichen Betrieb biegen wir rechts ab und nach 100m wieder links weiter in die Felder. Es geht nun zwischen den Feldern in Richtung Altwistedt. Der Ort gehört auch zu Kirchwistedt wie die Ortsteile Stemmermühlen, Horst und Ahe wo wir noch durchlaufen werden. Auf diesem Stück kommt auch eine Kopfsteinpflasterpassage. Dann geht es in einer großen Schleife durch die Siedlung Ahe. Kurz danach steht das 17,5 km Schild.

 Jetzt geht es wieder zwischen den Feldern leicht aufwärts bis zum Fahrradwegschild noch 2,5 km nach Wellen. Nun links abbiegen und dann geht es über die heute heftigste Welle, kein Berg, fast geradeaus bis zum Ortsbeginn nach Wellen. Hierbei geht es an einer Biogas-Anlage sowie einer Tierarztpraxis und einem Schönheitssalon vorbei. Kurz vor dem Ortseingangsschild Wellen steht das 20 km Schild.

 Nach noch einigen Schleifen sind wir im Ort. Am Sportplatz ist die erste Runde geschafft. Kurz bevor ich die Ortsmitte erreiche überholen mich die zwei schnellsten Marathonläufer die noch beide unter 2:40 das Ziel erreichen.