Reise ins Reich der Mitte mit Great Wall Marathon 2013

Lauf- und Erlebnisreise vom 2.09. - 16.09.2013

2.9. – 16.09.2013 von Bernd Neumann- Teil 1 – Fotos: Bernd Neumann, B. Vielhaber, C. Dietrich

 Ich erfülle mir einen weiteren Traum mit dieser Reise nach China in das Reich der Mitte. Im Februar habe ich die Trauminseln der Seychellen besucht und dort auch Marathon auf der Felseninsel Mahé gelaufen. Nun beginnt mit dieser Reise eine Reise in eine ganz andere Welt, in das Land von Marco Polo, genau gesagt reise ich in die Volksrepublik China. Bisher sind die Chinesen immer nach Kassel zur Documenta, der bedeutendsten Kunstausstellung der Welt gekommen, nun reise ich in ihr Land. Mir geht es wahrscheinlich ähnlich wie den Chinesen, was soll ich mir alles ansehen um einen wirklich winzigen Einblick in die Kultur dieses Landes zu erhalten.

 Die VR China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde mit rund 1,34 Milliarden Einwohnern. In diesem flächenmäßig viertgrößten Land der Erde leben rund 1/5 der gesamten Weltbevölkerung. Während wir in Deutschland uns mit „Guten Tag“ begrüßen ist der chinesische Gruß "Ni hao" oder "Nin hao", "Du gut" oder "Sie gut".

 China erlebte in seiner über 5000-jährigen Geschichte 83 Dynastien mit 559 Herrschern die im Laufe ihrer Regierungszeiten 95 Hauptstädte errichteten. Sie ist eine der ältesten Zivilisationen der Welt und besitzt nach Italien und Spanien die größte Anzahl an UNESCO Weltkulturerbe-Stätten. Unter den 42 Orten, Bauten und Regionen ist die 1987 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärte Chinesische Mauer wohl weltweit das bekannteste Bauwerk.

 Unsere Reise geht direkt nach Peking wo wir uns den Verbotenen Palast, den Platz des Himmlischen Frieden, Parks und Altstadtviertel ansehen werden. Für mich ist auch noch ein dreitägiger Ausflug nach Shanghai geplant. Das Hight-Light wird jedoch die Chinesische Mauer mit dem Marathon komplett auf der Mauer sein.

Montag – 02.09.13: Unser Start und damit meine ich meine erste Reise mit Wichart Hölscher beginnt in München. Die Reisgruppe von denen Wichi schon viele kennt macht dies nun schon zum 16. Mal.

 Es geht per Nachtflug nach Peking. Der Sonnenaufgang über China ist ein herrliches Farbenspiel. Unsere Landung erfolgt noch in der Dunkelheit.

 Wichi hat den Teilnehmern noch ein paar Tipps vorab zugeschickt, die sich noch als sehr nützlich erweisen werden: Bitte bedenken Sie, dass in China vieles anders läuft als in der übrigen Welt. Der anderen Lebensweise, Mentalität und den unterschiedlichen Wertvorstellungen sollte man deshalb mit Offenheit, aber auch mit Toleranz begegnen! Bewahren Sie Geduld, wenn einiges vielleicht mal nicht so schnell klappen sollte, wie Sie es sich gerade vorstellen. Nur mit Geduld lassen sich in China manche Ziele erreichen. Es hat sich immer wieder bestätigt, dass man mit Höflichkeit und mehr Zurückhaltung am besten weiterkommt. Nichts verachten die Chinesen mehr als Menschen, die laut und unhöflich sind. Ein Lächeln ist hier – wie eigentlich überall auf der Welt – die „Eintrittskarte“ zu einem positiven Umgang miteinander.

Dienstag, 03.09.13: Vom Flughafen Beijing Capital International Airport (BCIA) geht es per Bus ins Hotel. Da der Flughafen ca. 30km nordöstlich vom Stadtzentrum liegt benötigen wir rund eine Stunde für die Fahrt. Der Pekinger Flughafen ist nach Atlanta (USA) der zweitgrößte der Welt. Nachdem im Hotel CITIC Beijing Airport die Zimmer verteilt waren wusste ich nun auch mit wem ich die nächsten 2 Wochen mein Zimmer teilen werde.

 Nach einem gemeinsamen Mittagessen gab es die offizielle Begrüßung mit Welcome-Drink im Garten der Hotelanlage. Den Nachmittag konnte jeder frei gestalten. Ich habe mich zu Fuß aufgemacht in Richtung Stadtteilpark von Xiaotianzhu, den Community Culture Park.

 Auf einer großen freien Fläche ist eine Gruppe am Tanzen. Es ist so eine Art von Formation die die älteren Personen sehr exakt ausführen. Ich bleibe hier eine Weile stehen und sehe ihnen zu. Interessant und ungewöhnlich für unsere Augen.

 Es ist aber nicht das einzige ungewöhnliche hier im Park. Auf der einen Seite auf einer Parkbank werden den Menschen die Haare geschnitten im Freien. Ein Stück weiter zwischen den Bäumen ist eine sogenannte Mukkibude im Freien. Viele alte Menschen sind hier und machen ihre Fitnessübungen an den feststehenden Geräten. Bei dem warmen Wetter ist das ja auch viel schöner als in einer Bude zu sein. Die Chinesen sind oft im Freien und treffen sich dort, denn ihre Wohnungen sind extrem klein und so findet die Kommunikation im Freien statt.

 Ich gehe anschließend zwei Straßen weiter und komme so an einen weiteren kleinen Park. Auch hier dasselbe Bild, ältere Menschen an Fitnessgeräten. Daneben stehen feste Steintische die auch von älteren Menschen umringt sind. Hier wird ein Brettspiel ähnlich unserem Damespiel und Karten gespielt. Ich stehe länger dabei steige aber nicht hinter die Regeln. Ich versuche in Englisch zu kommunizieren. Man lächelt mich freundlich an, nickt mit dem Kopf, versteht aber nichts. Interessant sind auch die Straßenschilder. Seit den Olympischen Spielen vor 5 Jahren wurden viele Schilder mit Englisch ergänzt damit sich auch die fremden Touristen hier auskennen sollen. Man will für seine Gäste sich weltoffen zeigen.

 Neben den Fahrrädern hier im Stadtteil sind die kleinen Elektroroller sehr verbreitet. Es ist das verbreitetste Gefährt für die einfachen Leute. Es ist sehr interessant in einem kleinen Stadtteil zu sein wo sich nicht das Großstadtleben von Beijing abspielt.

 Nach dem Abendessen bin ich nochmal in den Community Culture Park gegangen. Jetzt wurde ich wieder von Tanzenden Menschen überrascht, aber diesmal ganz anders. Auf einer Bank stand eine große Musikbox aus der chinesische Volksmusik trällerte. Der Platz war voll von tanzenden Pärchen. Die Frauen hatten sich ganz besonders schön wie zu einem Tanzabend angezogen. Ich war ganz gebannt von so viel Tanzfreude im Freien an einem lauen Sommerabend. Wie ich dort so länger stehe, der Musik lausche und die Menschen beobachte werde ich zum Mittanzen aufgefordert. Da ich höflich bin versuche ich es auch, überfordere aber wohl die nette Frau, denn ich bin ein grottenschlechter Tänzer. Es war eine sehr nette Begegnung und so ließ ich den Abend lieber mit zusehen ausklingen.

Mittwoch, 04.09.13: Heute heißt es per Bus in die Stadt mit Stadtrundfahrt - Besichtigung des Platzes des Himmlischen Friedens, Kaiserpalast (Verbotene Stadt), Mittagessen; Himmelstempel, das Wahrzeichen Pekings. So ist der Plan.

 Das Wetter heute ist nicht sehr schön. Es ist sehr trübe und es werden auch noch Regenschauern vorausgesagt. Wir halten in einer Seitenstraße vom Platz des Himmlischen Friedens. Schon beim Aussteigen sehen wir diese enormen Menschenmengen die sich zum Platz begeben.

 Die Stadt Peking ist von der Fläche her etwas größer als Schleswig-Holstein und hat über 20 Millionen Einwohner. Das Stadtbild ist durch seine vielen ländlichen Gebiete eher mit einer Provinz vergleichbar. In einer solch ländlich geprägten Siedlung wohnen wir während unseres Aufenthaltes. Unser Hotel befindet sich süd-westlich vom Flughafen.

 Von den rund 20 Mill. Einwohnern sind knapp 12 Mill. registriert als ständige Bewohner. Ca. 7,7 Mill. Menschen sind temporäre Einwohner mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung. Wer sich in Peking länger als drei Tage aufhalten will, muss sich beim Amt für öffentliche Sicherheit eine Aufenthaltsgenehmigung holen die drei Monate gültig ist. Es befinden sich auch noch rund eine Million Gastarbeiter, die meist ungelernte Wanderarbeiter sind.

 Der Name Peking oder Beijing hat eine über dreitausendjährige Geschichte in die wir heute eintauchen werden. Der Name Beijing bedeutet Nördliche Hauptstadt (Nanjing-Südliche Hauptstadt). Diese Nördliche Hauptstadt ist auch das politische Zentrum von China. Rund 96% der hier lebenden Menschen sind Han-Chinesen. Die anderen Gruppen sind Mandschu, Hui-Chinesen, Mongolen, Koreaner sowie in kleiner Anzahl verschiedene ethnische Gruppen. Hier in Peking spricht man überwiegend Putonghua (Hochchinesisch).

 Wir sind nun am Rande des Tian’anmen-Platz (Platz am Tor des Himmlischen Friedens). Wir gewaltig diese Größe von knapp 40ha (400.000m2) ist kann man nur erahnen. Hier sollen bis zu einer Millionen Menschen Platz finden, womit er der größte öffentliche Platz der Welt ist.

 Das erste große Bauwerk am Rande des Platzes was wir sehen ist das Qianmen oder Zhengyangmen. Es ist ein altes Stadttor aus dem 15. Jh. und entstand in der Zeit der Ming-Dynastie. Dieser 40m hohe Wachturm trennte früher die Tatarenstadt von der Chinesenstadt.

 Um den Platz befinden sich noch weitere große Gebäude wie die Große Halle des Volkes (Parlamentsgebäude, Empfangsort für Staatsgäste und Veranstaltungsstätte für nationale Feierlichkeiten), das Chinesisches Nationalmuseum (ursprüngliche zwei separate Museen: Museum der Geschichte Chinas und Museum der Chinesischen Revolution), die Gedenkhalles für den Vorsitzenden Mao (Die Gedenkhalle dient als das Mausoleum von Mao Zedong, in dem sein Leichnam aufgebahrt ist).

 Auf dem Platz steht auch das Denkmal für die Helden des Volkes (Das Monument wurde erbaut in Erinnerung an die Menschen, die in den revolutionären Kämpfen des 19. und 20. Jahrhunderts starben). Der Platz wurde jedoch leider mehrfach bekannt durch Demonstrationen und Massaker wie z.B. am 4. Juni 1989, wo als blutiger Endpunkt monatelanger Proteste für die Demokratie je nach Schätzungen zwischen 2000 und 3000 Menschen starben.

 Der Platz wird auch von den Touristengruppen als Fotomotiv gewählt bei dem natürlich im Hintergrund immer das Tor zum Himmlischen Frieden sein muss. Der Platz wurde für das Volk ab 1911 frei zugänglich. Erst ab dieser Zeit wurde er vom Volk auch als Demonstrationsplatz genutzt.

 Nicht nur riesige Schulgruppen, nein auch wir wollten unser Erinnerungsfoto an diese Reise nach China ins Reich der Mitte und der Hauptstadt Beijing mit ihren historischen Kulturstätten.

 Das zweite Bauwerk was wir nun besichtigen wollen überragt den Platz mit seinem extrem großen Bild von Mao. Wir werden jetzt durch das Tor des Himmlischen Friedens die Verbotene Stadt (Kaiserpalast) betreten. Da rund um den Platz mehrere Fahrspuren sind müssen wir durch eine Unterführung zum Eingang gehen. Dann stehen wir im ersten Innenhof der Palastanlage.

 Die Verbotene Stadt ist ein Meisterwerk der chinesischen Architektur und erst ab 1991 frei zugänglich. Vorher herrschten hier 24 chinesische Kaiser der Dynastien Ming und Qing. Da die Bevölkerung hier keinen Zutritt hatte erhielt sie den Namen Verbotene Stadt.

 Der rechtwinkelige Grundriss der Palaststadt hat eine Gesamtfläche von 720.000 qm und entspricht dem Prinzip von Yin und Yang. Die Größe der Anlage kann man von hier unten nicht erfassen. Da wir aber später noch auch den gegenüberliegenden Jingshan-Hügel gehen, sehen wir die komplette Anlage mit ihren 890 Palästen, unzähligen Pavillons und 8.886 Räumen.

 Nach einer Legende sollen sogar 9.999 ½ Räume innerhalb des Palastes sein. Der ½ Raum hat symbolischen Charakter, denn nur der Himmel darf 10.000 Räume haben. Die Verbotene Stadt ist von einer 10 Meter hohen Mauer umgeben die knapp 3,5 km lang ist. Umrahmt wird die Anlage von einem 52m breiten und 6 Meter tiefen Wassergraben. In jeder Himmelsrichtung befindet sich ein Tor mit einem Turm.

 Die einzelnen Hauptpaläste wurden auf weißen, von Balustraden gesäumten Marmorterrassen erbaut. Die geschwungenen Pagodendächer sind im kaiserlichen Gelb mit glasierten Ziegeln gedeckt und waren teils vergoldet. Die Verbotene Stadt durfte von keinem Gebäude zu damaliger Zeit in der Höhe überragt werden.

 Der Palast (Zijincheng) ist in Neiting (innerer Hof) und Waichao (äußerer Hof) aufgeteilt. Der im Süden liegende Waichao war der offizielle Bereich der Kaiser von dem aus er in den verschiedenen großen Hallen, wie Zhong He Dian (mittlere Harmonie) oder auch Bao He Dian (Wahrung der Harmonie) regierte.

 An einem der großen Hallen war ein Menschauflauf. Was sehen die wohl denke ich und erhasche einen Blick auf einen der vielen Throne die sich in den großen Hallen befinden. Es ist eine der Regierungshallen der Harmonie.

 An einigen Hallen gibt es auf der Seite Durchgänge wo man in andere Bereiche des Palastes kommt. Da es aber unzählige Höfe und Hallen gibt bleibe ich lieber auf der Hauptachse von Jin und Jang. Teilweise stehen vor den großen Hallen sehr große Bronzekessel. Hier wurde Löschwasser für den eventuellen Fall bereitgehalten. Heute bzw. jetzt gibt es Löschwasser von oben und sofort sind die fliegenden Händler da und verkaufen Schirme. Vorher waren sie für alle unsichtbar.

 An der nächsten großen Halle ist wieder ein Menschenauflauf die alle den nächsten Thron fotografieren wollen.

 Wir schreiten so von einem Tor der Harmonie zum nächsten Tor der Harmonie. Beim Tor der Höchsten Harmonie stehen zwei Bronzelöwen davor die auch Wächterlöwe genannt werden. Sie sollen die kaiserliche Macht versinnbildlichen. Diese 35 Meter hohe und 2.400 qm große Halle wird von 24 Säulen getragen. In der Raummitte steht der Drachenthron der zum Zeichen des Friedens von zwei Elefanten bewacht wird. In dieser Halle wurden die wichtigsten Zeremonien abgehalten, wie z. B. Thronbesteigung, Geburtstag des Herrschers, Beamtenprüfungen. Hier wurden auch die Feldherren ernannt die den nächsten Feldzug des Kaisers planten.

 Der Regen trübte das Gesamtbild der Anlage und es schlängelten sich jetzt die beschirmten Touristen weiter von Halle zu Halle. Durch den Regen waren die Marmortreppen glatt und man musste sehr vorsichtig gehen.

 Im inneren Hof gab es die drei großen Paläste Quanqinggong (Palast der Himmlischen Reinheit), Jiaotaidian (Halle der Berührung von Himmel und Erde) und dem Kunninggong (Palast der Irdischen Ruhe). Daneben viele kleine Paläste für die Palasteunuchen, Konkubinen oder auch die Halle zur Bildung der Gefühle, wenn der Kaiser allein sein wollte. Nördlich vom Palast lag früher der kaiserliche Garten.

 Im Nordosten der Anlage gab es auch die Halle des Freudvollen Alters oder der Palast des Ruhevollen Alters. Es gab auch die Halle der Berührung von Himmel und Erde, Palast der Himmlischen Reinheit, Halle der Pflege des Herzens oder auch die Halle der Literarischen Blüte.

 Wir verlassen durch das Tor der Göttlichen Begabung die Palastanlage. Von außen kann man dann auch die hohe Mauer und den umliegenden Wassergraben sehen.

 Der Bus sammelt uns alle wieder ein und es geht zu einem Restaurant wo wir köstlich chinesisch speisen. Anschließend fahren wir zum Tiantian-Park. Hier im Park steht der Himmelstempel, eines der schönsten Bauwerke der Stadt und mit einer wichtigen Symbolik für die Chinesen. Nachdem Beijing zur Hauptstadt wurde, wurde sie auch religiöses Zentrum und so entstanden in der Mitte des 13. Jh. hier viele schöne Tempel. Unter einem prächtig farbigen Laubengang kommen wir an die Halle der Ernteopfer.

 Der Tiantian-Park ist von einer kilometerlangen doppelten Mauer umgeben, die im Norden abgerundete Ecken hat und im Süden eckig ist. Von oben sieht es aus als wäre es eine langgezogene Kuppel. Sie hatten im 15. Jh. die Vorstellung der Himmel sei rund und die Erde eckig.

 Der Kaiser musste mehrmals im Jahr „Zwiesprache mit dem Himmel“ halten damit auf der Erde weiter Harmonie herrscht und die Bevölkerung von Unwetter, Überschwemmungen und Missernten verschont bleibt. Also zog der Kaiser mit großem Gefolge aus dem Palast nach Süden in den Palast der Abstinenz in den Tiantian-Park und fastete. Am nächsten Tag betrat er den erhöhten Prachtweg auf der Nord-Süd-Parkachse und kleidete sich für die Zeremonie in einem Zelt um. Dann betrat er barfuß den Tempelbezirk mit der „Halle der Ernteopfer“ oder auch „Halle des Erntegebets“ genannt.

 Der 36m breite und 38m hohe Rundbau hat ein dreistufiges Dach das mit 50.000 blauen glasierten Ziegeln gedeckt ist und von einer goldenen Perle gekrönt wird. Dieser Tempel steht auf einer 20m hohen dreistufigen Marmorterrasse. Im Inneren wird die Halle von vier Säulen getragen, die die vier Jahreszeiten darstellen sollen. Die zweite Runde wird von zwölf Säulen getragen für die zwölf Monate.

 Nach der Opferzeremonie ging der Kaiser auf dem langen Ehrenweg durch mehrere Ehrentore zum Himmelsaltar wo er Zwiesprache mit dem Himmel hielt und über sein Regierungsjahr berichtete und um den Segen für das neue Jahr bat.

 Auch ich bin diesen Ehrenweg ein Stück durch eines der Ehrentore gegangen und fand zu meiner Überraschung ein Brautpaar mit Jungfer die hier ein Photo- und Filmshooting machten. Nach Rücksprache mit unserem Guide ist es üblich in China, das die Paare noch vor der Trauung Foto- und Filmaufnahmen vom Paar und Brautjungfern in schöner Umgebung machen. Die werden dann am Hochzeitstag während der Hochzeitsfeier gezeigt.

 Zurück auf dem großen Platz sind wir dann in den ehemaligen Fasten-Palast gegangen wo sich eine Ausstellung über den Park und seine Gebäuden befindet.

 Nach dem Besuch der Tempelanlage sind wir mit unserem Bus auf die Seidenstraße gefahren. Korrekt gesagt sind wir zu einer staatlichen Seidenspinnerei gefahren.

 Der Seidenbau hat seinen Ursprung wohl in China und ist schon 2.800 v. Chr. betrieben worden. China ist noch heute der weltgrößte Produzent von Rohseide. Hier im staatlichen Betrieb wurde uns der Weg vom Kokon bis zum Fertigprodukt erklärt und gezeigt.

 Der Name Seide kommt aus dem mittelalterlichen seta und ist eine feine endlose Faser aus dem Kokon der Seidenraupe. Hier wird nur die Mittelschicht des Kokons der Larven genutzt. Der Seidenspinner des Kokons der Larven von der Bombyx mori L. ist die beste Faser. Diese einzige in der Natur vorkommende endlose textile Faser besteht hauptsächlich aus Protein. Die Chinesen essen auch diese Kokons gegrillt auf Holzstäben, dazu später noch mehr.

 Die Seide war früher eine der wichtigsten Handelswaren der Chinesen. Sie wurde über die Seidenstraßen die ein Netz von Karawanenstraßen bildet nach Europa und ans Mittelmeer gebracht. Diese Seidenstraßen wurden auch zum Austausch von Gütern zwischen Ost- und Mittelasien mit dem Mittelmeerraum genutzt. In Richtung China wurden vor allem Gold, Edelsteine und Glas befördert.

 Nun geht es in Richtung Hotel und dazu müssen wir fast komplett durch die Innenstadt von Peking. Die Architektur der Hochhäuser ist hier sehr ungewöhnlich aus der Sicht von Deutschland aber sehr interessant.

 Das zur Zeit höchste Hochhaus in Beijing liegt im östlichen Stadtteil und ist mit 330m Höhe Platz 1 in Peking. Das Büro und Hotel Gebäude heißt China World Trade Center Tower III und hat 74 Stockwerke, 41 Aufzüge und 540.000 Qm Nutzfläche. Da dies jedoch nur an 18. Stelle der Wolkenkratzer in China liegt wird der Gigantismus weiter gehen. Es wird zur Zeit ein noch viel höheres Gebäude gebaut, das Zhongguo Zun. Es wird in 2016 fertig sein und dann mit seinen 528m Höhe und 108 Stockwerken zu den höchsten Gebäuden der Welt zählen. Das höchste Gebäude in China entsteht in der Stadt Suzhou. Es wird dann mit 729m Höhe das zweithöchste Gebäude der Welt werden. Die Fertigstellung der 137 Etagen soll 2021 sein. Es wird dann nur noch überragt vom Burj Khalifa in Dubai mit 828m Höhe.

 Abends gehen wir in einer kleinen Gruppe zu den Imbissständen auf dem Supermarktparkplatz gegenüber vom Hotel. Hier suchen wir uns verschiedene Holzstäbchen mit Fleisch oder Gemüse aus die dann frisch gegrillt werden. Es ist dabei schwierig zu erkennen um was für ein Fleisch es sich handelt. Ich nehme drei verschiedene Sorten und lasse sie grillen. Es könnte Schaf und oder Hühnchen sein. Es schmeckt auf jeden Fall. Nebenan gibt es dann Bier in einer ¾ Liter Flasche. Auch das schmeckt und so gehen wir satt ins Bett, denn morgen geht die Reise durch Peking weiter.

Donnerstag, 05.09.13: Heute steht auf unserem Ausflugsplan der Jinshan-Park, Lamatempel und Rikscha-Fahrt in der Altstadt mit Besuch eines Hutong.

 Der Jinshan-Park ist in Peking bekannt weil hier die Chinesen ihren Frühsport machen. Der Park wurde auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel angelegt. Dieser Hügel liegt genau auf der Nord-Süd-Achse der Stadt und grenzt an die Verbotene Stadt an.

 Unsere Reisegruppe teilt sich auf und jeder geht dahin wo es ihm gefällt. Schon nach dem Betreten des Parks sieht man einzelne Personen wie sie ihre Tai Chi Übungen machen.

 Zwischen den Bäumen durch sieht man auch schon den Tempel auf dem höchsten Punkt des Parks. Ich gehe erst mal den Rundweg auf halber Höhe um den Tempel. Hierbei begegne ich einer großen Gruppe älterer Menschen die gemeinsam nach Anleitung Tai-Chi machen.

 Der Jingshan-Park zählt mit seiner Größe von 230.000 Qm zu den größten Parks der Stadt. Ehemals war er ausschließlich für den Kaiser zugänglich. Seit Abdankung darf nun auch das normale Volk ihn betreten und die nutzen ihn wirklich jeden Tag.

 Er ist auch für viele Beijinger zu einem besonderen Ritual geworden, denn er wird als Frühsport-Zentrum mit den vielfältigsten Möglichkeiten genutzt. Während einige sich an ein kühles Plätzchen zurückziehen um Karten oder Brettspiele zu spielen nutzen viele ihn zum Sport. Auf einem Plakat ist auch unsere Bundekanzlerin Angela Merkel abgebildet. Man ist hier sehr stolz das sie mit dem normalen Volk Sport gemacht hat. Was jedoch da so leicht aussieht ist verdammt schwer, denn einige von uns haben es probiert. Wenn wir Langnasen ihnen zuschauen so werden wir gleich zum mitmachen aufgefordert.

 Bei meinem Rundgang höre ich wunderbare Klänge. Eine sehr große Gruppe hat sich unter Bäumen eingefunden und singt aus voller Lust und Brust. Dabei gibt es auch Walzerklänge. Es ist sehr bewegend mit wie viel Enthusiasmus hier gemeinsam gesungen wird.

 Nachdem ich eine Weile den Sängern und Sängerinnen die auf einem Keyboard begleitet werden zugehört habe gehe ich zurück zur Gruppe, denn wir wollen noch hoch auf den Berg zum Tempel.

 Der Berg der auch „Kohlehügel“ genannt wird soll angeblich der Aushub vom Wassergraben rund um die Verbotene Stadt entstanden sein. Wenn man die Größe dieses Berges bedenkt und dann an die Arbeiten die damals meist noch von Hand bewerkstellig wurden ist es enorm was hier geleistet wurde.

 Ein weiterer Grund der Errichtung dieses Berges an genau dieser Stelle kommt aus der Philosophie des Feng Shui (Feng Shui ist die Lehre von der gegenseitigen Beeinflussung und Harmonisierung von Menschen und ihrer Umgebung). Um ein gutes Qui zu haben sollte der Palast eines Kaisers im Süden eines Hügels bzw. Berges errichtet werden. Da dies im flachen Land um Beijing nicht möglich war wurde der Hügel künstlich geschaffen.

 Von oben hat man einen herrlichen Fernblick über die Verbotene Stadt und erkennt erst jetzt die enormen Ausmaße. Geht man um den Tempel rum kommen noch mehr schöne Dinge zum Vorschein, wie die großen Seen oder die weiße Pagode. Bei klarer Sicht sieht man sogar die Berge in der Ferne.

 Ganz in der Nähe hier im Park gibt es auch den Guilty Scholar Tree. An dessen Ästen soll sich der letzte Kaiser der Ming-Dynastie erhängt haben. Heute steht an der Stelle eine Nachbildung, denn das Original wurde während der Kulturrevolution ausgerissen. Für viele Chinesen ein High-Light im Park.

 Hier oben im Park wächst auch Bambus. Während sich bei uns die Liebespaare in einen Baum einritzen machen es die jungen Chinesen hier in den Bambus.

 Gegen Mittag trafen wir uns wieder am Parkausgang und sind mit unserem Bus zu den Houhai Seen gefahren. Diese große Wasserfläche besteht aus den drei Seen, Qianhai (Vorderer See), Houhai (Hinterer See) und dem Xihai (Westsee) die alle miteinander verbunden sind durch Kanäle.

 Wir steigen am Rand des Qianhais aus und gehen über eine der Kanäle in eine andere Welt Beijings. Wir schreiten praktisch von der Gegenwart in die Vergangenheit. Ab hier geht es mit Fahrrad-Rikschas weiter ein Stück am See entlang.

 Hier am Rande des Sees gibt es viele Bars und Restaurants die jedoch erst am Abend die Touristen anlocken. Tagsüber findet man hier die älteren Menschen Pekings, die sich an den Sportgeräten betätigen oder auch einfach nur unter den schattigen Bäumen sitzen und ein Schwätzchen halten. Hier wimmelt es nur so von Rikschas die aus allen Gassen kommen.

 An der Yandai Xiejie verlassen wir die Rikschas, denn nun geht es zu Fuß weiter in die alte historische Straße. Sie wird auch Pfeifenstraße genannt. Den Namen erhielt sie vor einigen hundert Jahren während der Qing-Dynastie. Den Menschen hat damals der Tabak gut gefallen und so stieg die Nachfrage nach Pfeifen. In dieser Straße gab es besonders viel Takakpfeifen-Geschäfte. Die nur rund 230m lange Straße ist heute ein Touristenziel, denn hier gibt es viele fremde Sachen, wie z.B. Kunst, Mao Kitsch, traditionelle chinesische Kleidung, Schmuck, Seide Artikel, Tee und Teekannen und eine kleine Auswahl von Designerkleidung. Hier gibt es auch ein Geschäft dass nur edle chinesische Fächer verkauft, deren Preise auch locker dreistellig werden.

 Bei der Kürze der Straße konnte man wirklich in jedes Geschäft gehen und sich umsehen. Viele Teilnehmer unserer Gruppe haben hier auch Erinnerungen an unsere Chinareise gekauft.

 Es geht von hier weiter zu Fuß durch verschiedene Gassen bis wir an einem der vielen Hutongs der Stadt sind. Hierbei handelt es sich eigentlich nur um eine Anhäufung von alten engen Gassen, die es in vielen alten Städten in China gibt. Die Hutongs von Bejing sind jedoch bekannt für seine Originalität.

 Der Name Hutong kommt aus der mongolischen Sprache vor rund 700 Jahren und heißt so viel wie, die am Wasser bzw. am Brunnen leben. Die in den Hutongs gelegenen Wohnhäuser sind meist so genannte Siheyuans (komplett ummauerte Wohnhöfe). Heute leben in den alten Hutongs meist nur noch die ältere Generation. Sie vertreiben sich meist den Tag mit Kartenspielen, Mah-Jongg oder chinesischem Schach. In den frühen Morgen- und Abendstunden, sammeln sie sich auch oft zu ihren traditionellen Übungen zu Taijiquan oder sie singen und tanzen zu Volksliedern oder Peking-Oper-Arien.

 Wir machen einen Spaziergang durch eines der Hutongs, aber nicht ohne ein bestimmtes Ziel anzusteuern. Wir haben die Möglichkeit eines der Häuser zu besichtigen, denn hier gibt es viele ältere Menschen die Touristengruppen einladen um ihnen ihr Haus und Lebensweise zu zeigen. Diese Siheyuan sind eine Verbindung aus Zimmer, Innenhof und Küche.

 Die ältere nette Dame die wir besuchen bewirtet uns mit süßem Tee und unser Dolmetscher übersetzt uns wie sie aus ihrem Leben mit Mann und Kindern erzählt. Heute lebt sie hier allein und freut sich über Spenden, wenn Touristen sie besuchen. An der Wand hängt auch ein Bild von ihr mit Mann aus der Jugend. Sie ist sehr glücklich hier und zeigt uns voller Stolz ihre neue Küche die auf der anderen Seite des Hofes ist. Es ist in den Hutongs nicht üblich, dass jede Wohnung eine eigene Küche hat. Früher war alles nur in einem Raum, Essen, Schlafen, Leben.

 Nur wenige Gassen weiter kommen wir an einen alten traditionalen Markt wo die Einheimischen einkaufen. Es gibt hier so viel interessante Früchte und Gemüse, dass ich mehrfach durch die Halle laufe und sehr viel fotografiere. Ein riesiges Angebot mit für uns auch exotischen Früchten überrascht mich hier.

 Die Kundschaft wird hier ausschließlich von Frauen bedient. Die Ware wird sehr schön präsentiert. An einem Stand erschrecke ich dann aber, denn hier wird eine besondere chinesische Spezialität verkauft. Das Balut ist ein angebrütetes Hühnerei. Schon in den 50-er Jahren schrieb der Spiegel, dass man in Deutschland 9 Tage alte angebrütete Eier isst, um so Kreislaufstörungen zu beheben und sich sexuell damit verjüngen kann.

 Man glaubte auch sich zu schützen vor frühzeitigem Altern, vor Haarausfall, kalten Füßen und "nervöser Schwäche" zu retten. Dieser Boom wurde sogar so verrückt das man in Deutschland Haushaltsbrutschränke angeboten hatte. Die Wissenschaftler klärten jedoch schnell auf: Die in einem Trephon-Ei angeblich vorhandenen embryonalen Säfte haben zwar bei dem Nobel-Preisträger Carrel im Reagenzglase große Erfolge gezeitigt, aber die gleichen Säfte werden, wenn sie in den Magen kommen, von der Magensäure zerstört. In vielen asiatischen Ländern werden sie trotzdem noch heute verkauft:

 Außen an der Markthalle gibt es dann auch noch den techn. bzw. Haushaltsmarkt oder man spielt Mühle.

 Nach dem Verlassen der Gemüse- und Obsthalle komme ich an einem Fleischladen vorbei. Auch hier wie in vielen asiatischen Ländern hängt das Fleisch am Haken über der Theke im Freien. Viel interessanter finde ich jedoch die Inhaber. Er liegt auf einer Gefriertruhe und schläft, sie sitzt hinterm Tresen und lehnt schlafend an einer anderen Gefrier- oder Kühltruhe. Gleich nebenan verbreitet die Bäckerei einen angenehmen Duft nach frischem Brot.

 Dann ging es mal wieder zum Essen. In allen chinesischen Restaurants gibt es in der Mitte die große Glasplatte die man drehen kann und so ganz einfach an alle Speisen kommt. Verwunderlich für uns war nur das es den Reis immer erst zum Ende der Speisenfolge gibt. Das hängt damit zusammen, dass es in China Reis in Überfülle gibt und nur ein schlechter Gastgeber würde ihn deshalb gleich am Anfang seinen Gästen vorsetzen. Von Anfang an gab es aber immer eine Kanne Jasmintee auf den Tisch.

Ende Teil 1                                                                                                                                                                                                                                                                                                Teil 2